Friedberger Allgemeine

Den Menschen vor der Bühne zuhören

- VON FRIDTJOF ATTERDAL lokales@augsburger-allgemeine.de

Wer derzeit wissen möchte, in welcher Verfassung sich ein Großteil der Bevölkerun­g befindet, sollte bei den überall stattfinde­nden Corona-Demos vielleicht weniger auf die Akteure auf der Bühne, sondern mehr auf die Menschen davor achtgeben.

Denn während Bühnen alle Charaktere von Menschen anziehen – von engagierte­n Kämpfern für ihre Sache bis zu manchmal seltsamen Selbstdars­tellern – sind es die Menschen vor der Bühne, die für ihr Anliegen auf die Straße gegangen sind. Und das sind im Fall der Corona-Demos meistens Bürger wie du und ich. Menschen, die vor den Scherben ihrer Existenz stehen, die nicht mehr weiterwiss­en, sich Sorgen machen oder einfach Angst haben.

Nicht jeder, der sich vor Zwangsimpf­ungen fürchtet, ist ein Verschwöru­ngstheoret­iker. Kaum einer, der die Maskenpfli­cht für Unsinn hält, der glaubt, der Lockdown schade mehr, als dass er nützt, ist per se verantwort­ungslos oder will gar die Gesellscha­ft umstürzen. Die (Augsburger) Politiker täten gut daran, sich mit den Menschen vor der Bühne auseinande­r zu setzen. Sie pauschal, wie geschehen, als „ignorante, lauthalse und rücksichts­lose Minderheit“zu benennen, treibt einen Keil in die ohnehin verunsiche­rte Stadtgesel­lschaft.

Auch die Gegendemon­stranten, die zurecht kritisiere­n, man könne nicht mit Rechtsradi­kalen für die Freiheit demonstrie­ren, haben nur halb recht. Denn demonstrie­rt hat ein verunsiche­rter Teil der Augsburger Gesellscha­ft. Die Rechten und Verschwöru­ngstheoret­iker haben sich der Demonstrat­ion angeschlos­sen – das ist nicht gut, macht das Anliegen der Mehrheit aber nicht falsch.

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