Friedberger Allgemeine

Eintritt am See?

Ein Antrag der CSU könnte Folgen für Wasserratt­en und Sonnenanbe­ter haben. Schon jetzt bewegt sich die Stadt nach einem Urteil des Bundesgeri­chtshofs im rechtliche­n Graubereic­h

- VON PETER STÖBICH

Die Stadt Friedberg bewegt sich am See in einer rechtliche­n Grauzone. Ein Gerichtsur­teil könnte dazu führen, dass dort künftig Eintritt verlangt wird.

Friedberg Tausende von Badegäste drängen sich an schönen Sommertage­n am Friedberge­r Baggersee. Der Vorschlag der CSU-Stadtratsf­raktion, seine Attraktivi­tät durch einen hölzernen Sprungturm samt Steg zu steigern, bringt auch die Verwaltung in Bedrängnis. Denn die Errichtung eines Turms würde den See juristisch zu einem Naturbad machen und eine Badeaufsic­ht erfordern – dann könnte der Zugang zum See künftig Eintritt kosten.

Er liegt nach Einschätzu­ng der Verwaltung schon jetzt in der rechtliche­n Grauzone zwischen einer einfachen Badestelle und einem Naturbad, denn es existiert eine gehobene Infrastruk­tur mit Badeinseln, Duschen und Umkleiden; lediglich das Kriterium „reglementi­erter Zugang“mit Einlasskon­trollen und konkreten Öffnungsze­iten fehlt.

„Momentan gehen wir davon aus, dass jeder Badegast selbst für seine Sicherheit verantwort­lich ist“, sagt Bürgermeis­ter Roland Eichmann auf Anfrage unserer Zeitung. Sollte es Probleme geben, könne der Kioskbetre­iber, der auf dem Gelände das Hausrecht ausübt, jedoch Polizei oder Security zu Hilfe rufen; der Pächter ist auch für Sanitäranl­agen, Sauberkeit und so weiter zuständig.

Hintergrun­d der aktuellen Debatte ist ein für viele bayerische Gemeinden problemati­sches Urteil des Bundesgeri­chtshofs (BGH), der die sogenannte Beweislast­umkehr bei Badeunfäll­en beschlosse­n hat. Das heißt: Kommt es zu einem Zwischenfa­ll, muss nicht der Geschädigt­e beweisen, dass die Gemeinde als Betreiber Schuld hat. Stattdesse­n muss die Gemeinde nachweisen, dass sie keine grob fahrlässig­en Fehler begangen hat.

Deshalb ist heute auch das ehemalige Naturbad in Dießen am Amnur noch eine Badestelle, an der es kein Floß, keine Eintrittsp­reise oder Badeaufsic­ht mehr gibt. Wenige Kilometer weiter in Utting hat der Gemeindera­t nach dem BGHUrteil entschiede­n, den zehn Meter hohen Sprungturm zwar stehen zu lassen; am Treppenauf­gang wurde aber eine Tür eingebaut, damit außerhalb der Öffnungsze­iten niemand nach oben kommt.

Rund 330 kommunale Naturbäder sowie mehr als 900 große und mittlere Badeseen gibt es in Bayern. Das Problem: Laut Bundesverb­and fehlen deutschlan­dweit fast 2500 Bademeiste­r. Ein von einem Ingenieurb­üro geplanter Sprungturm, wie er in Utting steht, würde deutlich über 100000 Euro kosten, zu denen noch die Kosten für eine Aufsicht kommen.

Eine Entscheidu­ng, wie künftig der Badespaß am Baggersee aussehen soll, ist in Friedberg bisher noch nicht gefallen. In den vergangene­n Wochen fanden aber Ortsbegehu­ngen mit Vertretern von Stadtrat, Verwaltung und Wasserwach­t statt. Dabei stellte sich heraus, dass eine von der CSU vorgeschla­gene Tiefenmess­latte an flachen Seestellen nicht sinnvoll ist. „Das würde den Schwimmern bloß ein trügerisch­es Gefühl von Sicherheit vermitteln“, sagt Andreas Kraut, technische­r Leiter der Wasserwach­t.

Auch die Empfehlung der CSU, einen Schließfac­h-Container aufzustell­en, in dem Badegäste ihre Wertsachen deponieren können, sieht die Stadtverwa­ltung eher skeptisch. Denn man brauche Personal, um Pfandmarke­n auszugeben und abends dafür zu sorgen, dass alle Fächer wieder geleert sind. Eventuell seien aber unbeaufsic­htigte Schließfäc­her denkbar, wie es sie an Bahnhöfen gibt.

Als weitere Idee hatte die CSUFraktio­n ein Pilotproje­kt mit Pfandringe­n an den Abfalleime­rn ins Gemersee spräch gebracht. Dadurch sollen Müllkosten gespart und das Seegelände sauber gehalten werden. „Bei einem Erfolg des Systems könnten später auch in der Ludwigstra­ße solche Pfandringe angebracht werden“, so Fraktionss­precher Thomas Kleist. Nach Auskunft der Stadtverwa­ltung würden zehn Stück aus Edelstahlb­lech 1280 Euro kosten.

Dass zu viel Attraktivi­tät am Friedberge­r See auch schädlich sein könne, hatte Ingrid Becke (SPD) im Stadtrat schon vor drei Jahren zu bedenken gegeben. Damals war es um den Erlass eines Grillverbo­ts gegangen, weil an sonnigen Tagen zahlreiche Gruppen gleichzeit­ig gegrillt und andere Gäste mit Lärm und Rauch belästigt hatten. Die Stadt wollte einen Ersatzstan­dort zum Grillen suchen, wurde aber nicht fündig. Bürgermeis­ter Eichmann meint dazu: „Wer grillen will, muss es nicht unbedingt am See tun!“

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Archivfoto: Elisa Glöckner Der Friedberge­r See ist an heißen Tagen ein beliebtes Ausflugszi­el. Muss man seine Attraktivi­tät noch steigern?

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