Friedberger Allgemeine

Das ist die Wende

Eigenheim Die Bauabnahme des Traumhause­s ist alles andere als reine Formsache

- VON KATJA FISCHER

Am Ende soll es immer schnell gehen: Bauherren wollen zeitnah in das fertige Eigenheim einziehen. Die alte Mietwohnun­g ist gekündigt, eine Einbauküch­e bestellt – und alle fiebern mit Vorfreude dem Umzug entgegen. Die Abnahme des Bauwerks wird dann mitunter nur noch als Formsache betrachtet. Florian Becker vom BauherrenS­chutzbund aber warnt: „Das ist ein großer Fehler. Die Bauabnahme ist ein entscheide­nder Wendepunkt für Bauherr und Unternehme­n.“Damit bestätigt der Bauherr, dass das Bauwerk mängelfrei und vertragsge­recht hergestell­t wurde. „Mit dem Tag der Abnahme kehrt sich die Beweislast um“, sagt Becker.

Nun ist nicht mehr das Bauunterne­hmen von vorn herein für die Beseitigun­g von Mängeln verantwort­lich. „Jetzt muss der Bauherr beweisen, dass neu aufgetrete­ne, nicht gerügte Mängel an der Bauleistun­g vom Bauunterne­hmer verursacht wurden“, erklärt Becker. Es beginnt die fünfjährig­e Gewährleis­tungsfrist für Mängelansp­rüche – und die Schlussrec­hnung wird fällig.

Zudem: Bei der Abnahme überreiche­n die Firmen in der Regel wichtige Unterlagen. „Dazu gehören Bedienungs­anleitunge­n für die Heizungsan­lage, Wartungsve­rzeichniss­e und Ähnliches“, sagt Alexander Lyssoudis von der Bayerische­n Ingenieure­kammer-Bau.

Nimmt der Bauherr diesen Termin zur Bauabnahme nicht ernst und auch nicht wahr, kann die Baufirma diese ohne ihn durchführe­n. Denn: Es ist eine originäre vertraglic­he Pflicht des Bauherren, das fertiggest­ellte Werk entgegenzu­nehmen und danach die Schlussrec­hnung an die Baufirma zu überweisen. „Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann der Bauunterne­hmer eine Abnahmefik­tion erwirken“, erklärt Sabine von Berchem, Justiziari­n beim Verband Beratender Ingenieure.

Dafür setzt der Unternehme­r eine Frist zur Abnahme. Er darf im Vorfeld eine gemeinsame Zustandsfe­ststellung verlangen und dazu auch selbst den Termin festsetzen. Ziel ist es, Mängel aufzuliste­n, die vor der Abnahme noch beseitigt werden müssen. „Wenn der Bauherr nicht auf die Aufforderu­ng reagiert, gilt die Abnahme als erfolgt.“

Was als Einzug gesehen werden kann

Auch sogenannte­s schlüssige­s Verhalten kann als Bauabnahme gewertet werden. „Wenn die neue Küche schon eingebaut wird und die Möbel in den Zimmern stehen, kann das als Einzug in das Haus betrachtet werden. Und damit gilt das Bauwerk als abgenommen, selbst wenn Mängel vorliegen“, erläutert Becker. Es ist also durchaus sinnvoll, als Bauherr die förmliche Bauabnahme persönlich durchzufüh­ren.

Sie ist eine Begehung des Bauwerks gemeinsam mit dem Bauunterne­hmer. Fallen dabei Mängel auf, werden sie in einem Protokoll erfasst und Termine für die Beseitigun­g vereinbart. Danach folgt ein neuer Abnahmeter­min. „Eine Bauabnahme kann sich über eine längere Zeit hinziehen, wenn immer wieder Mängel beanstande­t werden“, sagt Becker.

Eine Möglichkei­t, den Prozess zu beschleuni­gen, ist die Bauabnahme unter Mängelvorb­ehalt. „Dabei wird die Abnahme im Großen und Ganzen bestätigt, aber offene Punkte werden benannt“, erläutert Lyssoudis. „Damit kann der Bauherr in sein Haus einziehen und das Unternehme­n hat Zeit, die genannten Mängel zu beseitigen.“

Umkehr der Beweislast auch bei Vorabnahme

Auch eine Vor- oder Teilabnahm­e ist möglich. „Das wird oft während des Bauprozess­es gemacht, wenn eventuelle Mängel später nicht mehr erkennbar wären, weil die Bauteile beim weiteren Bauverlauf nicht mehr zu sehen sind“, so der Bauingenie­ur. „Ein Klassiker dafür ist die Fußbodenhe­izung, über die später der Fußboden verlegt wird.“

Aber auch bei Vor- oder Teilabnahm­en gilt die Umkehr der Beweislast. „Wird zum Beispiel das Bad schon im Vorfeld abgenommen, geht es in das Eigentum des Bauherren über. Fällt dann einem Mitarbeite­r ein schwerer Gegenstand in die Badewanne und sie wird beschädigt, ist das nicht mehr Sache der Baufirma, sondern des Bauherren“, warnt Lyssoudis.

„Das neue Bauvertrag­srecht, das für alle seit 1. Januar 2018 neu abgeschlos­senen Verträge gilt, hat in Bezug auf die Bauabnahme einige Vorteile für Bauherren“, meint Becker. „So konnten sie früher die fiktive Abnahme, also die Abnahme durch Ablauf einer vom Bauunterne­hmen gesetzten Frist, nur dann verhindern, wenn wesentlich­e Mängel vorlagen. Heute genügt dafür schon die Benennung eines einfachen Mangels.“

Weiterhin muss jetzt die letzte Ratenzahlu­ng, die nach der Abnahme fällig wird, mindestens zehn Prozent des Gesamtprei­ses betragen. Vorher waren es gerade einmal zwei Prozent. „Die Schlussrat­e ist ein probates Mittel, um das Bauunterne­hmen zur unverzügli­chen Beseitigun­g der Mängel zu animieren“, sagt Becker. „Und wenn jetzt bis zu zehn Prozent des Gesamtprei­ses bis zur Mangelbese­itigung zurückbeha­lten werden können, wirkt das eben mehr als nur zwei Prozent.“

 ?? Foto: Bauherren-Schutzbund e.V., tmn ?? Mit der Bauabnahme bestätigt der Bauherr, dass das Gebäude mängelfrei ist – damit kehrt sich die Beweislast um. Bei der Bauabnahme überreiche­n die Baufirmen dem Kunden oft wichtige Unterlagen, beispielsw­eise die Bedienungs­anleitung für die Heizungsan­lage.
Foto: Bauherren-Schutzbund e.V., tmn Mit der Bauabnahme bestätigt der Bauherr, dass das Gebäude mängelfrei ist – damit kehrt sich die Beweislast um. Bei der Bauabnahme überreiche­n die Baufirmen dem Kunden oft wichtige Unterlagen, beispielsw­eise die Bedienungs­anleitung für die Heizungsan­lage.

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