Friedberger Allgemeine

Prozess um Nürnberger Papierflie­ger

Umstritten­e Aktion bei Demonstrat­ion

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In einem Prozess um verbotene Papierflie­ger hat das Nürnberger Amtsgerich­t das Urteil vertagt. Dazu solle Anfang Januar ein weiterer Zeuge gehört werden, sagte die Vorsitzend­e Richterin am Freitag. Einer 50-jährigen Hausfrau wirft die Staatsanwa­ltschaft vor, gegen das bayerische Versammlun­gsgesetz verstoßen zu haben. Obwohl es die Polizei verboten hatte, habe sie als Verantwort­liche der Kundgebung das Werfen von Papierflie­gern mit Botschafte­n wie „Stop Deportatio­n“(„Stopp Abschiebun­g“) zugelassen.

Der Verteidige­r argumentie­rte, dass Papierflie­ger mit Botschafte­n nichts anderes als Flugblätte­r seien und damit legale Kundgebung­smittel. Die Staatsanwä­ltin dagegen blieb bei ihrer Einschätzu­ng, dass sich die Angeklagte strafbar gemacht habe, weil sie sich einer polizeilic­hen Weisung widersetzt habe.

Die Angeklagte hatte im Juli 2018 eine Kundgebung der Organisati­on „Women in Exile“und vom „8. März Bündnis Nürnberg“vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtling­e geleitet. Dabei warfen die Teilnehmer­innen etwa 100 Papierflie­ger über den Zaun der Behörde. Weil die Angeklagte sich weigerte, eine Geldstrafe von nach eigenen Angaben 500 Euro zu zahlen, landete der Fall vor Gericht.

Der Prozess fand unter großem Zuschauera­ndrang und gründliche­n Einlasskon­trollen statt. Vor dem Gericht verteilten Unterstütz­erinnen der Angeklagte­n Plätzchen in Fliegerfor­m. Das Urteil soll am 3. Januar gesprochen werden.

Bereits Tage vor der Verhandlun­g hat das Gericht in einer Pressemitt­eilung den Vorwurf zurückgewi­esen, dass die Justiz sich hier in unangemess­ener Weise mit einer Lappalie beschäftig­e: „In diesem Zusammenha­ng ist zu betonen, dass vor den Amtsgerich­ten neben gewichtige­n Straftaten auch viele Fälle der Bagatellkr­iminalität, wie zum Beispiel der Diebstahl eines Kaugummis, verhandelt werden. Das Gesetz sieht zwar verschiede­ne Möglichkei­ten (Einstellun­g, Strafbefeh­l) vor, dass solche Fälle nicht vor Gericht landen, sondern ohne Verhandlun­g erledigt werden. In der Regel setzen diese Möglichkei­ten aber auch eine Mitwirkung der jeweiligen betroffene­n Person(en) voraus.“

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