Friedberger Allgemeine

So praktisch sind E-Scooter wirklich

Mobilität In Augsburg stehen rund 50 elektrisch­e Roller zum Ausleihen am Straßenran­d. Doch wie funktionie­rt das und wie fühlt sich das an? Wir haben eine Testrunde gedreht

- VON CHRISTINA GRIFF » Bei uns im Internet Ein Video zur Testfahrt finden Sie unter augsburger-allgemeine.de

Seit einem Monat sind E-Scooter auf deutschen Straßen zugelassen – und die elektrisch­en Tretroller werden heiß diskutiert. Die einen sprechen vom klimaschon­enden Verkehrsmi­ttel der Zukunft. Andere warnen vor Unfällen und Ärger. Aber wie sicher fährt es sich denn tatsächlic­h mit so einem E-Scooter? Wie praktisch sind die Roller in der Innenstadt? Und wie teuer ist der Spaß?

Um diese Fragen zu klären, starten wir den Selbstvers­uch. In Augsburg gibt es rund 50 E-Scooter des schwedisch­en Anbieters Voi zum Ausleihen. Aktuell konzentrie­rt sich das Unternehme­n auf die Innenstadt. Einen wollen wir testen.

Entsperren

Es ist Mittag, kurz nach 12. Alle E-Scooter sind mit GPS ausgestatt­et und können geortet werden. Im Programm (App) von Voi werden auf dem Mobiltelef­on alle verfügbare­n Roller angezeigt. Anfangs war das manchmal ernüchtern­d, weil kaum Roller zu finden waren. Warum? Die Nachfrage war größer als erwartet, sagt ein Sprecher von Voi. Leer gefahrene Scooter werden nach Angaben von Voi üblicherwe­ise über Nacht eingesamme­lt, zu einer Ladestatio­n gebracht und dort geladen. Am nächsten Morgen sollen die Scooter wieder vollgelade­n sein – das klappte nicht immer. Um Engpässe zu vermeiden, will Voi die Flotte in Augsburg aufstocken.

Dieses Mal klappt alles. In unmittelba­rer Nähe, am Rathauspla­tz, stehen vier E-Scooter. Das Ausleihen funktionie­rt über die App von Voi am Mobiltelef­on und wird Schritt für Schritt erklärt. Für die Nutzung reicht ein Klick, mit dem man bestätigt, über 18 und nicht betrunken zu sein, den Scooter nur alleine zu nutzen und nicht auf dem Gehweg zu fahren. Außerdem empfiehlt die App, einen Helm zu tragen. Pflicht ist das aber nicht. Jeder E-Scooter hat einen QR-Code, der mit dem Handy eingescann­t werden muss – und dann geht’s los.

Fahren

Das Fahren auf dem E-Scooter klappt denkbar einfach. Der Roller hat, ähnlich wie beim Fahrrad, eine Handbremse am Lenker, außerdem eine Fußbremse über dem Hinterrad. Am Lenker befindet sich ein kleiner Gashebel. Schon nach kurzer Zeit hat man den Dreh raus und kann sogar Handzeiche­n geben – das ist auch nötig, denn einen Blinker oder Ähnliches gibt es nicht.

Wir fahren vom Rathauspla­tz stadtauswä­rts Richtung Jakobertor. Bereits nach hundert Metern kommt die erste kritische Stelle: die Baustelle am Leonhardsb­erg. Einen Radweg gibt es zurzeit nicht. Der E-Scooter muss deshalb auf der Straße fahren, zusammen mit Autos und Lastwagen. Auch wenn die im Praxistest mit ausreichen­d Sicherheit­sabstand überholen, bleibt das ungute Gefühl, dass der E-Scooter als Verkehrsmi­ttel doch recht unbekannt und womöglich für Autofahrer unberechen­bar ist.

Stadtauswä­rts gibt es nach der Engstelle durchgehen­d einen Fahrradweg. Die gemeinsame Nutzung des Fahrradweg­s mit Radlern funktionie­rt problemlos – vielleicht auch, weil der E-Scooter mit einer Höchstgesc­hwindigkei­t von 20 km/h laut Hersteller mit den meisten Fahrradfah­rern mithalten kann. Auch Steigungen, wie den Leonhardsb­erg, schafft er mühelos – bei annähernd gleichem Tempo wie auf ebener Strecke. Abgeflacht­e Randsteine sind ebenfalls kein Problem. Bei schlechter­en Straßenver­hältnissen und Schlaglöch­ern wird das Fahren allerdings unangenehm. Spätestens beim Kopfsteinp­flaster in der Altstadt kommt der Roller an seine Grenzen. Die Pflasterst­eine schütteln den Fahrer richtig durch.

Eine vollständi­ge Ladung reicht laut Voi für etwa 30 Kilometer. Im Selbstvers­uch fahren wir etwa 600 Meter aus der vom Anbieter vorgegeben­en Zone heraus. Konsequenz­en gibt es nicht – weder in der App noch am Roller selbst. Nur Abstellen wäre dort nicht möglich. Um die Fahrt zu beenden, kann man den E-Scooter einfach an einer beliebigen Stelle in der Innenstadt abstellen und die Fahrt in der App stoppen.

Kosten

Anschließe­nd wird bezahlt. Das Freischalt­en des E-Scooters kostet pro Fahrt einen Euro. Pro Minute kommen dann 15 Cent dazu. Für eine Stunde werden zehn Euro fällig. Bezahlt wird ausschließ­lich per Kreditkart­e. Andere Möglichkei­ten gibt es nicht.

Polizei

In Sachen Verkehrssi­cherheit gibt es im Vergleich zu anderen Städten in Augsburg bislang keine Probleme. Wie die Polizei auf Anfrage erklärt, wurde bislang lediglich ein Mann gestoppt, der mit 1,2 Promille Alkohol auf einem E-Scooter unterwegs war. Für E-Scooter-Fahrer gelten dieselben Promillegr­enzen wie für Autofahrer. Unfälle hat es bisher nicht gegeben.

Fazit

Der Spaßfaktor ist hoch. Die Bedienung funktionie­rt intuitiv, nach nur wenigen Minuten sind auch eventuelle anfänglich­e Unsicherhe­iten ausgeräumt. Auch die App ist sehr nutzerfreu­ndlich. Für Fahrradweg­e ist der E-Scooter bestens geeignet. Bei schlechten Straßenver­hältnissen, insbesonde­re Kopfsteinp­flaster, hört der Fahrkomfor­t auf. Größtes Problem war anfangs die mangelnde Verfügbark­eit.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Auch in Augsburg sind die ersten E-Scooter am Straßenran­d zu finden. Unsere Kollegin Christina Griff hat eine Testfahrt unternomme­n.
Foto: Silvio Wyszengrad Auch in Augsburg sind die ersten E-Scooter am Straßenran­d zu finden. Unsere Kollegin Christina Griff hat eine Testfahrt unternomme­n.

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