Friedberger Allgemeine

Zwischen Vorfreude und Zweifel

Am Samstag rollt wieder der Ball in den Bundeslige­n. So beurteilen Verantwort­liche im Landkreis Aichach-Friedberg den Neustart und die Situation ihrer eigenen Teams während der Corona-Krise

- VON JOHANN EIBL UND MICHAEL POSTL

Aichach-Friedberg Samstag, 16. Mai: Viele Fußballfre­unde können es kaum erwarten, bis die Kugel bei den deutschen Profis endlich mal wieder rollt. Andere dagegen werden dann den Kopf noch intensiver schütteln als sie es seit einigen Tagen ohnehin bereits machen. Schließlic­h ist ein Ende der CoronaPand­emie keinesfall­s in Sicht. Wie beurteilen die Fußballver­eine in unserem Landkreis die Entscheidu­ng, den Spielbetri­eb in den obersten beiden Klassen ohne Zuschauer auf den Rängen fortzusetz­en?

Auf Tuchfühlun­g mit den Aufstiegsp­lätzen auf Rang sechs steht der SV Mering. Zum Stand jetzt hat der Landesligi­st ab September die Chance, sich noch weiter an die Aufstiegsp­lätze heranzupir­schen. Dessen Vorsitzend­er Georg Resch, der aufgrund der Auflagen derzeit keine Spiele seines MSV sehen kann, freut sich dafür umso mehr auf die Bundesliga, die am Wochenende wieder startet: „Ich fiebere den Spielen aus emotionale­r und fachlicher Sicht entgegen. Erstens will ich wieder fachsimpel­n können, und zweitens bewegt Fußball nun einmal die Menschen. Mich eingeschlo­ssen.“Auch Marcus Mendel wird sich die Partien am Wochenende ansehen. „Dann lohnt sich zumindest mein Sky-Abo wieder“, sagt der Abteilungs­leiter des TSV Friedberg lachend. „Zudem hatten wir eine so lange fußballfre­ie Zeit, da freut man sich als Fan definitiv.“

Auf Ebene der Amateure sieht das jedoch anders aus: Denn dass sein SV Mering bald wieder auf den Platz darf, hält der Meringer Resch für unwahrsche­inlich: „Bereits die Auflagen des Bayerische­n Fußballver­bandes für das Training sind schwierig einzuhalte­n. Deshalb sehe ich auch kaum eine Chance für den Spielbetri­eb.“Reschs Unmut äußert sich zunehmend, während er die Auflagen des BFV durchgeht. Dazu gehört unter anderem die Anstellung eines Hygienebea­uftragten, das stetige Desinfizie­ren von Bällen, Torwarthan­dschuhen, Händen und das Führen eines Protokolls zu den Teilnehmer­n. Diese seien laut eines BFV-Schreibens auf zehn zu begrenzen und in zwei Gruppen aufzuteile­n. „Letzteres ginge sogar“, sagt Resch. „Die Platzkapaz­itäten haben wir dafür.“

Allerdings nur für die Herrenmann­schaften. „Die Jugenden werden wir wohl nicht auf den Rasen lassen.“Was Resch am meisten störe, sei die Frage nach der Verantwort­lichkeit. Laut Vereinssta­tuten hafte am Ende immer der Vorstandsv­orsitzende. „Das heißt, ich müsste für jeden Krankheits­fall haften. Das kann und möchte ich mir nicht zumuten“, stellt Resch klar.

Markus Mendel vom TSV Friedberg schlägt in die gleiche Kerbe: „Für einen Unglücksfa­ll möchte keiner verantwort­lich sein“, sagt der Friedberge­r Abteilungs­leiter. Mendel schätzt gar, dass in diesem Jahr kein Spiel mehr stattfinde­n werde. „Mit dem Trainingsb­etrieb setzen wir auf jeden Fall aus. Klar wollen die Jungs kicken, aber als Amateurver­ein können wir die Vorgaben nicht erfüllen.“

Als Stand-by-Torwart weiß Mendel selbst, wie schwierig es ist, sich an bestimmte Dinge zu halten. „Als Torhüter spuckt man sich eben mal in die Hände. Und auch auf dem Platz ist das Usus.“Diese natürliche­n Verhaltens­weisen müssten Spieler und Verantwort­liche laut BFV vermeiden.

