Streit um Bushaltestelle: Firma will klagen
Im Streit um den Haltepunkt an der Kornstraße ist keine Einigung in Sicht. Das Unternehmen Beutelrock pocht auf sein Eigentumsrecht und verlangt Schadensersatz. Wie die Gemeinde darauf reagiert
Kissing Um die Bushaltestelle beim ehemaligen Sparkassenparkplatz an der Kornstraße in Kissing wird weiter gerungen. Womöglich geht der Streit bald vor Gericht.
Der Hintergrund: Das Unternehmen Leimer und Beutelrock aus Königsbrunn will auf dem ehemaligen Sparkassenparkplatz ein dreistöckiges Mehrfamilienhaus errichten. Die Bushaltestelle mit Wartehäuschen und die Bucht zum Einfahren liegen auf dem Grundstück der Firma. Das fiel erst auf, als die Sparkasse 2016 das Areal an Leimer und Beutelrock verkaufte. Nachdem das Unternehmen Baupläne eingereicht hatte, auf denen die Bushaltestelle nicht berücksichtigt wurde, verhängte die Gemeinde auf dem gesamten Areal eine Veränderungssperre und stellte einen Bebauungsplan auf. In dem wird ein fester Platz für die Bushaltestelle abgesteckt. Zudem darf das geplante Mehrfamilienhaus eine Höhe von zehn Metern nicht überschreiten und nur zwei Vollgeschosse haben. Der Gemeinderat hat inzwischen den Satzungsbeschluss verabschiedet. Die Königsbrunner Firma könnte also bauen, aber nur nach den Vorgaben des Bebauungsplanes.
Dagegen wehrt sich der Unternehmer Gerhard Beutelrock. Seine Firma teilt mit, dass im Januar mit Vertretern der Gemeinde über eine einvernehmliche Lösung beider Parteien gesprochen worden sei. „Wir vereinbarten, dass wir den entstandenen Schaden – gemäß der gesetzlichen Vorschriften – durch die Baumassenreduzierung ausarbeiten und der Gemeinde in einem neuen Termin vorlegen.“Der Anwalt der Firma habe eine Stellungnahme an die Gemeinde geschickt mit einer Schadensersatzberechnung in Höhe von rund 447000 Euro. „Im März wurden wir darauf aufmerksam, dass die Gemeinde eine Änderung des Bebauungsplans veröffentlichte. Zunächst waren wir irritiert, da das weitere Vorgehen anders abgesprochen war.“
Im veröffentlichen Bebauungsplan seien lediglich die acht Stellplätze vor dem ehemaligen Sparkassengebäude, das auch der Firma gehört, weggestrichen worden. „Weitere Belange sind unsererseits nicht aufgenommen worden.“Die Firma will nun in jedem Fall eine Feststellungsbeziehungsweise Normenkontrollklage einreichen, um ihre Schadensersatzansprüche gerichtlich einzufordern.
Kissings Bürgermeister Reinhard Gürtner sagt dazu: „Es ist richtig, dass mit Herrn Beutelrock besprochen wurde, er solle, wenn er der Meinung ist, die Gemeinde hätte ihn geschädigt, diesen Schaden beziffern und geltend machen.“Die Gemeinde sei haftpflichtversichert, die Versicherung werde die Forderung prüfen. „Allerdings sehen wir aus dem planungsrechtlichen Vorgehen der Gemeinde keinen unmittelbaren Schaden, den wir dem Bauherrn zugefügt hätten“, fügt Gürtner hinzu. Im Hinblick darauf, dass der Gemeinderat nun den Bebauungsplan als Satzung beschlossen hat, sagt der Bürgermeister: „Es ist das gute Recht des Bauherrn, eine Normenkontrolle anzustreben, wenn er meint, in seinen Rechten beeinträchtigt zu sein.“
Beutelrock erklärt, dass alle Tauschversuche im Hinblick auf das Bushaltestellengrundstück gescheitert seien. Laut ihm war die Vorstellung der Gemeinde, dass der Flächentausch wertgleich erfolge – keine der Parteien sollte eine Aufzahlung leisten.
„Wir möchten jedoch hinzufügen, dass solch ein Flächentausch zu unseren Ungunsten ausgefallen wäre, da die Fläche der Gemeinde größer ist, als die von uns benötigte. Die weiteren anfallenden Kosten für Vermessung, Notar, Grundbucheintragung und so weiter sollten von uns getragen werden.“
Gürtner ist erst seit März Bürgermeister in Kissing. „Fakt ist, dass es bereits vor meiner Amtszeit mehrfach Verhandlungen mit dem Bauherrn gegeben hat. Wir sind der Meinung, dass die Angebote der Gemeinde fair waren. Dass der Bauherr anderer Meinung ist, ist offensichtlich. Deshalb gibt es ja bislang keine Einigung.“
Das Handeln der Gemeinde sei immer davon geprägt, die öffentlichen Interessen wahrzunehmen. Dies umfasse im vorliegenden Fall die Planungshoheit und die Sicherung des öffentlichen Personennahverkehrs. „Das Handeln der Gemeinde kann sich dabei sowohl zu Gunsten oder auch zu Ungunsten Einzelner abzeichnen. Nicht immer lässt sich ein Win-Win-Ergebnis erzielen“, sagt Gürtner.
Beutelrock hält dagegen, dass in einem Rechtsstaat auch eine Gemeinde Eigentümerrechte respektieren müsse. „Sie kann nicht versuchen, über Hintertüren Druck auf Eigentümer auszuüben, da für die Errichtung einer barrierefreien Bushaltestelle hohe Zuschüsse winken.“Gürtner erklärt, dass die Errichtung einer barrierefreien Bushaltestelle im öffentlichen Interesse liege. „Dass es dafür Zuschüsse gibt, ist gut, aber für uns keinesfalls im Vordergrund.“