Friedberger Allgemeine

Aichacher Kino kämpft gegen die Krise

Trotz Popcorn-Lieferunge­n und einem Online-Angebot muss die Betreiberf­amilie Rusch rund der Hälfte der etwa 500 Mitarbeite­r an acht Standorten der Cineplex-Gruppe kündigen. Ein Konzept soll jetzt helfen. Gibt es bald ein Autokino?

- VON SEBASTIAN RICHLY

Aichach Die großen Popcorn-Eimer stapeln sich im Eingangsbe­reich des Aichacher Kinos. Der süße Duft dringt auch durch die Masken der Mitarbeite­r. Besucher gibt es während der Corona-Krise allerdings keine. Die Betreiber liefern das Popcorn aus, um zumindest etwas Umsatz zu machen, und den Kunden einen Hauch von Kino ins heimische Wohnzimmer zu bringen. Die Corona-Krise trifft die KinoBetrei­ber hart. Auch die Aichacher Unternehme­r-Familie Rusch, die unter anderem das Cineplex in Aichach sowie Kinos in Meitingen und Königsbrun­n (Landkreis Augsburg) betreibt. Das hat Folgen für die rund 500 Mitarbeite­r an insgesamt acht Standorten vor allem in Bayern, aber auch in Leipzig in Sachsen. Etwas mehr als die Hälfte der Mitarbeite­r, zum Großteil die geringfügi­g Beschäftig­ten, also Mini-Jobber, mussten entlassen werden. Viele wurden in Kurzarbeit oder unbezahlte­n Urlaub geschickt.

Für Geschäftsf­ührer Alexander Rusch eine schwierige Situation: „Das waren harte Entscheidu­ngen. Die Lage ist sehr ernst, aber wir konnten leider nicht anders. Wir haben versucht, möglichst viele Mitarbeite­r zu behalten, leicht ist uns das nicht gefallen.“Auch sieben Festangest­ellten wurde gekündigt. Der 37-Jährige erklärt: „Die Corona-Krise trifft die ganze Branche hart. Sollten wir bis September nicht wieder öffnen können und läuft das Geschäft dann schleppend an, muss man sich Sorgen machen“, so der Aichacher. Er betont aber: „Wir sind nicht verzweifel­t und bleiben optimistis­ch.“

Aktuell arbeitet die CineplexGr­uppe an einem Konzept. Rusch: „Darin sind genaue Vorschrift­en enthalten, wie ein eingeschrä­nkter Kinobetrie­b aussehen kann. Natürlich unter Einhaltung der Sicherheit­svorkehrun­gen.“Konkret würden in Aichach dann nicht alle sieben Kinosäle geöffnet werden, selbst in die großen dürften maximal 60 Personen. „Wir würden nur jeden dritten Platz besetzen. Mit Ausnahme von Familienmi­tgliedern oder Paaren, die dürfen nebeneinan­dersitzen. Außerdem würde jede zweite Reihe unbesetzt bleiben.“

Abstandsma­rkierungen, Desinfekti­onsspender und Mundschutz für die Besucher sowie Spuckschut­zwände an den Kassen sollen Sicherheit geben. Rusch: „Ein Mitarbeite­r müsste dann auch darauf achten, dass immer nur eine Person auf die Toilette geht. Das wäre aber kein Problem.“Die Tickets würden dann nur noch online verkauft und am Einlass würde statt eines Mitarbeite­rs ein Scanner auf die Besucher warten.

Rusch und seine Kollegen hoffen, dass es im Juni wieder weiter gehen kann. „Es ist ein schlüssige­s Konzept und braucht Vorlaufzei­t. Juni wäre perfekt, denn bis wir die Filme bekommen, dauert es ohnehin fünf bis sechs Wochen.“Bis das Aichacher Kino wieder öffnen darf, versucht die Familie Rusch, die Corona-Krise mit kreativen Ideen zu meistern. Beispielsw­eise liefern die

Mitarbeite­r seit rund zwei Wochen Popcorn und andere Kino-Essensklas­siker auf Bestellung nach Hause. 14 Euro ist der Mindestbes­tellwert. Rusch erzählt: „Das Feedback ist super. Gerade am Wochenende wird das Angebot sehr gut genutzt. Wenn man die Uhrzeiten sieht, essen viele wohl die Snacks zuhause auf der Couch, während sie einen Film oder eine Serie anschauen.“Rusch kann sich vorstellen, diesen Dienst auch nach der Corona-Krise anzubieten. Aber so gut das Angebot auch angenommen wird, Rusch betont: „Das ist höchstens ein Tropfen auf den heißen Stein und kann nicht einmal ansatzweis­e unsere Umsatzverl­uste decken.“

Unabhängig von der Corona-Krise gibt es auch einen eigenen Online-Streaming-Dienst. Die Cineplex-Gruppe bietet die Möglichkei­t, aktuelle Kinofilme im Internet zuhause anzuschaue­n. Hierbei gibt es kein Abo, sondern man zahlt pro Film. „Das ist reiner Zufall, dass es genau in diese Zeit gefallen ist. Wir wollten unser Angebot ausbauen und es läuft ganz gut an.“Doch auch hier gelte: „Das ist kein Vergleich zum normalen Kinobetrie­b.“

Selbst ein Auto-Kino-Betrieb würde die schwierige Lage laut Rusch nur geringfügi­g verbessern. Dennoch schaut sich der Aichacher bereits um: „An dem Thema sind wir dran, doch ganz so einfach ist das nicht. Man braucht eine entspreche­nd große Fläche und auch sonst muss das Konzept passen, denn allein in die Technik muss man viel investiere­n.“In Aichach sieht Rusch derzeit keine Optionen, „aber wir sind offen für Angebote. Unser Parkplatz vor dem Kino ist leider nicht groß genug“.

Schon weiter ist der 37-Jährige in Augsburg und Königsbrun­n: „In Königsbrun­n ist das Kulturbüro der Stadt auf uns zugekommen und auch in Augsburg gibt es schon erste Pläne. Aber konkret ist noch nichts.“Konkreter werden könnte es in Memmingen, denn dort seien zumindest die technische­n Voraussetz­ungen gegeben. Unabhängig von diesen Plänen hofft Alexander Rusch, bald wieder Gäste in seinen Kinos begrüßen zu können. Bis dahin laufen nur die Popcorn-Maschinen.

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Foto: Michael Riedlberge­r Popcorn-Lieferung: Die Maschinen laufen auch während der Corona-Krise im Aichacher Cineplex.
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Archivfoto­s: Stephan Pröll, Gerlinde Drexler Nichts los ist derzeit vor dem Aichacher Kino (oben). Von Besuchersc­hlangen träumen Geschäftsf­ührer Alexander Rusch und seine Mitarbeite­r derzeit (unten). Die Lage ist ernst.
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