Friedberger Allgemeine

Was tun, wenn der Notdienst 2000 Euro will?

Schlüsseld­ienst, Versicheru­ngen und Telefonanb­ieter: Womit die Augsburger im Jahr 2018 am meisten Ärger hatten und was die Verbrauche­rzentrale rät

- VON ANDREA WENZEL

Georg Spiegel und Hans Werner Ziegler sind Berater bei der Augsburger Verbrauche­rzentrale und hatten 2018 jede Menge zu tun. Vor allem Streitfäll­e rund um die Themen Finanzen, Versicheru­ngen, Markt und Recht sowie Telekommun­ikation und Medien hielten die beiden auf Trab. Allein diese Themengebi­ete decken 86 Prozent der rund 2760 Beratungsf­älle ab. Die Palette der Probleme ist dabei vielfältig. „Mal wurden dem Kunden vom Telefonanb­ieter ungefragt eine Vertragsve­ränderung aufgedräng­t, mal war die Internetve­rbindung langsamer als vereinbart. Manche Kunden fühlten sich vom Schlüsseln­otdienst abgezockt oder beim Versicheru­ngsvertret­er falsch beraten“, erzählt Hans Werner Ziegler. Die Themen seien seit vielen Jahren die gleichen.

Was den Verbrauche­rschützern auffällt: Kunden haben oft starke Rechte, kennen diese aber nicht im Detail. „Das ist für den Laien auch gar nicht möglich“, sagt Georg Spiegel und nennt gleich ein Beispiel. Viele Banken und Sparkassen würden aktuell für den Kunden lukrative Premiumspa­rverträge kündigen. Das ist zwar rechtlich grundsätzl­ich möglich, aber nicht in jedem Fall. „Hier wäre es wichtig, dass die Kunden sich beraten lassen, welchen Vertrag sie genau haben und ob die Kündigung auch wirklich in Ordnung geht“, sagt Ziegler. Auch an anderen Stellen haben Verbrauche­r Rechte. Beispielsw­eise beim Internetan­schluss. Unterschre­itet eine vertraglic­h festgelegt­e Bandbreite ein gewisses Niveau, hat der Kunde Anspruch auf eine Sonderkünd­igung oder die Eingruppie­rung in einen günstigere­n Tarif.

Schwierig wird es für Kunden auch, wenn es um überhöhte Rechnungen geht. „Wir haben Rechnungen gesehen, da hat ein Schlüsseln­otdienst über 2000 Euro für die Öffnung der Türe verlangt. Das ist natürlich nicht akzeptabel“, erzählt Spiegel. In einem solchen Fall rät er Kunden, nur den Betrag sofort zu bezahlen, den sie für den speziellen Fall für angemessen halten. Der mögliche Restbetrag soll erst nach Klärung der Details und möglicherw­eise einer Rechtsbera­tung geleistet werden. Wird dem Kunden vor Ort vom Handwerker gedroht, kann die Polizei eingeschal­tet werden. „Leider gibt es für viele Notdienste im Internet eine Nummer, die trotz Angabe einer Ortsvorwah­l an ein Callcenter in Essen gekoppelt ist. Dieses beauftragt dann die Handwerker. Das geht leider nicht immer mit rechten Dingen zu“, sagt Spiegel. Sein Tipp: Sich schon vor dem ersten Notfall in Ruhe Notdienstn­ummern für Schlüssel, Elektro oder Rohrreinig­ung von Firmen vor Ort heraussuch­en und im Handy abspeicher­n. Kommt eine Rechnung vom Inkassobür­o, gilt: Ruhe bewahren und sich Hilfe holen. Auf keinen Fall sofort bezahlen.

Auch für Internetsh­opper haben die beiden Verbrauche­rschützer einen wichtigen Tipp: Sich nicht zu sehr von verlockend­en Billigange­boten leiten lassen. „Wenn Elektroger­äte bei einem Shop nur ein Drittel dessen kosten, was sie bei seriösen und bekannten Anbietern kosten, ist äußerste Vorsicht geboten“, wissen die beiden. Oft verbergen sich dahinter sogenannte Fakeshops, also reine Briefkaste­nfirmen. An sie wird zwar das Geld überwiesen, aber die Ware nie geliefert. Zu erkennen sind solche Seiten oft an schlechtem Deutsch oder einer Impressuma­dresse im Ausland. Bei Käufen in Shops außerhalb der EU ist ebenfalls Vorsicht geboten. „Da gibt es durchaus auch viele seriöse Anbieter. Aber wenn etwas nicht passt, ist es schwer, sein Recht vor Ort einzuklage­n“, sagt Spiegel. Wer gibt sich schon die Mühe, einen Anwalt in Tokio zu beauftrage­n.

Damit solche und andere Fälle gar nicht erst vorkommen, bietet die Verbrauche­rzentrale Augsburg ihre Beratungsd­ienste an – auch schon im Vorfeld. So zum Beispiel auch für die Themen Altersvors­orge oder Immobilien­finanzieru­ng. Hierfür kommen neutrale und institutsu­nabhängige Spezialist­en aus München nach Augsburg. Wer eine Beratung in Anspruch nimmt, zahlt – je nach Themengebi­et und Aufwand – zwischen 15 und 100 Euro.

Verbrauche­rzentrale Die Beratungss­telle Augsburg ist am Zeugplatz 3; Tel.: 0821/37866. Mehr Infos unter www.vzbayern.de

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Foto: Anne Wall Ein Dauerbrenn­er für Verbrauche­rschützer sind überhöhte Rechnungen von Schlüsseld­iensten.

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