Nach der Schule richtig versichert
Wenn junge Menschen in die Ausbildung starten oder mit der Uni beginnen, stellt sich die Frage: Welche Versicherung brauchen sie eigentlich? Experten geben Auskunft
Diesen Montag geht für viele Jugendliche die Ausbildung los, viele andere warten auf den Beginn der Uni im Oktober. Versicherungsvermittler geben schon ihr Bestes, den jungen Leuten so viele Policen, Starterpakete und Rentenverträge wie möglich ans Herz zu legen. Tatsächlich brauchen Auszubildende wie auch Studenten erstmals eigenen Versicherungsschutz. Nur – wie viel Absicherung ist in diesem Lebensabschnitt eigentlich notwendig? „Der jungen, unerfahrenen Kundschaft werden oft falsche, teure und unnütze Verträge aufgeschwatzt“, mahnt Sascha Straub, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Bayern. Dabei brauche es am Anfang weniger als eine Handvoll Policen. Sein Rat: Niemals unter Druck abschließen, immer erst schlaumachen und Versicherungslösungen zur Altersvorsorge meiden. Ein Überblick, was nötig und was verzichtbar ist:
● Unverzichtbar: Die Krankenversicherung Auszubildende brauchen eine eigene Absicherung. Sie sollten sich möglichst noch vor Arbeitsbeginn selbst eine gesetzliche Krankenkasse aussuchen, sonst legt der Arbeitgeber sie fest. Die Leistungen der über 100 Krankenkassen sind zwar zu 95 Prozent gleich, unterscheiden sich aber in Extras wie Geld für Zähne, Brille oder Osteopathie. Eine Zusatzversicherung, die hochwertigen Zahnersatz wie Inlays oder Implantate oder eine Chefarztbehandlung im Krankenhaus zahlt, ist kein Muss – auch wenn die Werbung das suggeriert. Für Studenten gilt: Wer als Schüler über die Eltern gesetzlich familienversichert war, kann es während der Uni-Zeit bis zum 25. Lebensjahr bleiben. Ist ein Student älter oder verdient er beim Jobben mehr als 450 Euro im Monat, muss er sich selbst versichern. Wer die private Krankenversicherung (PKV) der gesetzlichen vorzieht, muss das gesamte Studium lang privat versichert bleiben. Der Einstieg sollte gut überlegt sein, sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten (BdV). Ist ein Elternteil Beamter, müssen Studenten in der PKV meist weniger zahlen. Absolventen dualer Studiengänge müssen immer gesetzlich krankenversichert sein.
● Ein Muss: Die Privathaftpflicht Auch sie ist nach Ansicht von Versicherungsexperten in jungen Jahren schon unverzichtbar. Die Privathaftpflicht schützt vor finanziellem Fiasko, wenn man Schäden bei anderen verursacht. Haben die Eltern Haftpflicht, brauchen Azubis in der ersten Berufsausbildung keine eigene abschließen. Sie sind in ihrer Lehrzeit auch als Volljährige mitversichert. Das gilt auch für die Zeit des Bundesfreiwilligendienstes. Studenten sind bis zum 25. Lebensjahr ebenfalls bei den Eltern mitversichert. Haben Mutter und Vater keine Privathaftpflicht, wird ein eigener Vertrag zum Muss, empfiehlt Straub.
● Ratsam: Die Berufsunfähigkeitsversicherung Verbraucherschützer halten diese Absicherung für Azubis und Studenten wichtig. Auch wenn der Schutz nicht gerade günstig ist, wie BdV-Sprecherin Boss erklärt. Die Versicherung springt ein, wenn der Versicherte nach einem Unfall oder wegen Krankheit nicht mehr arbeiten kann. Die gesetzliche Rentenversicherung überweist erst nach fünf Jahren Beitragszahlung eine minimale Rente. Die BU sollte deshalb schon mit Beginn der Lehre oder Hochschulzeit abgeschlossen werden. Je früher, desto günstiger sind die Prämien. Diese richten sich auch nach dem Beruf. Wichtig ist die „Nachversicherungsgarantie“. Damit lässt sich nach der Ausbileine dung – wenn das Einkommen steigt – die Rente ohne Gesundheitsprüfung erhöhen. Die Police an eine Kapitallebensversicherung zu koppeln, was jungen Leuten gern angeboten wird, sei kostspielig und unnötig, winkt Straub ab.
● Kein Muss: Die Unfallversicherung Wer noch finanziellen Spielraum hat und viel Sport treibt, kann sich mit einer privaten Unfallversicherung absichern. Sie zahlt ab einem Prozent Invalidität infolge eines Unfalls. Die BU springt erst ab 50 Prozent ein. „Die Unfallpolice als Alternative zur BU nehmen, ist aber nicht ratsam“, betont Straub. Sie sei wenig geeignet zur Absicherung des Lebensunterhalts.
● Überflüssig: Hausrat, Gepäck und Rechtsschutz Solange Azubis und Studenten noch zu Hause wohnen, ist eine eigene Hausratversicherung überflüssig. In der ersten, sparsam möblierten Wohnung wird sie auch nicht gebraucht. Denn: Häufig gilt die Hausratpolice der Eltern selbst fürs Wohnheim am Ausbildungsort. Nur wer schon in jungen Jahren kostspielige Möbel und HightechGeräte anschafft, teure Computer oder eine Profi-Fotoausrüstung, sollte über eine Absicherung nachdenken. Die Police deckt üblicherweise Einbruchdiebstahl, Brand, Blitzschlag, Explosion oder Schäden durch Rohrbrüche und Sturm ab. Viele Lehrlinge und Studenten hätten bereits kostenträchtige eigene Versicherungsverträge am Hals, so die Erfahrungen Straubs. Die vielen Handy-, Reiserücktritts- oder Gepäckversicherungen seien aber teuer und überflüssig. Auch eine eigene Rechtsschutzversicherung ist in der Regel unnötig. Haben die Eltern einen Vertrag, sind jungen Leute mitversichert.
● Meiden: Versicherungen fürs Alter Von privaten Lebens- oder Rentenversicherungen sollten Berufseinsteiger und Studenten nach Ansicht von Verbraucherschützern besser die Finger lassen. Die Unterschrift verpflichtet bis ins Alter zu regelmäßigen Zahlungen. Wer das nicht durchhält, muss teuer für den Ausstieg bezahlen. „Die Planung der Altersvorsorge ist wichtig, aber Sparen sollte nicht mit einer Versicherungslösung verknüpft werden“, betont Straub. Azubis, die noch Gehalt übrig haben, können ein ExtraPolster fürs Alter ansparen. Viele Chefs zahlen ihren Auszubildenden vermögenswirksame Leistungen (VL). Nachfragen lohnt. Wer das Extra bekommt und in einen eigenen Vertrag steckt, kriegt vom Staat oft noch eine Arbeitnehmersparzulage obendrauf.