Friedberger Allgemeine

Grillen ohne Gewissensb­isse

Ob Steak, Würstchen oder Gemüsespie­ße: Grillen gehört im Sommer zu den liebsten Freizeitbe­schäftigun­gen der Deutschen. Häufig hat das Vergnügen aber negative Folgen für die Umwelt. Doch nachhaltig­es Genießen ist möglich

- VON HARALD CZYCHOLL

Augsburg Die Würstchen brutzeln auf dem Grill, die Nachbarn sind zu Besuch und die Gartenpart­y kann beginnen: Wenn der Sommer kommt, wird der Grill angeworfen und die tägliche Hauptmahlz­eit nach draußen verlegt. Das ist eine Art Reflex hierzuland­e, wo die Zubereitun­g von Fleisch und auch Gemüse über dem offenen Feuer zu den liebsten Freizeitbe­schäftigun­gen der Menschen zählt. Mitunter leidet aber die Umwelt – dabei ist nachhaltig­es Grillen gar nicht so schwer. Die wichtigste­n Tipps:

Beim Kauf von Grillkohle muss man vorsichtig sein: Mitunter steckt in den Kohlesäcke­n Tropenholz aus illegalen oder ungeklärte­n Quellen, ergab eine Untersuchu­ng der Stiftung Warentest im vergangene­n Jahr. Sicherheit verspreche­n die freiwillig­en Siegel PEFC und FSC, die mit ihren Vorgaben teilweise über die Regulierun­gsmaßnahme­n der EU-Gesetze hinaus gehen, vor allem aber über die Vorschrift­en vieler anderer Länder. Die Siegel garantiere­n zudem eine gute Behandlung der Menschen, die mit dem Wald zu tun haben. Auch das Naturland-Label ist aus Sicht der Stiftung Warentest empfehlens­wert. Wer zudem schadstoff­arm produziert­e Ware einkaufen möchte, kann sich am Siegel DIN EN 1860-2 orientiere­n. Alternativ gibt es Briketts aus Abfallprod­ukten wie Olivenkern­en, Kokosnusss­chalen oder Bambus. Altholz, Nadelbaumz­weige oder Papier gehören jedoch nicht in den Grill, denn sie können beim Verbrennen krebserreg­ende Stoffe freisetzen.

● Herkunft der Grillkohle ● Mehrweg- statt Einweggril­l

Klar, so ein Einweggril­l hat einige handfeste Vorteile: Er ist leicht zu transporti­eren, günstig und praktisch für Gelegenhei­tsgriller. Für die Umwelt hat er jedoch auch viele Nachteile: Ein hoher Energieauf­wand für die Produktion steht dem einmaligen Einsatz gegenüber, bevor das Produkt schon wieder auf dem Müll landet. „Mehrweggri­lls sind da deutlich nachhaltig­er“, betont Jonas Weinknecht, Umweltund Klimaschut­zexperte bei der Ergo Versicheru­ngsgruppe. „Ob Holz-, Elektro- oder Gasgrill ist dabei Geschmacks­frage.“Wer doch mal zum Einwegmode­ll greifen möchte, der kann auch auf biologisch abbaubare Modelle aus Holz oder Pappe zurückgrei­fen.

● Wachs-Anzünder statt Chemie

Auch der richtige Grillanzün­der ist wichtig für die Umweltvert­räglichkei­t des Grillabend­s. Schlechte Grillanzün­der sind ein Graus – sie sind nicht nur schlecht für die Umwelt, sondern sie stinken auch. Das Ganze setzt sich in die Grillkohle ab, deren Dämpfe wiederum ins Fleisch ziehen. Das ist weder lecker noch gesundheit­sförderlic­h. Anstelle von chemischen Anzündern sei es besser, Kaminanzün­der aus in Wachs getränkter Holzwolle zu verwenden, rät Umweltexpe­rte Weinknecht. Nachhaltig­e Alternativ­en sind flüssige Grillanzün­der auf Pflanzenba­sis. Sie lassen sich ebenfalls am FSC-Siegel erkennen. Grillprofi­s entzünden die Kohle mitunter auch mit einem kleinen Glasflamm

wie man es auch beim Flambieren benutzt. So etwas hat aber nicht jeder zu Hause herumliege­n. ● Umweltfreu­ndliches Zubehör Plastiktel­ler und -besteck sowie Aluschalen gehören für viele Menschen immer noch zur StandardGr­illausrüst­ung. Es geht aber auch umweltfreu­ndlicher: Mit gusseisern­en Pfannen kann man die Aluschalen ersetzen. Geschirr aus gepressten Palmblätte­rn ist eine nachhaltig­e Alternativ­e zum üblichen Wegwerfges­chirr – es ist abwaschbar und robust genug, um mehr als eine Grillparty zu überstehen, und landet dann, wenn es irgendwann unansehnli­ch wird, in der Biotonne oder auf dem Kompost. Und wer auch bei den Grillspieß­en auf Nachhaltig­keit achten möchte, sollte Artikel

mit dem FSC-Siegel kaufen oder am besten gleich auf wiederverw­ertbare Metallspie­ße zurückgrei­fen.

● Regionale Lebensmitt­el

Beim Grillgut gilt, möglichst saisonal und regional einzukaufe­n, um lange Transportw­ege zu vermeiden. Nicht zuletzt angesichts der jüngsten Skandale in der Fleischind­ustrie ist es grundsätzl­ich besser, das Fleisch frisch beim Metzger anstatt beim Discounter zu kaufen. Da bei der Fleischpro­duktion viel klimaschäd­liches CO2 freigesetz­t wird, sollten zudem auch die Beilagen nicht zu kurz kommen: Gemüse macht sich bei einem Grillabend nicht nur in Form von bunten Salaten gut, sondern schmeckt auch gefüllt und gegrillt. Wer gerne Fisch grillt, sollte beim Kauf auf das MSCgerät,

Siegel achten, das für nachhaltig­e Fangmethod­en steht.

● Müll wegräumen

Wer in der freien Natur grillt, sollte den Platz so verlassen, wie er davor aussah. Das bedeutet, alle Reste und Verpackung­en wieder mitzunehme­n und richtig zu entsorgen. Das ist bei Glasflasch­en wichtig, denn unter Sonneneins­trahlung können Flaschen und Glasscherb­en wie eine Brennlupe wirken, ausgetrock­nete Gräser, Reisig und Hölzer entzünden und so Waldbrände auslösen. Darauf weist der Landesbetr­ieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen hin. Die kalte Asche gehört entweder in den Restmüll oder auf den Komposthau­fen. Und übrig gebliebene­s Grillgut schmeckt auch am nächsten Tag noch.

 ?? Foto: TwilightAr­tPictures, stock.adobe.com ?? Wachsgeträ­nkte Kaminanzün­der eignen sich gut als „Starthilfe“fürs Grillen und sind besser als Chemie. Vor allem: Spiritus, Benzin und Co. haben am Grill nichts verloren.
Foto: TwilightAr­tPictures, stock.adobe.com Wachsgeträ­nkte Kaminanzün­der eignen sich gut als „Starthilfe“fürs Grillen und sind besser als Chemie. Vor allem: Spiritus, Benzin und Co. haben am Grill nichts verloren.

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