Diese Show gefällt Trumps Publikum
USA Amerikas Präsident tritt in Minneapolis wie ein entfesselter Bulle auf. Nach den Drohungen mit einer Amtsenthebung geht er zum Gegenangriff über. Bei der Wortwahl ist er nicht zimperlich
Ex-Diktator Franco wird noch im Oktober exhumiert
Der frühere spanische Diktator Francisco Franco wird trotz vieler Proteste innerhalb der kommenden zwei Wochen exhumiert. Die sterblichen Überreste des Gewaltherrschers (1892–1975) würden bis spätestens 25. Oktober von einem riesigen Mausoleum im sogenannten „Tal der Gefallenen“bei Madrid auf einen Friedhof in der Stadt überführt, teilte Vizeregierungschefin Carmen Calvo nach einer Kabinettssitzung mit. Nach monatelangen Debatten hatte das Oberste Gericht in Madrid im September die Exhumierung zugelassen. Die Richter wiesen den Einspruch der Familie Francos gegen den Plan der Regierung zurück, die Gebeine auf dem Friedhof El Pardo-Mingorrubio beizusetzen. Sie wäre nur mit einer Bestattung in einem familieneigenen Grab in der Almudena-Kathedrale im Zentrum von Madrid einverstanden gewesen. Das lehnte die Regierung strikt ab, weil sie in dem Gotteshaus keinen Pilgerort für Franco-Anhänger schaffen wollte.
Iranischer Öltanker von Raketen getroffen?
Im Roten Meer vor Saudi-Arabien ist es nach Angaben des iranischen Ölministeriums zu einer Explosion auf einem iranischen Öltanker gekommen. Dem Ministerium zufolge wurde das Schiff am Freitagmorgen 60 Seemeilen (rund 110 Kilometer) von der saudi-arabischen Hafenstadt Dschidda entfernt von zwei Raketen getroffen. Alle Besatzungsmitglieder seien jedoch wohlauf, so das Ministerium. Die Schäden seien gering und die Crew habe das Schiff wieder unter Kontrolle, hieß es. Zu dem angeblichen Raketenangriff gab das Ölministerium keine weiteren Details bekannt. Um welches Schiff es sich handelte, war zunächst unklar. Der wilde Kampf von 35 Bullen „mit knochenbrechender Action“war vom Target-Center eigentlich für das vergangene Wochenende angekündigt worden. Nun steht zwar nur ein einziger Mann auf der Bühne der riesigen Mehrzweckhalle in der Innenstadt von Minneapolis. Aber das Motto „Lass die Bestie von der Leine“hätten die Cowboys nicht wilder umsetzen können.
Donald Trump wirkt aufgewühlt und streitsüchtig. Die abendliche Kundgebung in der Hauptstadt von Minnesota ist sein erster Auftritt vor Anhängern seit Eröffnung der Impeachment-Untersuchungen, die gerade jeden Tag neue Puzzlesteine einer Affäre zutage fördern, bei der der Präsident offensichtlich sein Amt für innenpolitische Interessen missbraucht hat. Insofern bietet der Termin mit rund 20 000 Zuschauern im Mittleren Westen einerseits eine willkommene Abwechslung. Zugleich aber ist er auch ein Gradmesser für die Befindlichkeit des Präsidenten und seiner Anhänger in einem traditionell demokratischen Bundesstaat, den Trump bei der letzten Wahl fast erobert hätte und 2020 gerne schleifen möchte.
Was die Befindlichkeit des Politikers angeht, so ist diese offensichtlich auf Krawall gebürstet. „Wir haben es mit wirklich kranken und gestörten Leuten zu tun“, beschimpft er die oppositionellen Demokraten. Das ist nur der Auftakt zu einer wüsten Kaskade von Beschimpfungen, in deren Verlauf das Wort „Hölle“und „Hurensohn“fällt und Ex-Vizepräsident Joe Biden unterstellt wird, er habe es „verstanden, den Arsch von Barack Obama zu küssen“. Das sind für einen Politiker, der sich der Unterstützung bibeltreuer Christen preist, ziemlich derbe Worte.