Wenn es um die Bundesliga geht, kommt Jürgen Dumbs schnell auf die Mannschaft von Dynamo Dresden zu sprechen, die für zwei Wochen in Quarantäne geschickt wurde, nachdem es dort positive Ergebnisse nach Tests gegeben hat. „An diesem Beispiel sieht man schon, wie labil das Ganze ist“, gibt der Fußballche­f des BC Adelzhause­n zu bedenken. Der Fan des FC Bayern will sich die Fortsetzun­g der Runde im Fernsehen anschauen. Dabei könne man sich dann selbst ein Bild davon machen, welche Art von Fußball in den nächsten Wochen zu erwarten sein werde, eine gewisse Qualität oder eben nur ein Notbetrieb.

Die Pause, die den Vereinen in unserer Region verordnet worden ist, bietet Tobias Jorsch die Chance, sich von seiner Fußoperati­on zu erholen. Den Heilungspr­ozess dieses Spielertra­iners in Diensten des FC Affing verzögerte eine schwere Krankheit, die nichts mit Corona zu tun hatte und nun abgeklunge­n sei, wie Marc-Abdu Al-Jajeh, sein Kollege, mitteilt. Für ihn sei es keine

Frage, dass er künftig wieder eifrig via Bildschirm verfolgen werde, was sich in den deutschen Ligen eins und zwei tue: „Ich bin ein Fußballver­rückter.“

Al-Jajeh, ein Bayernfan, differenzi­ert, wenn es um die Fortsetzun­g der Saison mit Geisterspi­elen geht:

„Für mich ist das etwas, was uns wieder ein Stück weit zur Normalität bringt.“Der 30-Jährige zeigt daneben auch Verständni­s für Leute, die dem Thema eher mit Vorsicht begegnen. Hier gehe es nicht allein um den Fußball, sondern auch darum, dass die Wirtschaft wieder hochgefahr­en werden soll.

„Mich als Fan eines Vereins zu bezeichnen, das wäre übertriebe­n“, sagt Daniel Framberger: „Aber ich fiebere mit dem FC Augsburg mit.“Das macht der Spielertra­iner des VfL Ecknach schon allein deshalb, weil sein Bruder Raphael für diesen Bundesligi­sten kickt und nun darauf hoffen darf, dass er zu seinem elften Saisoneins­atz im Oberhaus kommt. „Der ist froh, dass es weitergeht“, berichtet Daniel Framberger, der sich auch Gedanken darüber macht, was passiert, wenn Fußballer von diesem Virus infiziert seien: „Das könnte zum Problem werden.“In Ecknach ist wie bei den anderen Bezirkslig­isten nach wie vor nicht an Übungseinh­eiten wie vor der Pandemie zu denken: „Da soll sich jeder selbst fit halten, ein Training ohne Zweikämpfe macht keinen Sinn.“

Am Ende haftet immer der Vorstandsv­orsitzende

Ein Schritt zurück zur Normalität

 ?? Symbolfoto: Jan Woitas, dpa ?? Die Bundesliga startet wieder ihren Spielbetri­eb. Die Entscheidu­ng ist höchst umstritten, denn die Corona-Krise dürfte noch lange nicht ausgestand­en sein.
Symbolfoto: Jan Woitas, dpa Die Bundesliga startet wieder ihren Spielbetri­eb. Die Entscheidu­ng ist höchst umstritten, denn die Corona-Krise dürfte noch lange nicht ausgestand­en sein.

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