Friedberger Allgemeine

Liebst du mich auch?

Wer einen Hund oder eine Katze hat, empfindet meist große Zuneigung zu ihnen. Doch während Hunde offensicht­lich zeigen, dass sie an ihren Besitzern hängen, ist das bei Katzen schwerer zu erkennen

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Hundebesit­zer schauen meist ziemlich irritiert drein, wenn sie gefragt werden, ob ihr Vierbeiner sie mag: „Natürlich! Was für eine Frage!“Kein Wunder, Hunde geben viele Hinweise darauf, dass sie nichts und niemanden auf der Welt großartige­r finden als Frauchen oder Herrchen. Hunde wedeln hektisch mit dem Schwanz, wenn

der Besitzer sich nähert, sie schlecken ihm das Gesicht ab, machen einen Freudentan­z. Da bleibt kein Zweifel offen. „Selbstvers­tändlich liebt er mich auch.“

Bei Katzen ist die Sache schwierige­r. Fragt man Katzenhalt­er danach, ob ihre Samtpfote sie mag, reagieren sie meist zögerlich. „Ich hoffe schon.“Oder: „Ich gebe mir zumindest Mühe.“Das sind in diesem Fall die typischen Antworten.

Kaum ein Fach ist derzeit so populär wie Bindungsfo­rschung. Oft geht es um die Frage, wie sehr frühkindli­che Bindungen unser Schicksal im Erwachsene­nalter beeinfluss­en. Um herauszufi­nden, wie eng beispielsw­eise die Bindung eines Kindes an seine Mutter ist, erfand die kanadische Psychologi­n Mary Ainsworth in den 70er Jahren einen Test: Ein Kleinkind wurde mit seiner Mutter und einer fremden Person in einen Raum gebracht. Dann verließ die Mutter den Raum. Weinten die Kinder deswegen, liefen sie zur Tür und freuten sich später über die Rückkehr, war für Ainsworth klar: Das ist eine stabile Bindung.

Genau diesen Test haben verschiede­ne Forschergr­uppen in den vergangene­n Jahren mit Katzen statt Kindern gemacht. Beim ersten Mal waren 28 Samtpfoten beteiligt. Während der vertraute Mensch in der Nähe war, hielten sie sich in seiner Umgebung auf, folgten ihm und waren entspannt. Verließ der Mensch den Raum, verhielten sie sich wachsamer und blieben in der Nähe der Tür sitzen. Für die Wissenscha­ftlerin Claudia Edwards ein eindeutige­s Ergebnis: Auch Katzen haben enge Bindungen zu ihren Besitzern.

Letztere waren begeistert. Nun gilt in der Wissenscha­ft ein Prinzip: Bewiesen ist nur das, was wiederholt werden kann. Also machte auch ein britisches Team den Ainsworth-Test mit Katzen. Dieses Mal schauten die Ergebnisse anders aus. Weder suchten die Tiere im Raum die Nähe zum Besitzer, noch zeigten sie erfreutes Verhalten, wenn er nach einer Auszeit wieder zurückkehr­te. Fazit dieser Versuchsre­ihe von Alice Potter und Daniel Mills: Den Katzen sind ihre Menschen herzlich wurscht.

Letztere waren frustriert. Inzwischen weiß man, dass Katzen nur ganz selten jemanden benötigen, der ihnen das Gefühl von Schutz vermittelt. Sie kommen meist wunderbar allein zurecht. Und trotzdem: Sie suchen oft die Nähe ihrer Bezugspers­on, schmiegen sich an, legen sich auf den Schoß, die Zeitung oder die Tastatur. Offenbar ist da doch etwas wie Bindung.

Wahrschein­lich ist der Ainsworth-Test für Mieze einfach ungeeignet. Wir wissen es doch alle: Katzen sind eben anders.

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Foto: 5second, stock.adobe.com Süß die kleine Katze, oder? Aber mag sie ihre Besitzer wirklich gerne oder käme sie auch alleine ganz gut klar? Schwer zu sagen.
 ??  ?? Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren verknüpft sie die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.
Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren verknüpft sie die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.

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