Bahnhofstraße: Streit vorbei
Bürgermeister Eichmann entschuldigt sich für seinen Fehler. Er hatte Maßnahmen widerrechtlich im Alleingang angeordnet. Einige Politiker entscheiden sich in letzter Minute um
Der Friedberger Stadtrat hat den Umbau der Bahnhofstraße nachträglich genehmigt. Der Bürgermeister hatte die Maßnahmen im Alleingang angeordnet.
Eine Entschuldigung stellte Bürgermeister Roland Eichmann der Debatte über die nachträgliche Genehmigung der Baumaßnahmen an der Bahnhofstraße voran. Er räumte Fehler ein: Die Verbreiterung des Gehwegs sei „in der irrigen Annahme eines Beschlusses“veranlasst worden, mit der Verteuerung der Arbeiten an der Fahrbahn nicht adäquat umgegangen worden; er habe aus Zeitdruck keine Entscheidung dazu herbeigeführt: „Es tut mir leid, dass ich formale Fehler gemacht habe, für die ich mich entschuldige.“Diese Fehler, auf die Thomas Kleist (CSU) aufmerksam gemacht habe, habe er – wie dokumentiert sei – eingeräumt und sich Gedanken gemacht, wie sie künftig vermeidbar sind. Auch beim Leasingvertrag für eine Kaltfräse für den Bauhof sei geschlampt worden. „Ich räume den Verstoß unumwunden ein.“
Mit dieser Aussage überraschte er den Stadtrat erkennbar. Wie einige Mitglieder im Lauf der Diskussion betonten, bewegte sie die Entschuldigung zum Umschwenken. Letztlich genehmigte das Gremium mit vier Gegenstimmen die Verbreiterung des Gehwegs, die Erneuerung der Fahrbahndecke und die Parkplätze vor dem griechischen Lokal. Die Maßnahmen hätten wegen der Kosten bzw. Bedeutung eines Beschlusses im Bauausschuss bedurft. Die Gegenstimmen kamen von den drei Grünen und von Peter Gürtler (CSU), Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses.
Dieser hatte das rechtsaufsichtliche Verfahren gegen Eichmann beim Landratsamt in die Wege geleitet. Mit sechs Gegenstimmen wurde auch der Leasingvertrag für die Fräse nachträglich genehmigt; hier lag die Summe ebenfalls über der Bewirtschaftungsgrenze für den Bürgermeister (90 000 Euro).
Selbst Gürtler bekannte zu Beginn seiner Stellungnahme als Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses, Eichmann habe ihm mit seiner Entschuldigung den Wind aus den Segeln genommen. Der Ausschuss hatte mehrheitlich dem Stadtrat die nachträgliche Genehmigung nicht empfohlen. Das Gremium, das zuletzt am Montag hinter verschlossenen Türen getagt hatte, war jedoch gespalten. Einige Mitglieder befürchteten erhebliche zivilrechtliche Auswirkungen, sollte die Genehmigung ausbleiben und die Verträge damit unwirksam werden – zumal die Rechnungen für Material und Fremdfirmen schon bezahlt sind. Allein das Material macht 256 000 von 403 000 Euro Gesamtkosten aus.
Johannes Hatzold bekannte für die Freien Wähler, dass sie Eichmanns Entschuldigung in letzter Minute beeinflusst habe. Er bedankte sich dafür und sagte: „Der Selbstdarstellungstrieb war mit dem Bürgermeister durchgegangen.“Manfred Losinger (CSU) war ebenfalls wenige Tage vor der Sitzung noch anderer Meinung gewesen und zeigte sich weiter überzeugt: „Maßnahmen wurden bewusst am Ausschuss vorbei geführt.“Er erkannte die Entschuldigung jedoch an, betonte allerdings, nicht der Baumaßnahme, sondern der nachträglichen Genehmigung zuzustimmen. CSUChef Kleist erläuterte den Zwiespalt seiner Fraktion. Er sei für die Genehmigung, um negative Folgen von der Stadt abzuwenden, Verfahren, die jahrelang die Verwaltung binden, und einen Imageschaden. „Sanktionen gegenüber dem Bürgermeister stehen uns nicht zu.“Er missbillige die Vorkommnisse, sehe aber auch, wie komplex die Arbeit der Verwaltung ist. „Das ist nicht so einfach, wie es manchmal in der Öffentlichkeit, sprich der Zeitung, dargestellt wird.“Auch Peter Feile unterstrich dies namens der SPD. Die Baumaßnahme entspreche den Regeln. Wolfgang Rockelmann (Parteifreie/ÖDP/FDP) meinte gar, der Preis sei beachtenswert niedrig. Außerdem akzeptiere die Bevölkerung die neue Gestaltung der Straße.
Roland Fuchs (parteifrei) wollte anfangs nicht zustimmen. Er sei ohnehin immer gegen eine Maßnahme an dieser Stelle gewesen, sagte er in der Diskussion, stimmte dann aber letztlich doch für die Genehmigung. Grund: Er habe gesehen, dass sein Standpunkt keine Chance hatte, wie er später auf Nachfrage erläuterte.
Hart blieben neben Gürtler die drei Grünen. Claudia Eser-Schuberth begründete das mit dem großen Rahmen, in dem der Fehler zu sehen sei. Eichmann habe seit seinem Amtsantritt nicht mit dem Stadtrat zusammengearbeitet, ihn als unfähig dargestellt, die Presse zum Feind erklärt, Fehler heruntergespielt und sich als „Mann, der durchgreift“bejubeln lassen.
Die Debatte um das Thema leitete Zweiter Bürgermeister Richard Scharold (CSU), weil Eichmann als Betroffener weder Rede- noch Stimmrecht hatte. Scharold sagte vor der Abstimmung, er stelle sich vor den Stadtrat – „egal, wie Sie abstimmen und was Sie geäußert haben“– und appellierte daran, den Beschluss zu akzeptieren.
Zügig und einstimmig verlief dagegen eine weitere Abstimmung zu dem Thema. Die Geschäftsordnung des Stadtrates wurde auf Anraten der Rechtsaufsichtsbehörde geändert. Der Bürgermeister darf demnach die Entscheidung über Maßnahmen bis 90 000 Euro des Bauhofes selber fällen; einbezogen werden hier Sach-, Material- und Personalkosten. Bis 900000 Euro ist der Bauausschuss zuständig, dann der Stadtrat. Da die Straßenbaugruppe des Bauhofs relativ neu ist, hatte es hier Unklarheit gegeben, ob Personalkosten, die ja städtische Eigenleistung sind, zu den Gesamtkosten gezählt werden.