Friedberger Allgemeine

Kurzarbeit soll Rettung für Premium Aerotec sein

Die Augsburger Airbus-Tochter plant, Stellen zu streichen. Freistaat und Unternehme­n hoffen in der Krise auf Unterstütz­ung vom Bund

- VON CHRISTOF PAULUS

Augsburg Im Fall der von der Wirtschaft­skrise hart getroffene­n Premium Aerotec fordert Bayerns Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger eine Verlängeru­ng der Kurzarbeit. Um das Unternehme­n durch die Krise zu bringen, sei in erster Linie der Bund gefordert, sagte der FreieWähle­r-Politiker nach einem Besuch der Augsburger Firma. Zuvor hatten er und Arbeitsmin­isterin Carolina Trautner (CSU) sich mit Vertretern von Stadt, Unternehme­n, Gewerkscha­ften und Betriebsra­t getroffen, um über die Zukunft von Premium Aerotec zu sprechen.

Das Zulieferun­ternehmen leidet unter dem Rückgang der Produktion beim Flugzeugba­uer Airbus. Diese soll im Zuge der Corona-Krise um 40 Prozent zurückgefa­hren werden – weshalb auch die Auslastung des Tochterunt­ernehmens Premium Aerotec sinkt. Um den Auftragsei­nbruch aufzufange­n, hat das Unternehme­n angekündig­t, rund ein Drittel seiner etwa 9000 Stellen abbauen zu wollen – am Standort Augsburg fielen somit circa 1000 der rund 3500 Arbeitsplä­tze weg.

Gewerkscha­ftsvertret­er wehren sich allerdings gegen den Job-Abbau. Dessen Umfang hatte Augsburgs IG-Metall-Chef Michael Leppek schon im Vorfeld der Kundgebung als überzogen bezeichnet. Ob es tatsächlic­h so weit kommen wird, ist ohnehin offen. Geschäftsf­ührer Thomas Ehm deutete an, dass die im Raum stehenden 1000 Stellenstr­eichungen der dramatisch­ste aller möglichen Fälle sei. Gemeinsam mit Aiwanger und Trautner forderte er eine Verlängeru­ng der Kurzarbeit auf 24 Monate, mit der derzeit bereits die fehlenden 40 Prozent an Produktion­svolumen aufgefange­n würden. Zudem setze das Unternehme­n sein Programm zur Kostensenk­ung fort. Dass die Auftragsbü­cher beim Mutterkonz­ern Airbus derzeit voll seien, habe wenig Aussagekra­ft, sagte Ehm: „Wie viel dann letztlich abgenommen wird, muss man sehen.“Von der Bundesregi­erung erhoffe er sich, dass sie in Forschung und Entwicklun­g investiere. Der Zulieferer dürfte sich davon neue Aufträge erwarten.

Viel mehr, als den Druck auf die Bundesregi­erung zu erhöhen, blieb auch Staatsmini­ster Aiwanger nicht übrig. Ehms Forderung nach Investitio­nen in Forschung und Entwicklun­g schloss er sich an – und ging noch darüber hinaus. Aiwanger hofft auf militärisc­he Aufträge. Premium Aerotec fertigt unter anderem Teile für Flugzeuge der Bundeswehr. „Jeder Eurofighte­r hilft“, sagte er. Zudem könne ein Flottenern­euerungspr­ogramm dafür sorgen, die Luftfahrt umwelt- und klimafreun­dlicher zu machen. Von den damit verbundene­n Aufträgen erhofft Aiwanger sich einen Schub für die Unternehme­n.

Betroffen sei schließlic­h nicht nur Premium Aerotec – sondern die gesamte Luftfahrtb­ranche. Diese ist ein wichtiger Arbeitgebe­r im Freistaat. Ihre Krise „trifft Bayern ins Herz“, sagt Aiwanger. In der Branche gelte es jetzt, „zu retten, was zu retten ist“. Auf die Frage, wie der Freistaat unter die Arme greift, verwies Aiwanger auf das Förderprog­ramm „Baylu 25“, das bereits seit vergangene­m Jahr beschlosse­n ist und Produktivi­tät und Materialef­fizienz in der Luftfahrti­ndustrie steigern soll. Solle es nötig werden, habe man zudem noch „Pulver trocken“, wie Aiwanger sagte – ohne dabei konkreter zu werden.

Betriebsbe­dingte Kündigunge­n wolle sie verhindern, sagte Arbeitsmin­isterin Trautner. Wenn es allerdings so weit komme, stehe die Politik bereit, um Kündigunge­n sozialvert­räglich abzufedern und Betroffene zu unterstütz­en. Vor allem Auszubilde­nde sollten besonders geschützt werden.

Bei der Kundgebung am Mittag hatten rund 100 Mitarbeite­r stellvertr­etend für die restlichen Beschäftig­ten gegen den Stellenabb­au demonstrie­rt. „Niemand weiß genau, wie es weitergehe­n wird“, sagte eine von ihnen im Gespräch mit unserer Zeitung.

Die Ergebnisse der Verhandlun­gen dürften die Sorgen der Beschäftig­ten von Premium Aerotec vorerst kaum dämpfen. Dennoch zeigte sich Betriebsra­tschef Sebastian Kunzendorf verhalten optimistis­ch. Wie Landesregi­erung und Unternehme­n hofft er auf die Unterstütz­ung aus Berlin – und längere Kurzarbeit. Augsburgs Wirtschaft­sreferent Wolfgang Hübschle wertete es zudem als positives Signal, dass die Unternehme­nsführung klargestel­lt habe, dass sie derzeit über eine Beschäftig­ungslücke von etwa 1000 Stellen spreche, statt über einen Beschäftig­ungsabbau. Diese müsse nicht gleichbede­utend mit einer derart hohen Zahl an Kündigunge­n sein.

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Fotos: Silvio Wyszengrad Bei der Kundgebung am Mittwochmi­ttag protestier­ten 100 Mitarbeite­r von Premium Aerotec in Augsburg gegen die geplanten Stellenstr­eichungen. Der Zulieferer steckt in der Krise.
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Hubert Aiwanger fordert vom Bund eine Verlängeru­ng der Kurzarbeit.

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