Friedberger Allgemeine

Betrifft: Leuchtende Kinderauge­n

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Neulich, das war so ein Moment, nach dem man sich wünschte aufzuwache­n, dann wäre es nur ein schlechter Traum gewesen. Da neigte sich der sonnige Tag unter einem hellblau klaren Himmel, wie ihn nur der Winter kennt, seinem frühen Ende zu, und mit der einsetzend­en Dämmerung entfaltete­n auch all die Lichter in der Stadt einen Glanz, sodass der Christkind­lesmarkt nicht mehr wirkte wie irgendein Trödelmark­t.

Und auch wenn es sonst als Beispiel für schiefe, phrasenhaf­te Sprachbild­er herhalten kann, weil Augen ja nie wirklich leuchten:

Die Augen dieses Jungen waren so staunend glücklich aufgerisse­n, dass sie tatsächlic­h strahlten, all den vielen Passanten entgegenfu­nkelten. Und jeder lächelte zurück und bekam sein glückliche­s Hallo gesagt. Wo waren plötzlich die Kälte der Welt, die Wut der Gesellscha­ft, der Zynismus der Menschen? Sie hielten den Knaben an der Hand und rissen ihn durch die

Menge. Ein älterer Mann, der Großvater wohl, die Kippe im Mundwinkel, schaute nicht links, nicht rechts, er schaute nur genervt auf den Kleinen und raunzte ihn an: „Pass auf, das ist gefährlich! Die haben alle Messer dabei hier.“Aber der Junge, er war vielleicht fünf, hörte nichts, strahlte und grüßte nur weiter und wurde doch an der kalten Hand fortgezoge­n …

Und kurz darauf, am Ausgang in einer Passage, stand noch so ein Junge, blond, der alle grüßte. Der hielt in den Händen Karten in Plastikhül­le, von denen er sagte, er habe sie selbst gemacht und verkaufe sie zu jedem Preis, den der Käufer zahlen wolle. Was auch tatsächlic­h funktionie­rte. Denn der Junge schaute so offen, so freundlich. Wer dann aber bezahlte, entdeckte an der Seite des Durchgangs noch einen stehen, den Vater wohl, der alles beobachtet hatte und nun zufrieden zunickte: dem Käufer und dem Kind. Ja, aufwachen, es weihnachte­t.

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