Lustige Witwe im Klimanotstand
Auf die „Lustige Witwe“, die letzten Samstag im Martinipark Premiere hatte, ist noch einmal zurückzukommen. Nicht, weil seitens der Regisseurin der Tatbestand unterlassener Hilfeleistung vorliegt. Das war ja hier schon nachzulesen und auch dort, beim
Nein, deshalb nicht, obwohl bis heute die Szene mit dem schwellköpfigen, tanzenden Bauernmädchen verstört – wegen seines Amateurtheater-Charakters auf der Staatsbühne – und noch mehr die Travestie-Szene mit den Männern, die einen BH umgeschnallt erhalten. Heiliger Bimbam. Nicht jeder Sänger ist Sänger geworden für solch peinlichen Klimbim. Hat da niemand dazwischenfahren mögen? Und warum nicht?
Nein, zurückzukommen auf die „Lustige Witwe“ist wegen ihres Vorspiels, das ebenfalls unfreiwillig tragische Züge aufwies. Junge Klimaschützer hatten sich ein Aktionsprogramm ausgedacht, das sie den Premierengästen vor Beginn der Aufführung im Foyer darboten. Engagiert, ehrenwert, nach Meinung hunderter von Wissenschaftlern berechtigt, ja notwendig in der Sache. Keine Frage.
Nur: Man konnte nicht zu dem Eindruck gelangen, dass die Aktion, vorsichtig ausgedrückt, große Anteilnahme erfuhr – was weder den jungen Klimaschützern vorzuwerfen war noch den Premierengästen, die sicherlich mit anderer Erwartung das Haus betraten. Zwei Sachen liefen einfach nur aneinander vorbei. Nicht, dass man jeder Erwartung zu entsprechen hat, dies gewiss nicht. Das gilt für die Bühnenkunst genauso wie für gesellschaftspolitische Appelle. Aber man kann bei solchen Aktionen durchaus auch das mitbedenken, was die ganz alten Griechen „kairos“nannten. Kairos: der rechte, der günstige Moment – auf dass etwas tatsächlich ankommt und Wirkung entfaltet.
Ob dieser Moment im vorliegenden Fall wirklich getroffen war, darf bezweifelt werden. Und so kann man für die jungen Klimaschützer nur hoffen, dass all ihre anderen Foyer-Aktionen vor sozusagen „empfänglicherer“Kulisse stattfanden. Manche Aufführung, die das Staatstheater gerade auf dem Spielplan hat, bietet eine günstigere Ausgangslage für die Protestler als eine Operetten-Premiere, die auch noch nostalgisch Vergangenheit spielt und die alten Verhältnisse wieder aufzuwärmen versucht.
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