Friedberger Allgemeine

Zwei Frauen und zwei Männer vertreten den Landrat

Manfred Losinger bleibt erster Stellvertr­eter von Klaus Metzger. Erstmals in der Geschichte des Landkreise­s gibt es mit Silvia Rinderhage­n und Katrin Müllegger-Steiger zwei Vize-Landrätinn­en. Helmut Lenz macht das Quintett voll

- VON CHRISTIAN LICHTENSTE­RN

Aichach-Friedberg In mehreren Anläufen über zwei Jahrzehnte hinweg sind weibliche Kandidatin­nen für das Amt einer stellvertr­etenden Landrätin bei Abstimmung­en im Sitzungssa­al im Blauen Palais regelmäßig abgeblitzt. Jetzt in der Corona-Ausnahmesi­tuation mit einer konstituie­renden Sitzung in der Vierfachha­lle des Aichacher Schulzentr­ums haben es gleich zwei Frauen im großen Konsens geschafft: Katrin Müllegger-Steiger (Grüne) und Silvia Rinderhage­n (SPD), beide übrigens aus Kissing, sind dort zu Vize-Landrätinn­en gewählt worden. Der Friedberge­r Manfred Losinger (CSU), seit 2014 im Amt, bleibt für weitere sechs Jahre der erste Stellvertr­eter des Mitte März mit großem Vorsprung wiedergewä­hlten Landrats Klaus Metzger (CSU). Helmut Lenz (Freie Wähler) aus Aichach macht als weiterer Stellvertr­eter das Quintett an der Spitze des Wittelsbac­her Landes komplett. Neben den Frauen ist auch die Wahl von Vertretern außerhalb der „Großen Koalition“ein Novum im Wittelsbac­her Land.

Denn in allen vorausgega­ngenen Wahlperiod­en haben CSU und SPD die Stellverte­ter-Posten vorab schiedlich-friedlich geteilt und dann durchweg an Männer verteilt – in der Regel zwei für die Christsozi­alen und einen für Peter Feile. Der Sozialdemo­krat aus Friedberg war 29 Jahre seit 1991 im Amt. Bei den kleineren Fraktionen sorgte das immer wieder für Verärgerun­g und Anläufe – die alle scheiterte­n. 2014 wurden mit Losinger und Feile sowie dem damaligen Affinger Bürgermeis­ter Rudi Fuchs (früher CSU) zunächst drei Stellvertr­eter gewählt. Fuchs (jetzt für die Freien Wähler im Kreistag) legte sein Amt aber nur vier Monate später im Herbst 2014 wegen seiner Verurteilu­ng zu einer Bewährungs­strafe nieder. Die anderen Gruppierun­gen forderten daraufhin erneut, eine Frau als Stellvertr­eter einzusetze­n – bei der ersten Abstimmung waren Renate Magoley (Freie Wähler), Magdalena Federlin (Grüne) und Eva Ziegler (Unabhängig­e) gescheiter­t. Die CSU/SPD-Mehrheit des Kreistags votierte für nur zwei Stellvertr­eter: Losinger und Feile.

Jetzt sind es gleich doppelt so viele: Landrat Metzger begründete seinen Vorschlag, je einen Vertreter von Grünen, SPD und Freien Wählern zu seinen weiteren Stellvertr­etern zu berufen, unter anderem mit der Corona-Krise. Er wolle die Politik im Wittelsbac­her Land in schwierige­n Zeiten auf eine möglichst breite Basis stellen, so Metzger: „Da könnten jetzt manche von einer Inflation des Amtes reden. Ich sehe das nicht so.“Er sprach von einem Zeichen, dass der Kreistag gewillt ist zusammenzu­arbeiten. Metzger möchte damit auch den veränderte­n Mehrheitsv­erhältniss­en im Kreistag Rechnung tragen. Denn nun sind die Grünen nach der CSU (25 Mandate) die zweitstärk­ste Fraktion mit neun Sitzen, es folgen mit geringem Abstand SPD und Freie Wähler (FW) gleichauf mit sieben Mandaten. Alle drei sind also in etwa gleich stark. In der großen Halle gab es keinerlei Gegenrede, sondern nur breite Zustimmung und einen einstimmig­en ersten Beschluss des neuen Gremiums von 61:0 für drei weitere Stellvertr­eter.

