Zieht die Stadt Grundstücksbesitzer über den Tisch?
Immobilien In Friedberg-Ost soll ein kleines Neubaugebiet entstehen. Die Eigentümer fürchten unkalkulierbare finanzielle Risiken, wenn sie den vorgelegten Vertrag unterzeichnen. Was Bürgermeister Eichmann dazu sagt
Friedberg Endlich schienen sich die Dinge für Georg und Markus Freudling zum Guten zu wenden: Seit 40 Jahren stand das Thema immer wieder auf der Tagesordnung, im Mai stimmte der Planungs- und Umweltausschuss des Stadtrats der Ausweisung eines Neubaugebiets nördlich der Anton-Heinle-Straße grundsätzlich zu. Doch Mitte August flatterte den Männern, die zusammen mit anderen Verwandten Eigentümer der 10000 Quadratmeter großen Fläche an der Lechrainhöhe sind, ein Brief der Stadt auf den Tisch. Und nun steht die Planung wieder auf der Kippe. „Wir reden von Wohnungsnot. Und dann so was“, ärgern sich die Brüder.
Bereits seit den 1970er Jahren läuft das Bebauungsplanverfahren für das kleine Gebiet am Ortsrand in Friedberg-Ost. Ein Teil davon wurde zwar bereits verwirklicht, doch die Fortführung scheiterte – zum einen wegen eines Formfehlers im Planungsverfahren, den seinerzeit die Stadtverwaltung zu verantworten hatte. Und zum anderen, weil sich die Eigentümer der drei Teilflächen nicht immer einig waren.
Das änderte sich im Laufe des Frühjahrs. „Wir hatten gute Gespräche mit dem Bürgermeister“, berichtet Georg Freudling. Und so befürwortete der Planungsausschuss gegen eine Stimme von den Grünen nicht nur die Wiederaufnahme des Verfahrens, sondern verzichtete auch auf die Drittellösung, bei der die Stadt einen Teil der Fläche zu günstigen Preisen übernimmt und auf eigene Rechnung vermarktet. Allerdings müssen die Eigentümer die Kosten der Planung übernehmen, was durch einen städtebaulichen Vertrag geregelt wird. Den erhielten die Brüder Freudling ebenso wie ihre Verwandten vor Kurzem per Post zugeschickt. Und für beide steht fest: „Die Stadt versucht, aus ihren Fehlern noch Profit zu ziehen. Das kann man nicht unterschreiben.“
Denn nach Paragraf zwei des Vertrags entscheidet allein die Stadt, welche Unterlagen notwendig sind – vom Bebauungsplan samt Grünordnungsplan und Umweltbericht bis zu Gutachten über Bodenbeschaffenheit, Schallschutz, Altlasten, Verkehr, Hydrogeologie und naturschutzfachliche Belange. Einen Anspruch darauf, dass tatsächlich Baurecht entsteht, haben die Eigentümer hingegen nicht, und die Stadt haftet auch nicht für die Aufwendungen der Grundstücksbesitzer. Markus und Georg Freudling fürchten, am Ende trotz hoher Kosten mit leeren Händen da zu stehen. Unter diesen Umständen verzichten sie lieber, erklärten sie unserer Zeitung.
Verwundert darüber zeigt sich Bürgermeister Roland Eichmann. „Das Gebiet wäre überhaupt nicht mehr in der Diskussion, wenn ich nicht persönlich über einen langen Zeitraum in intensiven Einzelgesprächen den Weg frei gemacht hätte“, teilte er auf Anfrage mit. Zudem handle es sich bei dem städtebaulichen Vertrag im Wesentlichen um eine Vereinbarung, wie ihn alle Eigentümer in einem mit Bebauungsplan aufzuplanenden Baugebiet erhalten und wie er im Baugesetzbuch vorgesehen sei.
Eichmann verweist darauf, dass ein Bebauungsplanverfahren ergebnisoffen sein müsse. „Nach der eindeutigen Rechtslage darf die Stadt Friedberg sich nicht zu der Aufstellung verpflichten, da sonst ein ordnungsgemäßes Verfahren nicht mehr gewährleistet wäre“, erklärt er: „Der Planungsgewinn ’Baurecht‘ ist nun mal nicht risikolos zu bekommen.“
Der Bürgermeister versucht, auch die Sorgen der Brüder Freudling hinsichtlich der finanziellen Belastung zu dämpfen. Eine konkrete Abschätzung sei zwar nicht möglich, die Kosten dürften aber nicht über eine obere vierstellige Summe je Eigentümer hinausgehen, sofern nicht im Verfahren Situationen auftreten, die einen höheren Planungsaufwand erfordern. Denkbar wäre laut Eichmann auch eine Vereinbarung, dass die Beauftragung von Gutachten nur nach Abstimmung mit dem Eigentümer erfolgen könne. „Aber dazu müsste der potenzielle Vertragspartner mit uns reden“, fügte er hinzu. Die bisher einzige Kontaktaufnahme der Brüder Freudling mit Kommunalreferent Wolfgang Basch verlief wohl aus Sicht beider Seiten unbefriedigend.
Eichmann jedenfalls sieht jetzt die Eigentümer am Zug. Erst wenn alle Verträge unterzeichnet seien, steige die Stadt in die Bauleitplanung ein. Und wenn – wie beabsichtigt – das vereinfachte Verfahren nach Paragraf 13b des Baugesetzbuches genutzt werden soll, drängt die Zeit: Diese Möglichkeit läuft nämlich Ende des Jahres aus. „Die Grundstückseigentümer wie Herr Freudling haben es selber in der Hand, wann frühestens der Aufstellungsbeschluss gefasst wird“, betont der Bürgermeister.