Der Lech wird renaturiert
Das Projekt Licca Liber sieht die Renaturierung des Flusses vor. Im Kissinger Gemeinderat präsentieren Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes die aktuelle Planung. Wie es mit den Badeseen weitergehen soll
Projekt Licca Liber: Im Kissinger Gemeinderat präsentieren Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes die aktuelle Planung.
Kissing Der Lech wird in der Gemeinde Kissing in ein paar Jahren ein völlig neues Bild mit offenen Kiesbänken und verzweigten Flussrinnen abgeben. Das sieht das Großprojekt Licca Liber vor. Es zielt darauf ab, den Fluss zwischen der Staustufe 23 bei Merching und der Mündung in die Donau zu renaturieren.
Im Gemeinderat haben nun Simone Winter und Tobias Kaiser vom Wasserwirtschaftsamt Donauwörth den aktuellen Stand der Planung vorgestellt. Dabei bezogen sie sich auf den für die Gemeinde relevanten Bereich von der Staustufe 23 bis zum Hochablass. Wie Winter erklärte, ist der Lech in der Vergangenheit begradigt worden, was dazu führt, dass sich die Flusssohle immer tiefer eingräbt. Das habe weitreichende Probleme für Mensch und Natur zur Folge. Wie Winter ausführte, wird mit Licca Liber das Ziel verfolgt, die Flusssohle zu stabilisieren. Des Weiteren soll zusätzlicher natürlicher Hochwasserrückhalt entstehen und der Fluss in ein attraktives Naherholungsgebiet verwandelt werden. „Es ist sehr kompliziert, das alles umzusetzen“, sagte Winter in der Sitzung.
Die Planung läuft bereits seit vielen Jahren. 2014 startete der sogenannte Flussdialog. Auch die Gemeinde Kissing war, vertreten durch den ehemaligen Bürgermeister Manfred Wolf und Bauamtsleiter Alfred Schatz, in den Arbeitskreis eingebunden. Der neue Bürgermeister Reinhard Gürtner lobte in der Sitzung das „transparente Verfahren“.
In Kissing sei das Thema Trinkwasserversorgung sehr wichtig, sagte Winter. Der Lech grenzt an das Schutzgebiet. Hier dürfe es keine Verschlechterung geben. Der Flussdialog habe zudem gezeigt, dass die Kissinger einer Verlegung der Brunnen ablehnend gegenüberstehen. Auch wollen sie nicht, dass der Weitmannund Auensee in den Lech integriert werden. Die Gewässer werden durch Grundwasser gespeist. Eine Besonderheit in Kissing ist auch der geschützte Auenwald rund um den Lech. Wenn das Flussufer verbreitert wird, muss an anderer Stelle neu aufgeforstet werden. Ein Ingenieurbüro hat inzwischen mehrere Modelle zur Renaturierung miteinander verglichen. Winter sagte: „Der Lech hat das Potenzial, sich selbst eigendynamisch aufzuweiten.“Unter Berücksichtigung aller Interessenvertreter, also der Anliegergemeinden, der Stadt Augsburg und zahlreicher Behörden und Vereine, sei letztlich eine Vorzugsvariante ausgewählt worden. Die setzt auf die Eigendynamik des Lechs. Der Fluss wird also aus seinem Korsett befreit und bekommt den Raum, sich über einen längeren Zeitraum auszuweiten. Dazu sollen auch Deiche verlegt werden. Zurzeit hat er eine Breite von 70 Metern. Ab 130 Metern wird der Fluss durch versteckte Sicherungen eingebremst, um nachteilige Auswirkungen – unter anderem auf die Trinkwasserbrunnen – zu vermeiden.
Nach einer Überprüfung durch die Universität Innsbruck können zudem insgesamt vier Absturzbauwerke entfernt werden. Die verbleibendenden Schwellen bei den Flusskilometern 53,4 und 50,4 sollen in für Fische durchwanderbare Rampen umgebaut werden. Eine zusätzliche Maßnahme ist das Anlegen von Nebenarmen. Die sind laut der vorläufigen Planung westlich der Staustufe vorgesehen. Kaiser erklärte, dass die ausgesuchte Variante auch im Hinblick auf die Grundwasserstände und den Trinkwasserschutz am geeignetesten sei.
Bis die ersten Maßnahmen vor Ort umgesetzt werden, dauert es aber noch. In einem europaweiten Vergabeverfahren werden die nächsten Planungsphasen im Herbst 2019 ausgeschrieben. Die Auftragsvergabe erfolgt im Frühjahr 2020. Diese mündet anschließend in einem Planfeststellungsverfahren. Allerdings hat das Wasserwirtschaftsamt für die Untersuchungen davor bereits einen Zeitraum bis 2022 angesetzt.
Katrin Müllegger-Steiger von den Grünen und Franz-Xaver Sedlmeyr von der CSU fragten, inwieweit sich die Vorzugsvariante auf die Kissinger Seen auswirkt. Winter und Kaiser betonten, dass beide Gewässer nicht in den Lech eingebunden werden. Der Weitmannsee soll aber drei Ableitungen bekommen und der Auensee eine. Diese dienen dazu, den Grundwasserstand zu regeln. Peter Wirtz von den Freien Wählern fragte nach Probebohrungen. Kaiser versicherte, dass in der Gemeinde Kissing ausreichend gemacht worden seien. Ludwig Asam von den Grünen wollte wissen, ob Licca Liber mit einem möglichen Lechsteg vereinbar sei. Winter sagte: „Wir vom Wasserwirtschaftsamt werden keine Brücke bauen, das ist nicht unsere Zuständigkeit.“Das Amt könne aber Daten für die Umsetzung liefern, beispielsweise welche Breite der Lech in Zukunft haben wird.
Am Ende bekamen noch Zuhörer die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Der ehemalige Bürgermeister Wolf äußerte Bedenken im Hinblick auf das Trinkwasserschutzgebiet. Die Planung sehe vor, dass der Bereich durch einen zurückgesetzen Damm verkleinert werde. Er wollte wissen, ob mögliche, zukünftige Änderungen der Trinkwasserrichtlinien beachtet wurden. Winter bekräftigte, dass alles mit den aktuellen Bestimmungen vereinbar sei. „Wir haben die Aufgabe, die Trinkwasserschutzgebiete zu schützen“, betonte sie.