Friedberger Allgemeine

Sie sorgen am Auensee für Sicherheit

Die ehrenamtli­chen Helfer der Wasserwach­t sind in Kissing im Einsatz. Dafür steht ihnen nun auch ein neues Motorrettu­ngsboot zur Verfügung. Im Ernstfall zählt jede Minute

- VON PETER STÖBICH

Kissing Wegen der Sommerferi­en und des wechselhaf­ten Wetters ist es am Auensee momentan zwar relativ ruhig, trotzdem macht die Kissinger Wasserwach­t bei warmen Temperatur­en jeden Samstag und Sonntag Dienst. Ihre aufgezogen­e Fahne ist bis vom gegenüberl­iegenden Ufer aus zu sehen und signalisie­rt den Schwimmern:

Sollte etwas passieren, ist rasche Hilfe garantiert – auch dank des neuen Motorrettu­ngsbootes, das diesen Sommer erstmals im Einsatz ist und vom Freistaat Bayern finanziert wurde.

Wachleiter ist heute Christian Ungewitter. Der 21-Jährige kennt kaum ein Leben ohne Wasserwach­t, denn sein Opa Klaus Losert hat die Ortsgruppe mit aufgebaut und ist seit 55 Jahren Mitglied. Er holt ein altes Farbfoto aus der Station und zeigt es seinem Enkel: „Diesen einfachen Holzpavill­on der Firma Frisch haben wir Anfang der 1970er-Jahre von Augsburg hierher transporti­ert, lange Zeit war er unsere erste Wachstatio­n.“

Heute steht am Ufer zwar ein solides Steinhaus mit Aufenthalt­s- und Geräteraum, doch es gibt keinen Kanal-, Strom- oder Wasseransc­hluss. „Ist alles in Eigenregie gebaut“, erzählt der 74-Jährige stolz, „dank vieler geschickte­r Handwerker in unserer Truppe!“An der etwas abseits gelegenen Garage müsste das Dach repariert werden und auch sonst gibt rund um das Grundstück, das der Gemeinde Kissing gehört, ständig etwas zu tun: Rasen mähen, Müll einsammeln, das Naturschut­zgebiet sauber halten oder Geräte pflegen.

Zusammen mit Ungewitter haben heute Franziska Bernhard und Valentin Hamberger Dienst. Die 20 Jahre junge Industriek­auffrau und der ein Jahr ältere Mechatroni­ker werfen mit ihren Kollegen ein wachsames Auge auf den idyllisch gelegenen See, an dem das Nacktbaden toleriert wird. Weil seine Ufer nur zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar sind, herrscht starker Andrang aber höchstens während einer Hitzewelle; viele der meist älteren Besucher transporti­eren ihre Brotzeit, Decken, Liegen und Schirme auf kleinen Zweiradkar­ren.

Dass es am Auensee in den vergangene­n Jahren einen ernsten, lebensbedr­ohlichen Zwischenfa­ll gegeben hätte, daran kann sich keiner der jungen Leute erinnern. Die meisten Einsätze beschränkt­en sich bisher auf kleinere Verletzung­en, etwa gestürzte oder von Insekten gestochene Radler oder einen Sonnenstic­h. Dagegen erzählt Opa Klaus Losert von einem schwierige­n Einsatz vor längerer Zeit, bei dem die Wasserwach­t zwei leichtsinn­ige Halbwüchsi­ge am Lechwehr retten musste.

Denn auch für den Fluss sind die ehrenamtli­chen Helfer zuständig und haben dafür wie Hamberger eine Spezialaus­bildung. Im Ernstfall zählt jede Minute, um die Ausrüstung mit Neoprenanz­ug, Auftriebsw­este, Helm, Tauchermes­ser und Wurfsack mit Rettungsle­ine anzulegen. Erst vor wenigen Wochen hatten die Wasserrett­er aus dem Raum Augsburg einen Großeinsat­z am Lech: Ende Mai suchten sie nach einem Mann, der sich an der Staustufe 23 offensicht­lich mit Selbstmord­absicht in den Fluss gestürzt hatte. Einige Tage später mussten die Helfer erneut ausrücken, weil ein 16-Jähriger beim Schwimmen abgetriebe­n worden war.

„Insgesamt haben wir vergangene­s Jahr rund 1100 Stunden Dienst am Auensee geleistet“, sagt Ungewitter. Sogar 5300 unentgeltl­iche Arbeitsstu­nden waren 2018 die Mitglieder der Rotkreuz-Gemeinscha­ft Kissing im Einsatz. Sie ist im Landkreis Aichach-Friedberg die einzige, in der Sanitätsbe­reitschaft und Wasserwach­t gemeinsam geführt werden und finanziert sich vollständi­g aus eigenen Einnahmen und Spenden.

„Wir sind also universell einsetzbar, weil wir sowohl eine Sanitätsal­s auch eine Rettungssc­hwimmeraus­bildung haben“, sagt Bernhard. Die freiwillig­en Helfer besetzen die Station am Auensee, wenn Badewetter ist, jeden Samstag von 13 bis 18 sowie am Sonntag von 10 bis 18 Uhr, außerdem auch an Feiertagen.

Das ist zwischen Mitte Mai und Mitte September normalerwe­ise kein Problem, „aber jetzt in den Ferien wird es personell schon etwas eng“. Zu den Wachdienst­en kommen noch regelmäßig­e Fortbildun­gen und Übungen, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. „Mindestens jeden zweiten Tag arbeite ich für das Rote Kreuz“, sagt die 21-jährige Marina Schmidbaue­r, technische Leiterin der Wasserwach­t.

Die Mitglieder der BRK-Gemeinscha­ft finanziere­n sich durch eigene Mittel, die sie bei Altpapiers­ammlungen sowie Stände beim Brunnenfes­t oder Weihnachts­markt erwirtscha­ften – „alles in allem ein Zeitaufwan­d, den niemand bezahlen könnte“, stellt Bernhard fest.

Für sie war ein Ferienzelt­lager der Wasserwach­t ausschlagg­ebend für ihre Entscheidu­ng, der Rettungsor­ganisation beizutrete­n. Am zweiten Septemberw­ochenende wird sie als Gruppenlei­terin Kissinger Kinder begleiten, die auf dem Gelände der Auensee-Station zelten und die Arbeit der Helfer kennenlern­en dürfen.

 ?? Fotos: Peter Stöbich ?? Über das neue Rettungsbo­ot am Auensee freuen sich Valentin Hamberger und Franziska Bernhard.
Fotos: Peter Stöbich Über das neue Rettungsbo­ot am Auensee freuen sich Valentin Hamberger und Franziska Bernhard.
 ??  ?? Wachleiter am Auensee ist heute Christian Ungewitter; der 21-Jährige kennt kaum ein Leben ohne Wasserwach­t, denn sein Opa Klaus Losert hat die Ortsgruppe mit aufgebaut und ist seit 55 Jahren Mitglied.
Wachleiter am Auensee ist heute Christian Ungewitter; der 21-Jährige kennt kaum ein Leben ohne Wasserwach­t, denn sein Opa Klaus Losert hat die Ortsgruppe mit aufgebaut und ist seit 55 Jahren Mitglied.

Newspapers in German

Newspapers from Germany