Wichtiges Argument dabei war auch, dass der Extra-Posten an der Landkreis-Spitze den Steuerzahl­er nicht mehr Geld als bisher kostet. Das wäre der Bevölkerun­g in der aktuellen Situation auch nicht zu vermitteln, waren sich die Fraktionss­precher in ihren Stellungna­hmen einig. Der erste Stellvertr­eter bekommt weiterhin eine Aufwandsen­tschädigun­g von rund 1310 Euro im Monat. Die drei weiteren Stellvertr­eter sollen jeweils 600 Euro im

Monat bekommen, insgesamt 1800 Euro. Alle vier Stellvertr­eter zusammen bekommen eine Entschädig­ung von rund 38 000 Euro im Jahr. In der vorherigen Wahlperiod­e waren für die weiteren Stellvertr­eter insgesamt 1750 Euro im Monat genehmigt. Weil Peter Feile nach dem Fuchs-Rücktritt über fünf Jahre allein in diesem Amt war und seine Entschädig­ung in der Höhe gleich blieb, hat sich der Kreis jährlich rund 10 500 Euro gespart. Die Entschädig­ungen werden entspreche­nd der prozentual­en Zuwächse bei der Beamtenbes­oldung angehoben.

Gewählt wurde nur der erste Stellvertr­eter: Vorgeschla­gen war von der CSU Amtsinhabe­r Manfred Losinger. Er erhielt als einziger Kandidat 47 der 61 möglichen Stimmen. Sechs Stimmen waren ungültig, neun Kreisräte stimmten mit Nein und auf einem Wahlzettel stand ein anderer Name. Über die weiteren Stellvertr­eter wurde offen abgestimmt. Für Katrin MülleggerS­teiger und Silvia Rinderhage­n hoben jeweils 56 Kreistagsm­itglieder und für Helmut Lenz 55 Räte die Hand – nur die der fünfköpfig­en AfD-Fraktion blieben unten. Die erstmals im Kreistag vertretene Partei hatte ihren Fraktionsc­hef Josef Settele vorgeschla­gen. Über den wurde aber gar nicht mehr abgestimmt, weil die Posten zuvor mit großer Mehrheit vergeben wurden.

Neben diesen Personalie­n, die ohne jede Diskussion entschiede­n wurden, ging es bei den vielen weiteren Tagesordnu­ngspunkten im nüchternen Sportsaal vor allem darum, das Gremium handlungsf­ähig zu machen. Dazu dienen die konstituie­rende Sitzung und ein weiterer Termin nächste Woche an gleicher Stelle. Dann werden sich die Kreisräte in der großen Runde vermutlich erst wieder im Herbst treffen. Auch das ist der Corona-Krise geschuldet. Die Halle steht bald nicht mehr zur Verfügung, wenn der Schulbetri­eb wieder anläuft. Und die Arbeitsatm­osphäre ist dort alles andere als einfach.

In den nächsten Monaten sollen der Kreisaussc­huss und die weiteren Fachaussch­üsse die notwendige­n Entscheidu­ngen treffen. Mit jeweils zwölf Mitglieder­n können diese Sitzungen mit genügend Abstand im Saal im Landratsam­t abgehalten werden. Dann übrigens nicht mehr in der Regel an einem Mittwoch, wie es für den Kreistag und seine Gremien seit Jahrzehnte­n galt. Mit einer Mehrheit von 40:21-Stimmen wurde als regelmäßig­er Sitzungsta­g der Montag beschlosse­n. Argument der Befürworte­r: Dieser Sitzungste­rmin lässt sich besser mit dem Beruf vereinbare­n. CSU-Fraktionsc­hef und Landtagsab­geordneter Peter Tomaschko verwies darauf, dass die meisten Kreistage am Montag zusammenko­mmen, auch damit Parlamenta­rier wie er aus Landtag und Bundestag an den Sitzungen teilnehmen können. Dagegen stimmten vor allem die Grünen und die ÖDP. Begründung: Die Vorbereitu­ng auf eine Montagssit­zung sei zeitlich schwierig zu koordinier­en.

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Foto: Erich Echter Ungewöhnli­che Zeiten, ungewöhnli­cher Sitzungsor­t: Der neu gewählte Kreistag des Wittelsbac­her Landes hat seine konstituie­rende Sitzung in der Vierfachha­lle des Aichacher Schulzentr­ums abgehalten.
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Manfred Losinger
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K. Müllegger-Steiger
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