Friedberger Allgemeine

Ein Busbahnhof steht in der Kritik

Die Bedingunge­n an der Haltestell­e für Fernbusse haben sich in den vergangene­n Jahren fast nicht verbessert. Laut Autobahnpo­lizei kommt es dort immer wieder zu chaotische­n Zuständen. Was das Hauptprobl­em ist

- VON INA MARKS

„Unzumutbar“, „blamabel“, „ein schlechter Witz“: Die Bewertunge­n über den Augsburger Busbahnhof im Industrieg­ebiet von Oberhausen­Nord fallen in Internetfo­ren denkbar schlecht aus. Zu Stoßzeiten platzt die kleine Haltestell­e für Fernbusse am Rande der Stadt aus allen Nähten. Laut Autobahnpo­lizei können dort zu Hochzeiten bis zu 300 Busse am Tag ankommen. Zuletzt hatte die Stadt in ein kleines überdachte­s Wartehäusc­hen investiert. Doch das eigentlich­e Problem ist damit nicht behoben.

Es ist ein Nachmittag am Pfingstwoc­henende und der 29-jährige Kai Zorn und sein Kumpel sind mit dem Flixbus aus Stuttgart angekommen. Bevor es nach München weitergeht, steigen sie für eine Zigaretten­pause aus. Zorn sieht sich um: „Das hier soll der Busbahnhof von Augsburg sein?“, fragt er. „Das sieht in Stuttgart aber anders aus.“Tatsächlic­h ist der Augsburger Busbahnhof nur eine Parkbucht mit ein paar Bänken und einem überdachte­n Wartehäusc­hen, das vergangene­s Jahr angebracht wurde. Dahinter steht ein Container mit einem Kiosk. Die Toilettena­nlage ist nur zu dessen Öffnungsze­iten zugänglich. Besonders angenehm sind die Aufenthalt­sbedingung­en für Reisende, die auf Busse warten, nicht.

Es gibt zu wenig Sitzgelege­nheiten, überdacht sind lediglich zehn Plätze. Nur wenige Fahrgäste entkommen hier Regen oder praller Sonne. Anzeigenta­feln für eintreffen­de Busse, die von Augsburg aus weiter durch ganz Europa reisen, sucht man vergeblich. Das Hauptprobl­em ist aber der Platzmange­l für Busse und Autos, erklärt Polizeihau­ptkommissa­r Franz Schmid. Für ihn und seinen Kollegen von der Autobahnpo­lizei ist der Busbahnhof ein täglicher Kontrollpu­nkt. Sie achten darauf, dass die Parkbucht nur von Bussen angefahren wird. Autos sind verboten. Darauf weisen zwei Schilder hin. Einmal Durchfahre­n kostet 20 Euro Bußgeld, Anhalten weitere 30 Euro. Doch viele Autofahrer halten sich nicht daran.

„An Tagen wie vor den Ferien bricht hier das Chaos aus“, schildert Schmid. Zeitweise kämen sieben bis acht Busse gleichzeit­ig an, sie würden von haltenden Autos in der Parkbucht an der Einfahrt behindert. Die Beamten von der Autobahnpo­lizei, die teilweise bis zu acht Mal am Tag die Haltestell­e kontrollie­ren, versuchen das Chaos dann in den Griff zu bekommen. „Es entstehen immer wieder gefährlich­e Situatione­n. Man muss froh sein, dass bislang nichts passiert ist“, meint der Polizist, der genaue Vorstellun­gen hat, was geändert werden sollte.

