Der Start in die Ausbildung
Heute starten die neuen Lehrlinge. Doch nicht jedes Unternehmen im Landkreis findet einen passenden Bewerber. Warum Firmen mehr für sich selbst die Werbetrommel rühren sollten
Heute beginnt das neue Ausbildungsjahr. Dabei bleiben einige Stellen unbesetzt. Die Firmen müssen mittlerweile um den Nachwuchs werben.
Aichach-Friedberg Vom Ausbildungsklassiker der Kauffrau für Büromanagement bis hin zum Uhrmacher: Mit einer Anzahl von 327 anerkannten Ausbildungsberufen haben deutsche Schulabgänger die Qual der Wahl. Für Schüler mit Fachhochschulreife oder Abitur kommt die Möglichkeit eines (dualen) Studiums hinzu. Wenn heute das neue Lehrjahr beginnt, werden wieder einige Stellen unbesetzt bleiben.
So auch im Betrieb „Inspiration Garten“von Matthias Wick-Hartmann. Die Derchinger Firma für Garten- und Landschaftsbau konnte für dieses Ausbildungsjahr keinen passenden Azubi finden. An der Qualität der Ausbildung kann es nicht liegen. Erst im Mai dieses Jahres wurde der Betrieb für seine vorbildliche Ausbildung unter 30 Betrieben der Branche mit einem bayerischen Staatsehrenpreis ausgezeichnet. Es habe zwar einige Bewerber gegeben, doch konnte man sich für keinen der Interessenten entscheiden. „Wir sind ein recht kleiner Betrieb. Ein Azubi muss daher perfekt zu uns passen“, erklärt Inhaber Wick-Hartmann seine Entscheidung.
Viele Bewerber seien außerdem nicht gut informiert. Die Lage des Betriebs und die körperliche Arbeit schrecke den einen oder anderen ab. Auch ohne einen Azubi ist bei „Inspiration Garten“ein reibungsloser Betriebsablauf möglich. Aber die Ausbildungsqualität sei bei mehreren Jahrgängen höher. Der Betrieb habe aber bereits Interessenten für das kommende Ausbildungsjahr. „Man muss am Ball bleiben“, zeigt sich Wick-Hartmann zuversichtlich. Schließlich sei die Ausbildung zum Garten- und Landschaftsgärtner attraktiv.
Zu den zehn beliebtesten Lehrberufen von 2018 gehört die Ausbildung jedoch nicht. Insgesamt 55 Prozent der neuen Ausbildungsverträge entfielen im vorherigen Jahr auf die Top-10-Berufe – davon waren neun Berufe kaufmännischer Art. In diesem Jahr sei die Situation ähnlich, sagt Wolfgang Haschner, Leiter des Fachbereichs Ausbildung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben. So nehmen die Berufe der Büro- und Industriekauffrau Platz eins und zwei unter den Frauen mit Mittlerer Reife ein.
Laut der IHK Schwaben entspricht die Situation im Regierungsbezirk Schwaben dem gesamtdeutschen Durchschnitt. So findet bundesweit jeder dritte Betrieb keine geeigneten Kandidaten. Besonders betroffen sind die Bereiche Handel und Logistik sowie Hotellerie und Gastronomie. „Dabei ist der Logistikbereich besonders zukunftsfähig!“, weiß Wolfgang Haschner. Oftmals liege es am eher schlechten Image der Branchen und an den – vermeintlich – unattraktiven Arbeitsbedingungen.
Und auch vor Ort seien der demografische Wandel und der Trend zu höheren Schulabschlüssen sichtbar. Wollen alle Abiturienten heutzutage studieren? „Dem ist nicht unbedingt so“, erklärt Wolfgang Haschner. Es gebe einen wachsenden Anteil an Abiturienten an der dualen Berufsausbildung. Firmen, die Bewerbern Fortbildungen und Aufstiegschancen anböten, könnten diese Zielgruppe oftmals begeistern.
Ähnlich sieht es Susanne Sylvester, stellvertretende Leiterin der Unternehmensentwicklung und Kommunikation der Handwerks(HWK) Schwaben. In der Lehrstellenbörse der HWK für die Region Aichach-Friedberg waren Mitte August noch 72 freie Ausbildungsplätze zu vergeben. Darunter fallen auch beliebte Berufe wie Maler und Lackierer oder Augenoptiker. Insgesamt seien – genau wie im Vorjahr – 242 Lehrverträge eingegangen.
Die Situation bleibt also stabil. Doch Sylvester rät: „Es heißt nicht umsonst ‚Klappern gehört zum Handwerk‘“. Werbemaßnahmen an Schulen, Berufsinformationsmessen und durch Social Media würden auf das Handwerk aufmerksam machen. „Ob offline oder online“– die Betriebe müssen Präsenz zeigen und Jugendliche auf sich aufmerksam machen. Beim „Entdeckerwandertag“der HWK Schwaben, einer Berufsinformation-Exkursion, nahm im Juni unter anderem die Firma Lemmer und Lemmer teil.
Das Fachgeschäft für Brillen, Kontaktlinsen und Hörgeräte hat auch eine Filiale in der Aichacher Innenstadt. Hier hat man jedoch auf konventionelle Art, durch ein Praktikum, die neue Auszubildende für Hörakustik gefunden. Das einwöchige Praktikum hatte Fabiola Fritzke aus Pöttmes in der neunten Klasse absolviert. Seit dem 1. August 2019 ist sie Auszubildende bei Lemmer und Lemmer. Kevin Kursawe ist seit 2012 bei Lemmer und Lemmer Ausbilder für Hörakustik. Im Laufe der letzten Jahre sei es seikammer ner Einschätzung nach schwieriger geworden, motivierte Bewerber für die Ausbildung zum Hörakustiker und Optiker zu finden. Die Firma setze deswegen vermehrt auf Werbung, wie Plakate oder einen ansprechenden Internetauftritt. Azubi Fabiola Fritzke bereut ihre Entscheidung keinesfalls. Die Mischung aus Kundenkontakt und Technik sei für sie „die perfekte Kombination“.
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