Tierschutz
Kevin Harris: Der Retter der Welpen
München Welpen ausgesetzt, Welpen tot gefunden – diese traurigen Meldungen gibt es immer wieder. Kevin Harris will genau das verhindern. Er will verhindern, dass Menschen über eine gewisse Grenze gehen und etwas Schreckliches tun. Und ja, er will auch Leben retten. Hundeleben. Kevin Harris aus München will einem kleinen Wesen die Chance auf ein neues Leben ermöglichen – und gründete daher in München eine Welpenklappe.
Die Welpenklappe feiert in diesem Jahr ihren zehnten Geburtstag. „2010 hatte ich die Idee und habe die Klappe installiert“, erzählt Harris, der in Irland aufwuchs, mit britischem Akzent. Die Welpenklappe funktioniert ganz ähnlich wie eine Babyklappe. Menschen, die sich aus verschiedenen Gründen wie Krankheit, Überforderung oder Geldnot, nicht mehr um ihren Welpen kümmern können oder wollen, können das Tier in der Klappe abgeben. „Ich möchte verhindern, dass Leute in ihrer Not ein Tier aussetzen oder im schlimmsten Fall einfach beseitigen.“Harris garantiert den Menschen Anonymität, Hilfe und verspricht, ihnen keine Vorwürfe zu machen. „Ich bin einfach dankbar, dass sie mir vertrauen und sie in ihrer Not zu mir kommen.“
Seit Harris die Welpenklappe – die in einem alten Lastenfahrrad untergebracht ist – vor zehn Jahren installiert hat, wird „bestimmt jeden Monat ein kleiner Hund dort abgegeben“, schätzt Harris. Viele sind nicht überlebensfähig, zu jung, zu krank oder haben die viel zu frühe Trennung von der Mutter nicht verkraftet, erzählt der Münchner. „Das nimmt einen manchmal ganz schön mit, damit muss man auch umgehen können.“
Harris hat sich deshalb ein Lastenfahrrad ausgesucht, damit er mobil sein kann. Wenn jemand um Hilfe bittet, kann er jederzeit mit der Klappe an einen Ort kommen – und die Menschen können dort den Welpen anonym übergeben. Von außen sieht die Welpenklappe vielleicht ein bisschen unscheinbar aus, im Inneren ist sie dafür mit allerlei Technik ausgestattet. Zum Beispiel mit einem Bewegungsmelder, der Harris sofort benachrichtigt, wenn ein Hund abgelegt wurde. Und einer Kamera, die ihm Bilder aus dem Inneren der Box schickt. „Wenn ich die Benachrichtigung bekomme, dann muss ich innerhalb einer Stunde an der Klappe sein, um den Welpen in Empfang zu nehmen.“So hat der Münchner es vor zehn Jahren mit dem Veterinäramt vereinbart, um eine offizielle Erlaubnis für seine Idee zu bekommen. Die Klappe sei außerdem TÜV-geprüft. Harris ist ausgebildeter Hundetrainer und hat eine Ausbildung für die Aufzucht von Welpen absolviert. „Ich wollte damals einfach, dass bei diesem Projekt wirklich alles seine Richtigkeit hat.“Wenn er einen Hund in seine Obhut nimmt, dann geht er mit ihm immer als erstes zum Tierarzt, sagt er: „Der Gesundheitszustand ist das Wichtigste. Man weiß ja nicht, was für Krankheiten oder Seuchen das Tier hat. Da habe ich auch eine soziale Verantwortung gegenüber meinen Mitmenschen.“Wenn das Tier gecheckt beziehungsweise wieder gesund ist, dann nimmt Harris es mit zu sich nach Hause. „Jedes Tier ist bei mir ein willkommener Gast. Aber nur ein Gast.“Denn jeder Hund soll irgendwann ein eigenes Zuhause und eine Familie bekommen und vermittelt werden. Deshalb trainiert Harris intensiv mit den kleinen Hunden, sobald sie bei ihm eingezogen sind. Zehn Punkte stehen auf seiner Liste, die die Tiere später können müssen. Zum Beispiel links und rechts gehen, alleine bleiben, warten, ohne Probleme frei laufen, Sachen hochheben, Schlüssel finden, Dinge bringen oder sogar aufs Kommando Häufchen machen. „Ich mag die Idee, dass die Hunde später vielleicht mal bei einem Rollstuhlfahrer leben und diesen im Alltag unterstützen könnten. So kann ich der Gesellschaft ein bisschen was zurückgeben.“
Die Welpenklappe finanziert sich über einen Verein. Darüber hinaus gibt Harris als Hundetrainer Kurse – momentan allerdings nur auf Abstand. „Ich biete zum Beispiel einen Kurs für Menschen, die sich überlegen, sich einen Hund zu holen. Ich zeige ihnen, auf was sie sich einstellen müssen und was für eine große Verantwortung das ist.“Während der Corona-Krise hätten viele Menschen Angst, seien einsam und wünschen sie einen besten Freund, erzählt Harris. Und legen sich dann eben einen jungen Hund zu.
Das Gleiche berichtet auch Udo Kopernik vom Verband für das deutsche Hundewesen. „Es gibt Nachfrage ohne Ende.“Einige Züchter berichten von Wartelisten im dreistelligen Bereich für einzelne Würfe. Kevin Harris rät zur Vorsicht: „Viele Leute wissen nicht, wie sehr sich das Leben mit einem Hund ändert. Man braucht Zeit, Geduld und muss den Dreck vertragen. Das ist nicht wie ein Film, der nach eineinhalb Stunden aus ist.“
Aber wenn die Menschen bereit für diesen Schritt seien, dann ist Harris, der selbst mit vielen Tieren aufgewachsen ist, begeistert. Ein Hund bringe einfach positive Energie in das Leben – gerade in diesen schweren Zeiten. „Und wer überhaupt nicht klar kommt, kann sich bei mir melden. Ich bin immer da für die Menschen in Not.“
Immer da, ist aber nicht nur Kevin Harris. Immer da für Tiere und ihre Halter sind auch Sabina Gassner und ihr Team im Augsburger Tierheim. Für die Geschäftsführerin des Tierschutzvereins Augsburg ist die Welpenklappe eine Alternative, bevor jemand die jungen Hunde einfach aussetzt. Allerdings würde sie sich wünschen, dass Harris mit einem Tierschutzverein zusammenarbeitet. Auch kann sie nicht nachvollziehen, dass Menschen so wenig Verantwortungsbewusstsein haben, und die Tiere nicht wenigstens an
Er garantiert Anonymität
Auch im Tierheim wird Haltern immer geholfen
eine Stelle geben, an der sie professionell aufgenommen und weiter vermittelt werden. Auch wenn es dort Geld koste. „Das ist doch wirklich das Mindeste, was ich von einem Menschen erwarten kann.“Zumal es sehr wichtig sei, dass man für die Weitervermittlung etwas über der Biografie der Tiere wisse.
Auch im Tierheim müssten sich die Halter keine Vorwürfe anhören, betont Gassner. Allerdings kann es passieren, wenn alle Plätze belegt sind, dass es ein paar Tage dauert, bis die Welpen abgegeben werden können. Könne wirklich nicht länger gewartet werden, finde man auch im Tierheim eine Lösung. Gassner kennt kein Tierheim, das Welpen ablehnt, zumal die Hundebabys, nachdem sie ärztlich untersucht und geimpft worden sind, leicht wieder vermittelt werden können.