Trumps Botschaft aber ist klar: Mit ihrem Impeachment-Verfahren seien die Demokraten „auf einem Kreuzzug, unsere Demokratie zu zerstören“. Nicht er habe sich etwas zuschulden kommen lassen, als er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu einer Schmutzkampagne gegen seinen potenziellen Herausforderer Biden nötigen wollte. Vielmehr müsse gegen Biden ermittelt werden.
Das Publikum jubelt. Mehrfach wird von den Rängen „Sperr ihn ein!“skandiert. Ähnlich klang dieser Schlachtruf im Wahlkampf 2016, als er sich auf Trumps damalige Gegenkandidatin Hillary Clinton bezog. Nun ist er auf Hunter Biden gemünzt, weil der Sohn des demokratischen Präsidentschaftsfavoriten für ein ukrainisches Gas-Unternehmen gearbeitet hat, ohne dass ihm Verfehlungen nachgewiesen wurden. „Wo ist Hunter?“, eröffnet Trump eine regelrechte Hatz. Kurz darauf bieten Trumps Hilfstruppen T-Shirts mit diesem Slogan an, das Stück für 25 Dollar.
Nicht alle Zuhörer würden wohl jedes Wort unterschreiben. Aber die Ukraine-Affäre wird Trump von seinen Anhängern nicht angekreidet. „Das Impeachment ist eine Krise für drei Wochen“, hat Rentner Greg draußen in der Warteschlange gesagt: „Die Demokraten jagen jede Woche eine neue Sau durchs Dorf.“Der 63-Jährige mit der roten „USA“-Kappe will im November 2020 erneut für Trump stimmen: „Er hat viele Jobs geschaffen, und die Wirtschaft läuft prima.“Die gute Konjunktur ist auch stets der Ausgangspunkt von Trumps Wahlkampfreden, bei denen der Präsident nie mit Selbstlob geizt. Dieses Mal legt er sein Manuskript schnell zur Seite, und es folgt ein atemberaubender anderthalbstündiger Gedankenstrom, der keiner inneren Logik, sondern nur der Befindlichkeit des Redners zu folgen scheint. Von den angeblich gefälschten Umfragen geht es über die Zuwanderung, Repräsentantenhaus-Sprecherin Nancy Pelosi („die ist nicht mehr ganz richtig“), die Medien („eine Schande“), das „dunkle politische Establishment“in Washington, seine Lieblingssendungen bei
(„Sean Hannity ist Nummer eins“) bis nach Syrien, wo die USA angeblich „keine Truppen mehr“haben, obwohl dort tatsächlich noch 1000 Soldaten stationiert sind und Trump nun einen Waffenstillstand zwischen der Türkei und den Kurden vermitteln will.
Das alles klingt bizarr und wirkt durch teilweise groteske Grimassen des Redners noch wunderlicher. Doch dem Publikum gefällt die Show. Und mit viel Beifall quittiert es, wenn Trump in gewissen Abständen die Schlagwörter „Sozialismus“, „Abtreibung“, „Recht auf Waffe“oder „Recht und Ordnung“einfließen lässt, die im Zentrum seines Kulturkampfes stehen.
„Ich bin für Migration, aber es muss legal sein“, sagt auch Char Lecron, die mit ihrem Mann David zu der Kundgebung gekommen ist. Und in einem sozialistischen Land – nein, da möchte sie ganz sicher nicht leben. Also wird sie wohl wieder für Trump stimmen, obwohl sie den Hass und die Polarisierung im Land nicht gut findet. Ein Widerspruch? Nicht für die 52-Jährige: „Für das verdorbene Klima ist nicht Trump verantwortlich. Das ist die Schuld der Medien.“