Dieses Minus ist ein Gewinn
Die Sanierung des Schlosses und seine Umgestaltung zu einem Kulturzentrum haben Politik und Stadtgesellschaft in Friedberg jahrelang gespalten. Inzwischen ist die Kritik in überschwängliches Lob umgeschlagen. Die stimmige Architektur, die Verbindung von Museum, Veranstaltungsbetrieb und Café, das liebevoll zusammengestellte Programm: All das überzeugt. Und hat seinen Preis. Die Kosten stiegen von 20 auf geschätzt 24 Millionen – eine exakte Schlussrechnung liegt wegen Streitigkeiten mit Firmen noch nicht einmal vor. Langfristig schwerer wiegt das jährliche Defizit. Fast 1,3 Millionen betrug es im Eröffnungsjahr. Soll sich Friedberg das leisten, gerade jetzt, wo keiner absehen kann, wie sich die Finanzsituation entwickelt? Die Antwort muss ja lauten. Das Schloss ist ein Ort geworden, der weit und breit seinesgleichen sucht. Wichtiger noch als die Außenwirkung ist die Strahlkraft nach innen, in die Bürgerschaft hinein. Damit wäre einmal mehr der Punkt „Bürgerschloss“erreicht.
Ein Bürgerhaus im herkömmlichen Sinn ist es nicht geworden, so eröffnen sich wohl eher einmal im Trinkl-Anwesen Möglichkeiten. Durch die moderaten Eintrittspreise plus kostenfreie Veranstaltungen (welche die Stadt bewusst auf Kosten ihrer Einnahmesituation in Kauf nimmt) wurde es jedoch trotzdem ein Ort für alle Bürger. Allerdings ist das Thema ausbaufähig. Der Kulturamtsleiter Frank Büschel zeigte sich überrascht, dass in einem Jahr nur neunmal der „BürgerschlossTarif“in Anspruch genommen wurde. Angesichts trotz Ermäßigung happiger Kosten ist dies kein Wunder. Hier sollte sich der Stadtrat noch etwas einfallen lassen. Die daraus resultierenden Mindereinnahmen fallen bei 1,3 Millionen nicht so stark ins Gewicht wie die Chancen, die entstehen, wenn Friedberger ihr Schloss verstärkt selber bespielen.