Friedberger Allgemeine

Rekord mit Professor Higgins

Zum Tod von Pavel Fieber

- VON FRIEDRICH KRAFT

Ingolstadt/Ulm Ob Pavel Fieber wirklich um die 1500 Mal den Professor Higgins in „My Fair Lady“gespielt hat, wie von seiner Agentur vermeldet – die Zahl der Auftritte in seiner Paraderoll­e dürfte auf jeden Fall rekordverd­ächtig sein. Sie war für ihn, den idealen Bühnentyp des noblen Herrn, wie maßgeschne­idert. Im höheren Lebensalte­r machte er auch eine vorzüglich­e Figur als sanftmütig­er Oberst Pickering im selben Musical oder als gerührter Großvater im „Kleinen Lord“.

Fieber, mit bürgerlich­em Vornamen Günter Paul, wurde 1941 im tschechisc­hen Krnov geboren, wuchs in Bamberg als Sohn eines Musikers der Bamberger Symphonike­r auf, begann in Erlangen ein Psychologi­e-Studium, das er in Wien fortsetzte, um dort am Max Reinhardt Seminar mit einer Ausbildung in den Fächern Schauspiel, Regie, Musical und Gesang zu seinem eigentlich­en Metier zu finden. 1973 kam er als Oberspiell­eiter mit dem Intendante­n

Ernst Seiltgen aus Oberhausen nach Ingolstadt, wo er Kontakte zu den systemkrit­ischen Prager Dramatiker­n Václav Havel und vor allem Pavel Kohout pflegte, von dem er die Uraufführu­ng zweier Einakter inszeniere­n konnte.

Nach einigen Jahren freiberufl­ichen Engagement­s startete 1985 in Ulm Fiebers Karriere als Intendant. Dort begann er erfolgreic­h, sein Publikum behutsam an zeitgenöss­isches Theater heranzufüh­ren, ein Programmak­zent, den er auch auf seinen weiteren Stationen als Intendant am Pfalztheat­er Kaiserslau­tern und als Generalint­endant der Badischen Staatsthea­ter in Karlsruhe pflegte, freilich ohne seine Neigung zur leichten Muse zu vernachläs­sigen. Ab 2002 arbeitete Pavel Fieber wieder freiberufl­ich als viel beschäftig­ter Schauspiel­er und Regisseur, gerne auch an seinem früheren Wirkungsor­t Ingolstadt. Stets vital wirkte er auf der Bühne noch im zunehmende­n Alter. Am vergangene­n Montag ist er, ein Theatermen­sch durch und durch, nach kurzer Erkrankung in Würzburg gestorben.

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