Der lange Weg zur radlfreundlichen Stadt
Damit Friedberg das Zertifikat erhält, müssen noch viele Hausaufgaben erledigt werden. Frühestens in vier Jahren könnte es so weit sein
Friedberg Noch ein langer Weg ist es für die Stadt Friedberg bis zum Zertifikat als fahrradfreundliche Kommune. Dieser Titel wird vom Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr verliehen, und zwar auf Vorschlag der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen in Bayern (AGFK). Diese wird vom Freistaat Bayern jährlich mit einer Viertelmillion Euro unterstützt. Im Februar 2012 hatten sich 38 Kommunen in der AGFK zusammengeschlossen, um gemeinsam den Radverkehr in Bayern voranzubringen; bis 2018 ist die Zahl der Mitgliedskommunen auf 61 angewachsen.
Die Friedberger Räte hatten im November 2018 eine Mitgliedschaft beantragt; seit 1. Juni dieses Jahres ist die Stadt jetzt vorläufiges Mitglied in der AGFK. „Um ein Zertifikat zu bekommen und dauerhaftes Mitglied zu werden, müssen wir in den nächsten Jahren verschiedene Auflagen erfüllen“, so Bürgermeister Roland Eichmann. Ziel sei es, dem Radverkehr in Friedberg mehr Gewicht zu geben sowie das Netzwerk und die Erfahrungen anderer Kommunen zu nutzen.
Eine Bewertungskommission hatte vor wenigen Wochen eine elf Kilometer lange Radtour durch Friedberg unternommen und sich ausführlich über die aktuelle Situation und geplante Maßnahmen informiert. „Dabei wurden etliche Verbesserungen vorgeschlagen“, so der Bürgermeister. Dazu gehören unter anderem eine Fahrrad-Abstellsatzung für Neubauten, die systematische Überprüfung der Beschilderung sowie eine bessere Information und Kommunikation. In vier Jahren soll es dann eine sogenannte „Hauptbereisung“geben, von deren Ergebnis die Verleihung des Zertifikats abhängt.
Um radeln sicherer zu machen, führt die AGFK Bayern derzeit zusammen mit der Technischen Hochschule Nürnberg ein Forschungsprojekt durch. Auf verschiedenen Straßenabschnitten in bayerischen Kommunen werden unterschiedliche Maßnahmen und deren Wirkung auf die Sicherheit des Radverkehrs untersucht. Elf bayerische Kommunen beteiligen sich an diesem Modellversuch; Ergebnisse werden im Frühjahr 2020 erwartet. Das Verkehrsministerium unterstützt das Vorhaben finanziell und beratend.
Bereits im Oktober 2014 hatte der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) zusammen mit der Friedberger SPD eine Umfrage zur Radlfreundlichkeit Friedbergs vorgenommen. Das Ergebnis: Freizeitradler finden rund um Friedberg ein gutes Angebot vor. Doch wer für seine täglichen Erledigungen mit dem Fahrrad in die Innenstadt will, hat weniger Freude. Viele Befragte beurteilten das Verkehrsverhalten als wenig partnerschaftlich und hätten aus Sicherheitsgründen gerne einen abgegrenzten Fahrradweg. Mehr als zwei Drittel bekannten, sich als Radler in Friedberg nicht sicher zu fühlen. Für SPD und ADFC stand damals als Fazit der Aktion fest: „Die Stadt Friedberg muss noch viel mehr tun, wenn sie als fahrradfreundlich gewürdigt werden will.“ Für alle Radfahrer arbeitet derzeit auch der Landkreis AichachFriedberg an einem Verkehrskonzept, das der Kreisentwicklungsausschuss im Juli 2017 beschlossen hat. „Ziel ist eine systematische und strategische Förderung des Radverkehrs“, sagt Ulrike Schmid, die im Aichacher Landratsamt für das Thema zuständig ist. In Zusammenarbeit mit den Kommunen, dem Staatlichen Bauamt, den Fachstellen des Landratsamtes und der Polizei soll ein zusammenhängendes Radverkehrsnetz für den Alltagsverkehr unter Berücksichtigung des Freizeitverkehrs erstellt werden.
In mehreren Arbeitskreisen konnten Bürger mittlerweile ihre Erfahrungen, Anregungen und Ideen in den Planungsprozess einbringen (wir berichteten). Voraussichtlich kommenden Herbst wird der Kreistag Aichach-Friedberg dann das umfangreiche Maßnahmenund Handlungskonzept beschließen.