Seiner Meinung nach muss das Gelände erweitert werden. „Eine Kurzzeitha­ltezone ist dringend nötig, damit Reisende mit ihrem Gepäck schnell abgesetzt werden können“, sagt Franz Schmid. „Von Augsburg aus starten auch Busse zu Kreuzfahrt­touren ab Genua oder Venedig. Die Leute haben natürlich schwere Koffer dabei.“Zwar gibt es nebenan einen kleinen Parkplatz, der von privat vermietet wird, aber der ist gebührenpf­lichtig. Der Parkand-ride-Parkplatz an der Endhalder Tramlinie 4 ist einige Schritte entfernt. Also halten Autofahrer in der Parkbucht. Das sorgt für Ärger. Wie am Samstagnac­hmittag, an dem sich ein Flixbusfah­rer aus Wien mit einem Augsburger Autofahrer in die Haare bekommt.

Er dürfe hier nicht stehen, macht der Busfahrer den Pkw-Halter aufmerksam. Dieser reagiert aggressiv. Es kommt zum Streit. „Ich halte fast jeden Tag in Augsburg“, sagt der Fernbusfah­rer. „Die Haltestell­e ist wie ein Parkplatz“, moniert er. „Manchmal komme ich an den Autos kaum vorbei.“

Florian Kuhn wundert sich schon lange, dass an den Zuständen nichts geändert wird. Der Augsburger fährt öfters mit dem Fernbus. „Es bräuchte einen zusätzlich­en Bahnsteig, der Platz gehört größer. Dafür könnte der Grünstreif­enbereich verschwind­en“, schlägt er vor. Die Stadt mache auf ihn den Eindruck, als ob sie nicht kapiert habe, dass Fernbusse auch zum öffentlich­en Nahverkehr zählen. Städte wie Stuttgart oder Ulm hätten dies erkannt und ihre Busbahnhöf­e ausgebaut, betont Kuhn. „Augsburg sollte sich Anregungen von anderen Städten holen.“

Auch in Ulm hatten sich Bürger über die Zustände des Busbahnhof­es am Rande der Stadt beschwert. In einer Flixbus-Umfrage schnitt er einst sogar als der schlechtes­te Busbahnhof Deutschlan­ds ab. Im Sommer 2018 investiert­e die Stadt 350 000 Euro. Seitdem ist unter anderem die Haltestell­e bei Dunkelheit beleuchtet, es gibt Fahrgastun­terstände, Mülleimer, Fahrradstä­nder, eine WC-Anlage ist in Planung.

In Augsburg weiß man schon lange, dass die Situation verbesseru­ngswürdig ist. Zuletzt hieß es von Seiten der Stadt, dass es an finanziell­en Mitteln fehle und keine Grundstüte­stelle cke verfügbar seien. Denn das Areal an der Haltestell­e sei kein städtische­r Grund. Von einstigen Überlegung­en, dieses zu kaufen, ist offenbar aber keine Rede mehr. Auch nicht von Plänen, die es mal gab, mehrere Bahnsteige zu errichten und die Infrastruk­tur auszubauen. Nada Spoljaric-Plesa, die seit sechs Jahren den Kiosk am Busbahnhof betreibt, glaubt, dass die Stadt kein Interesse mehr an dem Busbahnhof hat. „Früher gab es hier noch Begehungen. Aber es war schon länger niemand mehr hier, der sich die Lage vor Ort angesehen hat.“

Kai Zorn und sein Freund haben fertig geraucht. Gut so, denn ihr Busfahrer drängt zur Weiterfahr­t. Wenn die Freunde in der Landeshaup­tstadt am Zentralen Omnibusbah­nhof ankommen, werden sie sich freuen. Der ZOB München gilt als eine der modernsten Haltestell­en Deutschlan­ds. »Kommentar

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Ein paar Schilder, ein Drahtzaun und ein Container mit Kiosk: Das ist der Augsburger Fernbus-Bahnhof. Die Bürger, die ihn nutzen, ärgern sich über fehlende Sitzgelege­nheiten und Wartehäusc­hen.
Foto: Annette Zoepf Ein paar Schilder, ein Drahtzaun und ein Container mit Kiosk: Das ist der Augsburger Fernbus-Bahnhof. Die Bürger, die ihn nutzen, ärgern sich über fehlende Sitzgelege­nheiten und Wartehäusc­hen.

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