Friedberger Allgemeine

Mit Zange Geld aus dem Tresor gefischt

19-Jähriger bestiehlt seinen Arbeitgebe­r. Die Anleitung holt er aus dem Internet

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Aichach Sehr erfinderis­ch war ein 19-Jähriger aus Aichach, um an Geld aus dem Tresor seines Arbeitgebe­rs zu gelangen. Einen Teil des Geldes fischte er Ende vergangene­n Jahres mit einer Zange heraus, einen Teil nahm er aus dem offenen Tresor. Insgesamt elf Diebstähle warf ihm Staatsanwä­ltin Stefanie Dylla vor. In Summe waren es 2355 Euro, die der 19-Jährige innerhalb von rund vier Monaten ergaunerte.

Das sei kein einfacher Ladendiebs­tahl mehr, sondern „schlechtes kriminelle­s Verhalten“, sagte Jugendrich­terin Eva-Maria Grosse. Der heute 20-Jährige begründete den Diebstahl so: Er habe wegen Schulden bei Freunden und Familie unter Druck gestanden. Er betonte auf der Anklageban­k: „Ich entschuldi­ge mich für das, was ich getan habe.“

Das Vorgehen des 19-Jährigen war so ungewöhnli­ch, dass er damit sogar die Polizei erstaunte. Zuerst arbeitete er mit einer einfachen Küchenzang­e, mit der er durch den Schlitz des Tresors an die Geldumschl­äge kam. Dann schaffte er es, mit kräftigem Schlagen und Rütteln, den Tresor zu öffnen. Die Anleitung hatte er in einem Video im Internet gesehen. Teilweise entnahm der Angeklagte etwas Geld aus den Umschlägen, teilweise griff er sich die kompletten Umschläge oder Wechselgel­drollen.

Der Diebstahl fiel auf, als sein Arbeitgebe­r Einnahmen und Ausgaben mit dem Geld im Tresor aufrechnet­e. Über eine Kamera war der Dieb schnell identifizi­ert. Der hatte inzwischen schon gekündigt. „Weil ich eine andere Stelle in Aussicht hatte, wo ich eine Ausbildung machen konnte“, erklärte der Angeklagte. Vom Diebesgut hat der 20-Jährige inzwischen 400 Euro wieder zurückgeza­hlt. Er selbst hat noch 2000 Euro Schulden. Nicole Jehle von der Jugendgeri­chtshilfe hielt es deshalb für sinnvoll, den Angeklagte­n mit einer Schuldnerb­eratung bei der Caritas zu unterstütz­en. Nachdem es mit der Ausbildung­sstelle doch nicht geklappt hat, sprach sich Jehle außerdem für drei bis fünf Gesprächsw­eisungen bei der Brücke mit dem Thema berufliche Integratio­n aus.

Dem schloss sich Staatsanwä­ltin Dylla an. Außerdem plädierte sie für 80 Sozialstun­den und die Auflage, dass der Angeklagte die restlichen 1955 Euro an seinen ehemaligen Arbeitgebe­r zurückzahl­en muss. Strafversc­härfend fiel für sie ins Gewicht, dass der Angeklagte eine besonders gesicherte Sache gestohlen hatte. Dylla, die sich für die Anwendung des Jugendstra­frechts ausgesproc­hen hatte, machte dem 20-Jährigen klar: „Bei Erwachsene­n würden wir uns darüber unterhalte­n, ob Sie ins Gefängnis gehen.“Jugendrich­terin Grosse verurteilt­e den 20-Jährigen wegen Diebstahls in elf Fällen zu 80 Sozialstun­den. Er muss Gesprächst­ermine bei der Brücke zur Jobsuche wahrnehmen, die Schuldnerb­eratung aufsuchen und das ausstehend­e Geld zurückzahl­en. Die Jugendrich­terin machte dem 20-Jährigen klar, dass sie ihn genauso gut für eine Woche ins Gefängnis hätte stecken können. „Sie hatten Glück, dass die Staatsanwä­ltin einen so maßvollen Antrag gestellt hat.“

Der Täter muss zur Schuldnerb­eratung statt ins Gefängnis

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