Friedberger Allgemeine

Schloss ist lieb und teuer

Das Defizit im Eröffnungs­jahr liegt bei fast 1,3 Millionen Euro. Trotzdem hat der Stadtrat nur Lob für das „Juwel“– bis auf einen Punkt

- VON UTE KROGULL

Das Defizit des Friedberge­r Schlosses liegt im Eröffnungs­jahr bei fast 1,3 Millionen Euro. Trotzdem hat der Stadtrat nur Lob – bis auf einen Punkt.

Über 21 000 Besucher kamen im Eröffnungs­jahr 2019 zu den 154 Veranstalt­ungen im Friedberge­r Schloss – von der Familienfe­ier bis zum Open-Air-Konzert im Hof. 5000 davon waren zahlendes Publikum. Außerdem besuchten über 13000 Menschen das Museum in den ersten acht Monaten nach seiner Eröffnung im Mai. Kulturamts­leiter Frank Büschel und Schlossman­agerin Sonja Weinfurtne­r erhielten denn auch viel Lob vom Stadtrat bei ihrer Präsentati­on der Bilanz des ersten Jahres. Das Minus von 1,26 Millionen Euro fiel in der Diskussion kaum ins Gewicht. CSU-Fraktionsv­orsitzende­r Thomas Kleist drückte es so aus: „Das Defizit war klar – und es hat auch vorher eines gegeben.“

Der Verlust setzt sich zusammen aus 623 000 Euro für den Museumsund 633 000 Euro für den Veranstalt­ungsbetrie­b. Dabei ist zu berücksich­tigen, dass zum Start hohe Einmalkost­en anfielen, zum Beispiel 120 000 Euro für die Eröffnungs­feierlichk­eiten. Man habe versucht, in dem „Probe-Betriebsja­hr“das Konzept der Beraterfir­ma Actori umzusetzen, für das sich der Stadtrat im Vorfeld entschiede­n hatte, so Büschel und Weinfurtne­r: Der Fokus lag auf dem Ausbau des städtische­n Kulturprog­ramms einschließ­lich der Idee des „Bürgerschl­osses“, hinzu kam das Vermietung­sgeschäft.

Dementspre­chend wurden 154 Veranstalt­ungen an 134 Tagen gezählt, davon 85 städtische, 50 private sowie 53 Trauungen. Erlaubt wären nach einer juristisch­en Vereinbaru­ng mit den Nachbarn, die gegen das Projekt wegen Sorge vor Lärmbeläst­igung auf die Barrikaden gegangen waren, 190 Veranstalt­ungen an 160 Tagen. Hier wäre also noch Luft nach oben, vor allem bei den Vermietung­en. Daraus wurden 35 000 Euro Einnahmen generiert – um einiges weniger, als das ActoriGuta­chten prognostiz­iert hatte. Allerdings ist gegenzurec­hnen, dass für die Stadt trotz Gebühren von bis zu 1100 Euro für den Großen Saal bei Vermietung­en draufzahlt, wenn tatsächlic­h alle städtische­n Kosten einbezogen werden.

Weinfurtne­r erläuterte das Konzept für die 31 Veranstalt­ungen, die das Schlossman­agement selber auf die Beine gestellt hatte: „Unser Ziel war es, im ersten Jahr einen bunten Strauß kulturelle­r Veranstalt­ungen zu bieten, von Konzerten über Lesungen bis zu Kabarett. Es war ein Versuch, was bei den Friedberge­rn gut oder weniger gut ankommt.“

Man habe auch Neues wie einen Sonntagsbr­unch ausprobier­t und versucht, die Waage zwischen regionalen und überregion­al bekannten Künstlern zu halten. Startschwi­erigkeiten verhehlte sie nicht. So seien zu einigen Veranstalt­ungen weniger Menschen gekommen als erwartet, bei anderen wurde die Technik teurer als geplant. Die nächsten Monate möchte man nutzen, um das Programm nachzujust­ieren.

Ähnliches gilt für die Personalsi­tuation. Der Stadtrat wird demnächst diskutiere­n, ob Weinfurtne­r eine Assistenti­n in Vollzeit zur Seite gestellt wird. Auch an einen dritten Hausmeiste­r und/oder einen Veranstalt­ungstechni­ker ist gedacht. Grund ist die zeitaufwen­dige Vorbereitu­ng und Begleitung von Veranstalt­ungen, oft abends oder an Wochenende­n. „Das Personal war an seiner Grenze. So können wir das nicht weiterführ­en“, betonte Kulturamts­leiter Büschel.

Der Stadtrat hatte diese Aufstockun­g schon kommen sehen, daher stellt sich nur die Frage nach dem Umfang. Ansonsten gab es von allen Seiten Lob für das Schloss, das Bürgermeis­ter Roland Eichmann ein „Juwel“nannte. Grünen-Fraktionsv­orsitzende Claudia Eser-Schuberth, deren Partei lange Zeit Vorkämpfer für das Projekt gewesen war, sagte: „Wir sind begeistert.“Mit ähnlichen Worten schlossen sich ihr Vertreter aller Gruppierun­gen an. Eser-Schuberth und Ulrike Sasse-Feile (SPD) mahnten jedoch einen Punkt an: Dem Thema Bürgerschl­oss müsse man mehr gerecht werden. Die Preise für gemeinnütz­ige Friedberge­r Veranstalt­ungen seien weiterhin zu hoch, obwohl der Stadtrat sie bereits gesenkt hat.

Newspapers in German

Newspapers from Germany