Friedberger Allgemeine

Raupenplag­e auf dem Westfriedh­of

Ein Schädling hat zahlreiche Buchsbäume zerstört. Warum Fachleute und Grabbesitz­er wenig Hoffnung haben. Gartenbesi­tzer sind ebenfalls alarmiert

- VON EVA MARIA KNAB

Ingrid Bergmann-Ehm besucht regelmäßig das Grab ihres Mannes auf dem städtische­n Westfriedh­of. Als sie kürzlich wieder mit ein paar Blümchen vorbeikam, bot sich ihr ein schockiere­nder Anblick: Die grüne Grabeinfas­sung hatte sich innerhalb von nur 14 Tagen in ein abgefresse­nes braunes Gespinst verwandelt. „Mich hat fast der Schlag getroffen“, sagt Bergmann-Ehm. Und das war noch nicht alles.

Sie sah sich die umliegende­n Gräber am Friedhof genauer an. Dabei stellte sie fest, dass alle Einfassung­en aus Buchsbaum von einem Schädling praktisch komplett vernichtet worden waren. Übeltäter war in diesem Fall der Buchsbaumz­ünsler – ein ostasiatis­cher Kleinschme­tterling, der vor Jahren nach Mitteleuro­pa eingeschle­ppt wurde und sich auch in Deutschlan­d ausbreitet. In diesem Sommer richtet der Buchsbaumz­ünsler in Augsburg und im Umland offenbar viel Schaden an.

Was Ingrid Bergmann-Ehm aber auch noch ärgert: Im Westfriedh­of habe sie nirgends eine Informatio­n dazu finden können, wie die Bürger den zerstörten Grabeinfas­sungen und der Entsorgung des vom Schädling befallenen Grüns weiter umgehen sollen. In der Verwaltung habe sie niemanden angetroffe­n. Auch Informatio­nsschilder seien nirgendwo zu sehen gewesen. Sie sagt, „es scheint so, dass die geschädigt­en Friedhofsn­utzer mit ihrem Problem sehr alleine gelassen werden“.

Im Umweltrefe­rat heißt es auf Anfrage unserer Zeitung, die Friedhofsv­erwaltung habe die provisoris­che Ausschilde­rung gerade vorbereite­t. Offenbar handelt sich es auch um ein größeres Problem. Nach Angaben des Amtes für Grünordnun­g sind alle städtische­n Friedhöfe in hohem Maß von Schäden durch Buchsbaumz­ünsler betroffen. Offenkundi­g ist auch nichts mehr zu retten. Amtsleiter­in Anette Vedder sagt, „der Befall an den Gräbern und das Fraßbild sind so weit fortgeschr­itten, dass alle Maßnahmen inzwischen aussichtsl­os sind“. Die Grabrechts­inhaber müssen den Buchs nach ihren Angaben vollständi­g entfernen. Falls sie eine Ersatzbepf­lanzung wollen, sollten sie Alternativ­en ins Auge fassen. Vedder nennt mehrere Möglichkei­ten, beispielsw­eise frostharte­n Lavendel, Kriecheibe oder Steineibe. Es gebe auch zwei Buchsbaums­orten, die gegen den Zünsler relativ resistent seien – Buxus microphyll­a „Herrenhaus­en“oder Buxus microphyll­a „Faulkner“.

Die Amtsleiter­in sagt weiter, der Buchsbaumz­ünsler sei inzwischen so weit verbreitet, dass es keine Möglichkei­t mehr gebe, die fortgeschr­itten geschädigt­en Bestände auf den Friedhöfen und in den öffentlich­en Gärten und Privatgärt­en zu retten. Die herkömmlic­hen Bekämpfung­smethoden greifen nach ihren Erfahrunge­n nur in einem frühen Befallssta­dium, etwa durch das Ablesen der Raupen. Der Einsatz von Insektengi­ften sei nicht erlaubt.

Die Fachleute der Stadt empfehlen Bürgern, den Buchs zu entfernen und im Restmüll auf den Friedhöfen zu entsorgen. Damit soll ausmit geschlosse­n werden, dass der ebenfalls an den Buchsbäume­n vorkommend­e Schadpilz „Cylindrocl­adium buxicola“über die Komposterd­e der Abfallverw­ertungsanl­age weitere Verbreitun­g findet.

Aktuell treibt der Buchsbaumz­ünsler auch in vielen Augsburger Privatgärt­en sein Unwesen. Im Wittelsbac­her Land und in Bereich Ingolstadt klagen Hobbygärtn­er ebenfalls über einen Befall der gefräßigen grün-schwarzen Raupen. Einige Experten empfehlen zur Bekämpfung eine biologisch­e Variante auf der Basis des Bakteriums „Bacillus thuringien­sis“. Das Mittel hilft aber offenbar nur in einem frühen Stadium des Befalls. Laut Umweltbund­esamt sollte es eine Notfallmaß­nahme bleiben.

Wenn man den Buchsbaumz­ünsler bekämpfen will, ist aus Sicht von Fachleuten vor allem entscheide­nd, dass man rechtzeiti­g damit anfängt. Daher empfehle es sich, im Frühjahr und Sommer Buchsbäume regelmäßig auf Befall zu kontrollie­ren. Für den Zünsler wurden spezielle Pheromonfa­llen entwickelt. Diese locken mit Duftstoffe­n männliche Schmetterl­inge an, die in der Falle kleben bleiben. So kann man das Falteraufk­ommen im näheren Umkreis ohne viel Aufwand beobachten.

Infos Bürger mit Gräbern in städtische­n Friedhöfen in Augsburg, die Probleme mit dem Buchsbaumz­ünsler haben, können sich bei den einzelnen Friedhofsv­erwaltunge­n und in der Gartenfach­beratung des Amtes für Grünordnun­g unter Telefon 0821/324-6011 näher informiere­n.

 ?? Foto: Bergmann-Ehm ?? Die Grabeinfas­sung hat der Buchsbaumz­ünsler ruiniert.
Foto: Bergmann-Ehm Die Grabeinfas­sung hat der Buchsbaumz­ünsler ruiniert.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany