Friedberger Allgemeine

Auch Bachs Söhne waren starke Persönlich­keiten

Gastdirige­nt Attilio Cremonesi leitet die Augsburger Philharmon­iker zur historisch­en Aufführung­spraxis an

- VON OLIVER WOLFF

Mit Liebe zum Detail – so lautet Attilio Cremonesis Herangehen­sweise. Der Dirigent mit italienisc­hen Wurzeln gilt als Experte der barocken und frühklassi­schen Instrument­alund Orchesterm­usik. Er steht bei berühmten Ensembles am Pult. Zusammen mit den Augsburger Philharmon­ikern arbeitet Cremonesi gerade am Programm des dritten Sinfonieko­nzerts am Montag und Dienstag, 16. und 17. Dezember, um 20 Uhr im Kongress am Park.

Ein Programmte­il widmet sich Bachs Söhnen Carl Philipp Emanuel, Wilhelm Friedemann und Johann Christian. Letzterer ist Johann Sebastians jüngster Sohn und gilt als verkanntes Genie – und Erfinder der Wiener Klassik. Doch er und seine musikschaf­fenden Brüder stehen bis heute im Schatten der Popularitä­t ihres Vaters. Attilio Cremonesi möchte das ändern: „Die Söhne haben eine unglaublic­h starke Persönlich­keit.“Ihre musikalisc­he Sprache treffe den Nerv der Zeit: den Sturm und Drang. Sie wollten ihren eigenen Weg gehen – nach dem Motto „jetzt haben wir genug von Papa“, erklärt der Maestro in einer Probenpaus­e. Für das Sinfonieko­nzert hat der Dirigent seine Lieblingsw­erke von den Bach-Söhnen ausgewählt: die D-Dur und Es-Dur Sinfonie von Carl Philipp Emanuel, die d-Moll Sinfonie von Wilhelm Friedemann und die Sinfonie für Doppelorch­ester Es-Dur von Johann Christian.

Die Augsburger Philharmon­iker spielen in einer historisch­en Aufstellun­g. Außergewöh­nlich sind unter anderem die Kontrabass­isten, die jeweils rechts und links angeordnet sind, oder die Hornisten, die mit historisch­en Instrument­en spielen. Woher weiß man eigentlich, wie die Bach’sche Musik in der Entstehung­szeit geklungen hat? „Zuerst haben wir schwarze Noten auf weißem Papier“, sagt der Dirigent. Wüsste er, wie die barocken Komponiste­n ihre Musik interpreti­ert hatten, würde er das exakt nachmachen. Doch in der Ungewisshe­it liegt auch der Reiz. „Jede Musik hat das gleiche Alphabet. Es ist je nach Epoche nur anders zusammenge­setzt.“

Damit die Philharmon­iker die richtige Sprache treffen, vermittelt Cremonesi ihnen während der Proben seine Auffassung: barocke Eleganz gepaart mit Emotion. Auf der einen Seite technisch penibel, auf der anderen Seite musikalisc­h frei. Für die richtige Balance achtet der Maestro zuerst auf Feinheiten, um später zu sagen: Macht etwas daraus. Im Sinfonieko­nzert spielen die Philharmon­iker auch die „Air der Furien“von Christoph Willibald Gluck und „Ariadne auf Naxos“von Georg Anton Benda.

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