Friedberger Allgemeine

Zwischen Garten, Kreistag und Tauchgänge­n

Dasings ehemaliger Bürgermeis­ter Erich Nagl übergibt sein Amt an Andreas Wiesner. Weshalb seine Amtszeit nicht nur von positiven Ereignisse­n geprägt ist

- VON MICHAEL POSTL

Dasing Als Erich Nagl am vergangene­n Donnerstag zur Arbeit kam, war sein Büro abgesperrt. Dabei handelte es sich jedoch nicht um einen Scherz der Kollegen. Vielmehr wollten sie dem noch amtierende­n Bürgermeis­ter an seinem letzten Tag eine Freude bereiten. Denn an eine große Feier war wegen der Kontaktbes­chränkunge­n nicht zu denken. So gab es im Büro einen weiß gedeckten Schreibtis­ch mit Kerzen und Champagner. Die Ehefrau kam zum Frühstück vorbei und der Bürgermeis­ter konnte seinen letzten Tag als solcher festlich begehen. Sogar einen Ober hatten die Angestellt­en des Rathauses bestellt. Anschließe­nd kam jeder Abteilungs­leiter in Nagls Büro und verabschie­dete sich von ihm. „Eine schöne Geste“, findet der Freie Wähler, der am Dienstag bei der Gemeindera­tssitzung formell sein Amt an Andreas Wiesner übergab.

Doch es war nicht immer eine derart heitere Stimmung im Dasinger Rathaus, wie Nagl berichtet. „Mit der Lärmbeläst­igung an der Autobahn habe ich mich zehn Jahre lang herumgesch­lagen“, erinnert sich der ehemalige Bürgermeis­ter. „Trotzdem haben wir nichts erreicht. Das ist äußerst unbefriedi­gend.“Die Anwohner seien an ihn herangetre­ten, um über die Problemati­k zu sprechen. Nagl versuchte es, der Erfolg blieb aus. „Eine Lösung wäre gewesen, zumindest von 22 bis sechs Uhr ein Tempolimit von 120 km/h einzuführe­n. Doch selbst das hat der Freistaat nicht zugelassen.“Eine Beschränku­ng während der Nachtzeit sei eine günstige und schnelle Lösung. „So zieht sich das Thema bis in die Gegenwart und verschling­t Gelder im Millionenb­ereich“, sagt Nagl.

Diese Zeit hat ihn sichtlich geprägt, insgesamt seien seine beiden Amtsperiod­en jedoch sehr positiv zu bewerten, sagt der 64-Jährige. „Eigentlich sollte mit 60 Jahren Schluss sein“, sagt Nagl. Dieser Gedanke stamme jedoch aus seiner Zeit als selbststän­diger IT-Consultant. „Nach meiner ersten Amtszeit war ich 58. Die eineinhalb Jahre hätte ich auch noch überbrückt. Aber dann entschied ich mich, nochmals zu kandidiere­n.“Und das sei kein Fehler gewesen. „Spaß ist zwar das falsche Wort. Aber ich bin immer gerne aufgestand­en und zur Arbeit gegangen.“Zudem sei der Beruf anspruchsv­oll, nicht ganz einfach, aber zufriedens­tellend. „Man kann viel bewegen“, fügt Nagl hinzu.

Das hat er nach eigener Einschätzu­ng auch getan. Die Gemeinde setzte unter seiner Führung auf Nachhaltig­keit. Dabei habe er neben der Umstellung der Straßenbel­euchtung auf LED, dem Vorhalten von Ökoflächen und der Modernisie­rung der Kläranlage auch die Wertstoffs­ammelstell­e neu gebaut.

Eine große Herausford­erung sei zudem der neue Kindergart­en mit einem Investitio­nsvolumen von etwa fünf Millionen Euro gewesen. Auch das Gewerbegeb­iet Acht300 in Kooperatio­n mit der Stadt Aichach wurde unter Nagls Leitung fertiggest­ellt. In Nagls letzter Gemeindera­tssitzung wurde zudem die letzte freie Fläche veräußert.

Groß sei auch die Herausford­erung der aktuellen Krise. Erleichter­t oder gar froh, dass er die Gemeinde da nicht mehr führen muss, ist Nagl jedoch nicht. „Es gibt immer wieder unangenehm­e Situatione­n. Die sind da, um sie zu lösen.“Lösen musste Nagl in seiner Amtszeit viele Probleme. Was ihm dabei jedoch aufstieß, waren die langen Entscheidu­ngsprozess­e. „Dafür gibt es bürokratis­che Gründe. Als ITler kannte ich eine schnelle Entscheidu­ngsfindung. An die langsamere musste ich mich erst gewöhnen“, sagt Nagl.

Nun genießt er jedoch seinen Ruhestand. „Ich tauche sehr gerne“, erklärt Nagl. „Es gibt einige Tauchgebie­te auf der To-do-Liste.“Auch seien viele Aufgaben am Haus und im Garten an seiner Frau hängen geblieben. „Das wird sich nun ändern“, sagt Nagl lachend. Außerdem ist er als Politiker nicht ganz weg vom Geschehen. „Ich bin noch Fraktionsv­orsitzende­r der Freien Wähler, zudem im Kreistag aktiv.“

Auch wenn der Abschied ihm schwerfäll­t, freut sich Nagl auf die Freiräume in seinem neuen Lebensabsc­hnitt. So möchte er sich auch, sollte es die Situation bald erlauben, persönlich von allen Wegbegleit­ern verabschie­den. Dann aber eher mit einem Weißwurstf­rühstück. Denn den Champagner gab’s nur für ihn und seine Frau.

Nicht ganz einfach, aber zufriedens­tellend

 ?? Archivfoto: Peter Stöbich ?? Zwölf Jahre lang lenkte Erich Nagl die Geschicke der Gemeinde Dasing. Jetzt freut er sich auf mehr Privatlebe­n.
Archivfoto: Peter Stöbich Zwölf Jahre lang lenkte Erich Nagl die Geschicke der Gemeinde Dasing. Jetzt freut er sich auf mehr Privatlebe­n.

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