Klage übers aufmüpfige Evle
Die „Schöpfung“auf Schwäbisch
Es scheint kaum vorstellbar, dass eine in allen Details so gewitzte Kammeroper wie „Die Schwäbische Schöpfung“aus den Federn zweier Kleriker des 18. Jahrhunderts stammt! Der Weißenhorner Dichter Sebastian Seiler (1714–1777) war Ordensbruder und geschätzter Prediger, der Tettnanger Komponist Maingosus Gaelle trat 1752 in die Benediktinerabtei Weingarten ein und starb als Professor für Kirchengeschichte 1816 in Salzburg. Im herrlichsten schwäbischen Dialekt gereimt, in vorklassisch-beschwingter Manier und im Wechselspiel von Rezitativ und lautmalerisch akzentuierter Arie vertont, transponierten Sailer und Gaelle die biblische Schöpfungsgeschichte in die Welt schwäbischer Bauern. Zu erleben war dies, aufgeführt von der Alten Musik am Bodensee e.V., auf der Brechtbühne im Gaswerk.
Schnell wird deutlich, dass Adam und Eva in dieser Version eher zwangsverheiratet wurden und nicht wirklich glücklich mit- und übereinander sind: „O wär i no ledig und hätt no koi’ Weib, so brucht i koi’ Predigt, i bey ar it bleib!“Adams bedrohlich klingende Beschwerde übers aufmüpfige Evle stößt beim Verursacher auf taube Ohren. „Auhne Menscha, auhne Goischter, bin i seall dar Zimmermoischter“, so der gänzlich erschöpfte Gottvater.
Der „Augschburger“Schwabe hatte Gottvater sei Dank nur wenig Müh’ und Not, die gesprochenen/ gesungenen Texte mit all den verblüffend geistreichen Details des Dialekts zu verstehen und konnte den sehr professionell auf die Bühne gestellten Abend genießen. Großen Anteil daran hatte das klare und szenisch bewusst reduzierte Konzept (Regie: Martin Butler), das die Aufmerksamkeit auf die Wort- und Tongefechte lenkte sowie die intensive darstellerische Präsenz, mit der Arndt Krüger seinen feinsinnig gestalteten jungen Tenorpart bereicherte. Souveräne Ruhe und göttliche Tiefe strahlte Bass Ulrich Maier aus, dessen väterliche Autorität von Verena Gropper als mimisch und vokal ausdrucksstarke Eva virtuos untergraben wurde.
Optimal aufeinander abgestimmt bettete das am Bodensee beheimate Originalklang-Ensemble „Société Lunaire“(Maximilian Ehrhardt – Harfe, Regina Gleim – Flöte, Anna Zimre – Cello und Nadine Henrichs – Viola) das Solistentrio klanglich ein, sodass dieser Abend durchaus in Erinnerung bleibt.