Eintritt am See?
Ein Antrag der CSU könnte Folgen für Wasserratten und Sonnenanbeter haben. Schon jetzt bewegt sich die Stadt nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs im rechtlichen Graubereich
Die Stadt Friedberg bewegt sich am See in einer rechtlichen Grauzone. Ein Gerichtsurteil könnte dazu führen, dass dort künftig Eintritt verlangt wird.
Friedberg Tausende von Badegäste drängen sich an schönen Sommertagen am Friedberger Baggersee. Der Vorschlag der CSU-Stadtratsfraktion, seine Attraktivität durch einen hölzernen Sprungturm samt Steg zu steigern, bringt auch die Verwaltung in Bedrängnis. Denn die Errichtung eines Turms würde den See juristisch zu einem Naturbad machen und eine Badeaufsicht erfordern – dann könnte der Zugang zum See künftig Eintritt kosten.
Er liegt nach Einschätzung der Verwaltung schon jetzt in der rechtlichen Grauzone zwischen einer einfachen Badestelle und einem Naturbad, denn es existiert eine gehobene Infrastruktur mit Badeinseln, Duschen und Umkleiden; lediglich das Kriterium „reglementierter Zugang“mit Einlasskontrollen und konkreten Öffnungszeiten fehlt.
„Momentan gehen wir davon aus, dass jeder Badegast selbst für seine Sicherheit verantwortlich ist“, sagt Bürgermeister Roland Eichmann auf Anfrage unserer Zeitung. Sollte es Probleme geben, könne der Kioskbetreiber, der auf dem Gelände das Hausrecht ausübt, jedoch Polizei oder Security zu Hilfe rufen; der Pächter ist auch für Sanitäranlagen, Sauberkeit und so weiter zuständig.
Hintergrund der aktuellen Debatte ist ein für viele bayerische Gemeinden problematisches Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), der die sogenannte Beweislastumkehr bei Badeunfällen beschlossen hat. Das heißt: Kommt es zu einem Zwischenfall, muss nicht der Geschädigte beweisen, dass die Gemeinde als Betreiber Schuld hat. Stattdessen muss die Gemeinde nachweisen, dass sie keine grob fahrlässigen Fehler begangen hat.
Deshalb ist heute auch das ehemalige Naturbad in Dießen am Amnur noch eine Badestelle, an der es kein Floß, keine Eintrittspreise oder Badeaufsicht mehr gibt. Wenige Kilometer weiter in Utting hat der Gemeinderat nach dem BGHUrteil entschieden, den zehn Meter hohen Sprungturm zwar stehen zu lassen; am Treppenaufgang wurde aber eine Tür eingebaut, damit außerhalb der Öffnungszeiten niemand nach oben kommt.
Rund 330 kommunale Naturbäder sowie mehr als 900 große und mittlere Badeseen gibt es in Bayern. Das Problem: Laut Bundesverband fehlen deutschlandweit fast 2500 Bademeister. Ein von einem Ingenieurbüro geplanter Sprungturm, wie er in Utting steht, würde deutlich über 100000 Euro kosten, zu denen noch die Kosten für eine Aufsicht kommen.
Eine Entscheidung, wie künftig der Badespaß am Baggersee aussehen soll, ist in Friedberg bisher noch nicht gefallen. In den vergangenen Wochen fanden aber Ortsbegehungen mit Vertretern von Stadtrat, Verwaltung und Wasserwacht statt. Dabei stellte sich heraus, dass eine von der CSU vorgeschlagene Tiefenmesslatte an flachen Seestellen nicht sinnvoll ist. „Das würde den Schwimmern bloß ein trügerisches Gefühl von Sicherheit vermitteln“, sagt Andreas Kraut, technischer Leiter der Wasserwacht.
Auch die Empfehlung der CSU, einen Schließfach-Container aufzustellen, in dem Badegäste ihre Wertsachen deponieren können, sieht die Stadtverwaltung eher skeptisch. Denn man brauche Personal, um Pfandmarken auszugeben und abends dafür zu sorgen, dass alle Fächer wieder geleert sind. Eventuell seien aber unbeaufsichtigte Schließfächer denkbar, wie es sie an Bahnhöfen gibt.
Als weitere Idee hatte die CSUFraktion ein Pilotprojekt mit Pfandringen an den Abfalleimern ins Gemersee spräch gebracht. Dadurch sollen Müllkosten gespart und das Seegelände sauber gehalten werden. „Bei einem Erfolg des Systems könnten später auch in der Ludwigstraße solche Pfandringe angebracht werden“, so Fraktionssprecher Thomas Kleist. Nach Auskunft der Stadtverwaltung würden zehn Stück aus Edelstahlblech 1280 Euro kosten.
Dass zu viel Attraktivität am Friedberger See auch schädlich sein könne, hatte Ingrid Becke (SPD) im Stadtrat schon vor drei Jahren zu bedenken gegeben. Damals war es um den Erlass eines Grillverbots gegangen, weil an sonnigen Tagen zahlreiche Gruppen gleichzeitig gegrillt und andere Gäste mit Lärm und Rauch belästigt hatten. Die Stadt wollte einen Ersatzstandort zum Grillen suchen, wurde aber nicht fündig. Bürgermeister Eichmann meint dazu: „Wer grillen will, muss es nicht unbedingt am See tun!“