Weizsäcker: Opfer eines Kranken?
Prozessauftakt gegen Messer-Angreifer
Berlin Kaum begonnen, schon vorbei: Ganze sieben Minuten dauert der Auftakt des Prozesses um die tödliche Messerattacke gegen Fritz von Weizsäcker, jüngster Sohn des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, am Dienstag in Berlin. Auf den Tag genau sechs Monate zuvor soll ein 57-Jähriger den 59-jährigen Chefarzt aus Hass erstochen und einen Polizisten, der dazwischenging, schwer verletzt haben. Der Angeklagte will sich zu den Vorwürfen äußern. Doch das geht nicht, weil der psychiatrische Sachverständige verhindert ist.
In dem Prozess geht es auch um die Schuldfähigkeit des Angeklagten aus Andernach in Rheinland-Pfalz. Mord an dem Mediziner sowie versuchter Mord an dem Polizisten werden ihm vorgeworfen. Der Angreifer habe von Weizsäcker heimtückisch und aus niederen Beweggründen getötet, heißt es in der Anklage. Die Staatsanwaltschaft geht bislang davon aus, dass der Mann bei den Taten psychisch krank gewesen sei – sie hält den ledigen Deutschen für vermindert schuldfähig. Der frühere Packer in einem Logistikzentrum lässt sich vor Beginn der Verhandlung fotografieren; er will offensichtlich erkannt werden. In seiner Box aus Panzerglas im Landgericht Berlin wirkt er hager.
Ihm gegenüber haben Beatrice von Weizsäcker – die Schwester des toten Arztes – sowie der damals verletzte Polizist Platz genommen. Sie sind zwei der vier Nebenkläger. Zwei Kinder im Teenageralter werden von Anwalt Roland Weber vertreten. Sie seien schwer getroffen, sagt Weber am Rande. „Sie haben ihren Vater von einer Sekunde auf die andere verloren.“Fritz von Weizsäcker, Chefarzt für Innere Medizin an der Schlosspark-Klinik in Berlin-Charlottenburg, wurde am Abend des 19. November 2019 bei einem Vortrag in der Klinik getötet. Der Prozess wird am 26. Mai fortgesetzt.