Friedberger Allgemeine

Ferien auf dem Campus. Oder?

Sommer Nicht jeder Student kann behaupten, dass die vorlesungs­freie Zeit für ihn entspannt wird. Statt Pause zu machen, haben viele Studierend­e vor allem Eines zu tun

- VON LISA GILZ

Die Eisautomat­en vor der alten Cafete der Universitä­t Augsburg sind leer gekauft. Die Semesterfe­rien haben offiziell angefangen, aber das heißt für die meisten Studenten nicht Sommer, Sonne, Freizeit. Für viele hält der Uni-Stress noch bis mindestens Mitte August an, weil die Prüfungsph­ase bis in die Ferien reicht. Studien zeigen, das Studierend­e besonders zu dieser Zeit gestresste­r sind denn je.

Die vorlesungs­freie Zeit an der Uni bedeutet nicht, dass Studenten nicht mehr auf den Campus müssen. Für viele beginnt der Stress erst jetzt richtig. Stephan Grohnert studiert im achten Semester GymnasialL­ehramt und hat seine Pläne für die Ferien schon gemacht: „Ich schreibe meine Zulassungs­arbeit, das ist vergleichb­ar mit einer Bachelorar­beit, nur für Lehramtsst­udenten.“

Der 23-Jährige hat außerdem noch einige Arzttermin­e in den Sommermona­ten vor sich, weil er Anfang dieses Jahres Stammzelle­n für einen Krebskrank­en gespendet hat. Jetzt muss er regelmäßig zur Nachunters­uchung. Aber er hat sich trotzdem vorgenomme­n, den Sommer zu genießen, viel mit Freunden zu unternehme­n und vielleicht sogar den Jakobsweg an der Küste Portugals zu gehen.

Auch wenn sich Urlaub am Strand verlockend anhört, noch schöner ist es für manche Studenten, wenn sie endlich wieder nach Hause fahren können. Für Anne Wilk ist es noch nicht so weit. Sie studiert in Augsburg, kommt aber aus der Nähe von Stuttgart. Die Jura-Studentin muss noch Prüfungen schreiben und ihre Hausarbeit abgeben. Alle zwei Wochen mal heimfahren, „das ist mein Urlaub“, sagt sie. In ihrem Fach sei nach einer Prüfung auch immer vor der nächsten Prüfung. Eine Pause gönnt sie sich vom Lernen nur selten. Ferien hin oder her.

Neben Kurzurlaub­en, einem Trip nach Hause, entspannen am See oder in der Stadt, sind auch Festivals bei Studenten beliebt. Moritz Erdt studiert in Augsburg Wirtschaft­sinformati­k und hat Pläne in diese Richtung. Aber auch er hat noch bis Mitte August drei Prüfungen abzulegen. Wenn alles klappt und es sich zeitlich vereinbare­n lässt, möchte er dann noch auf ein Festival. Auf welches, weiß er noch nicht genau. Diese kurze Auszeit wird aber für seinen Sommerurla­ub reichen müssen: „Weil ich nach meinem Bachelor ins Ausland möchte, gehe ich den Rest der Ferien in Vollzeit arbeiten, um auf diese Zeit zu sparen.“

Andere Studenten haben dieses Jahr schon einen größeren Urlaub gemacht. Michel Wilk war in Kolumbien. Dass er nicht noch einmal so weit fliegt, hat aber nicht nur mit dem Geld zu tun, es gibt noch einen anderen Grund: „Mein ökologisch­er Fußabdruck ist nach dem Langstreck­enflug schon groß genug.“Michael Wilk arbeitet in den Ferien, um seine Kasse aufzustock­en. Wenn er noch wegfährt, dann nicht allzu weit und nicht zu lange: „Vielleicht fahre ich an den Chiemsee oder nach Norditalie­n. Und natürlich will ich meine Eltern in Nürnberg besuchen.“

Elena Ehrenfried hat die Prüfungen schon überstande­n. Aber arbeiten geht die 21-Jährige im Sommer auch. „So aufregende Pläne hab ich nicht. Ich nutze die Zeit, um Geld zu verdienen. Wenn ich mich mit Freunden treffen und etwas unternehme­n will, muss ich das ja auch irgendwie finanziere­n.“

Eine Studie der AOK zeigt, dass inzwischen mehr als 50 Prozent der Studierend­en einer bezahlten Nebenbesch­äftigung nachgehen. Nicht nur, um ihre Freizeit zu finanziere­n, sondern um ihren Unterhalt zu sichern. Die Balance zwischen Freizeit, Universitä­t und Arbeit zu finden sei schwierig, sagen auch Studenten in Augsburg. Viele gehen deshalb verstärkt in den Semesterfe­rien zum Jobben.

In der Studie gaben über 90 Prozent der Befragten an, besonders in Prüfungssi­tuationen am Ende des Semesters, im Rahmen von Abschlussa­rbeiten und bei Bewerbunge­n in den Semesterfe­rien gestresste­r zu sein, als während des Alltags im laufenden Semester.

 ?? Foto: Bernd Hohlen ?? Moritz Erdt, 23, ist Student der Wirtschaft­sinformati­k an der Universitä­t Augsburg. Er hat auch in der vorlesungs­freien Zeit noch Stress im Studium. Danach muss er Geld verdienen, um seine weiteren Pläne zu finanziere­n.
Foto: Bernd Hohlen Moritz Erdt, 23, ist Student der Wirtschaft­sinformati­k an der Universitä­t Augsburg. Er hat auch in der vorlesungs­freien Zeit noch Stress im Studium. Danach muss er Geld verdienen, um seine weiteren Pläne zu finanziere­n.
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