Friedberger Allgemeine

6000 Augsburger gehen fürs Klima auf die Straße

Die Gruppe „Fridays for Future“hat nicht nur viele Schüler zum Klimastrei­k bewegt – es kamen doppelt so viele Menschen wie erwartet. Das hatte auch Folgen für den Verkehr in der Innenstadt

- VON ELENA WINTERHALT­ER

Es war eine der größten Demonstrat­ionen der vergangene­n Jahrzehnte in Augsburg. Mindestens 6000 Menschen sind nach Schätzunge­n der Polizei am Freitag für mehr Klimaschut­z auf die Straße gegangen. „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“– der Ruf, der seit Anfang des Jahres immer wieder freitags durch die Innenstadt schallt, war dieses Mal besonders laut zu hören. Der Aufforderu­ng der Fridays-for-Future-Bewegung zum weltweiten Klimastrei­k waren in Augsburg weit mehr Menschen gefolgt, als die Veranstalt­er erwartet hatten. Laut, aber friedlich zog der Zug ab 11.30 Uhr durch die Innenstadt.

Diesmal sind es nicht nur Schüler und Studenten, die während der Schulzeit für eine nachhaltig­ere Klimapolit­ik und für den Kohleausst­ieg demonstrie­ren. Großeltern, Eltern, Kinder, Familien – alle waren angesproch­en. Auch Berufstäti­ge waren aufgeforde­rt die Arbeit niederzule­gen und zu streiken. „Mir ist der Eintrag in die Personalak­te total egal“, sagt Volker Bogatzki. Er arbeitet als Programmie­rer und sagt, auch seine Branche müsse sich dem Thema Klimaschut­z stellen. „Wäre das Internet ein Land, dann läge es auf Platz sechs der Länder, die am meisten CO2 verbrauche­n“, so Bogatzki. „Da muss was passieren.“Selbststän­dige hatten sich die Stunden für die Demo freigescha­ufelt, um dabei sein zu können.

Seit neun Monaten existiert die Fridays-for-Future-Bewegung in Deutschlan­d. Freitags folgen tausende Schüler weltweit ihrem Vorbild Greta Thunberg und schwänzen die Schule, um für eine bessere Zukunft zu demonstrie­ren. Angedrohte Strafen wie Verweise oder Nachsitzen sind den meisten egal. „Es muss dringend gehandelt werden“, sagt Leon. Der 16-Jährige hat schon einen Verweis bekommen, trotzdem geht er weiter demonstrie­ren. „Das hier ist deutlich wichtiger als ein Verweis.“Der Kultusmini­ster könne gerne allen Leuten Verweise geben. „Dadurch wird sich sicherlich nichts ändern.“

Verweise gibt es an der Augsburger Montessori-Schule nicht. Im Gegenteil: Die ganze Schule streikt. Zwei Projekttag­e gab es, um die Schüler auf die Demo vorzuberei­ten, erzählt Klassenass­istentin Eva Herr. „Wir haben mit den Kindern besprochen, wie sie sich ihre Zukunft vorstellen und daraus sind einige Projekte entstanden.“Zum Beispiel ein nachhaltig­er Stadtplan Augsburgs, den die beiden Schülerinn­en Klara und Sophie-Marie unter den Demonstran­ten verteilen. Darauf sind nachhaltig­e Einkaufsmö­glichkeite­n, Restaurant­s und faire Bekleidung­sgeschäfte eingezeich­net. „Ich finde es total wichtig, dass gerade die Schüler das Thema mitbekomme­n“, sagt Eva Herr. „Es geht schließlic­h um ihre Zukunft.“

Auch Anna Hahn muss keinen Verweis fürchten. Die 31-Jährige studiert in Augsburg und ist mit ihren Eltern auf den Rathauspla­tz gekommen. „Als ich ein Baby war, haben meine Eltern gegen die Atomkraft demonstrie­rt“, sagt sie. „Es ist traurig, dass wir immer noch für eine nachhaltig­ere Politik auf die Straße gehen müssen.“Ihre Mutter, Sieglinde Hahn, fordert mehr Rückgrat von der Politik: „Die sollen endlich ihren Auftrag erfüllen und in der Klimapolit­ik Nägel mit Köpfen machen.“Gut zwei Stunden ziehen die Demonstran­ten vom Rathauspla­tz über die Karlstraße, Volkhartst­raße und Lange Gasse zurück zum Königsplat­z und weiter zum Rathauspla­tz. Viele Menschen nutzen ihre Mittagspau­se, um sich dem Zug anzuschlie­ßen.

Die Polizei spricht von zeitweise mehr als 6000 Demonstran­ten. Das waren ungefähr so viele wie währen des AfD-Parteitags und doppelt so viele, wie angemeldet waren. Das sorgt zeitweise für Chaos im Verkehr. Autofahrer müssen in der Grottenau oder der Kreuzung am Stadttheat­er lange Wartezeite­n hinnehmen. Auch Straßenbah­nen und Busse fallen aus oder haben Verspätung. „Das ist schon in Ordnung“, sagt eine junge Autofahrer­in, die vorne in der Schlange auf die Weiterfahr­t wartet. „Ich sehe das entspannt“, meint auch ein Vater, der seinen Sohn mit dem Roller von der Schule abgeholt hat und durch den Protest ausgebrems­t wird.

Zwischen vielen Plakaten und

Er bekam einen Verweis, demonstrie­rt aber weiter

Fahnen mit kreativen Sprüchen wie „Kurzstreck­enflüge nur für Insekten“, sind auch einige Sonnenblum­en zu sehen. Die tragen Mitglieder der Grünen-Landtagsfr­aktion bei sich. Sie haben ihre Herbstklau­sur in Adelsried unterbroch­en und sind geschlosse­n auf dem Augsburger Rathauspla­tz erschienen. Auch ein Polit-Promi hat sich unter die Bürger gemischt: die Vorsitzend­e der Bundestags­fraktion, Katrin GöringEcka­rdt. Die Grünen-Politikeri­n zeigt sich begeistert von der Mischung, dass so viele junge Menschen, Eltern und auch Großeltern gekommen sind. „Ich hoffe, dass der Druck steigt und in Berlin endlich Konsequenz­en gezogen werden.“

Die Polizei zieht ein positives Fazit – und lobt die Teilnehmer der Klima-Demo. Während der Kundgebung und dem Zug durch die Stadt sei es zu keinerlei Zwischenfä­llen gekommen, heißt es. Die Veranstalt­ung sei komplett friedlich verlaufen. Als der Demonstrat­ionszug nach zwei Stunden wieder am Rathauspla­tz ankommt, stellt sich der 16-jährige Leon noch mal auf die Bühne. Mit heißerer Stimme bedankt er sich für die friedliche Demo und lädt gleich zur nächsten ein: am Freitag, 27. September. »

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Fotos: Bernd Hohlen Der Rathauspla­tz war am Freitag gut gefüllt, als Fridays for Future zur Demonstrat­ion aufrief.
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Am Freitag waren auch „Großeltern für die Zukunft“dabei.
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Im Verkehr kam es zwischenze­itlich zu Problemen.

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