Ein Dach soll zu vier Häusern werden
Gutachten Welche Umwandlung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz bevorstehen könnte
Berlin Wird die Stiftung Preußischer Kulturbesitz als größte Kulturinstitution des Landes in Einzelteile zerlegt? Nach zwei Jahren Untersuchung steht die von Bund und Ländern getragene Dachorganisation zahlreicher Museen und Bibliotheken vor der Auflösung. Der Wissenschaftsrat empfiehlt, wie gestern bereits gemeldet, eine Auflösung der Preußenstiftung.
Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD festgeschrieben, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz „strukturell an die Anforderungen eines modernen Kulturbetriebs mit internationaler Ausstrahlung“anzupassen. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) beauftragte entsprechend den Wissenschaftsrat mit der Evaluation, der Bund und Länder in Fragen inhaltlicher und struktureller Entwicklung von Wissenschaft, Forschung und Hochschulen berät.
Zur Stiftung mit rund 2000 Mitarbeitern gehören die Staatlichen Museen zu Berlin, deren 15 Sammlungen mit 4,7 Millionen Objekten an 19 Standorten präsentiert werden, die Staatsbibliothek, das Geheime Staatsarchiv, das Ibero-Amerikanische Institut und das Staatliche Institut für Musikforschung. Der Etat der 1957 gegründeten Stiftung sieht für das Jahr 2020 fast 336 Millionen
Euro an Ausgaben vor. Neben Einnahmen, Drittmitteln und Spenden kommen nach einer Vereinbarung von 1996 die Mittel für einen Sockelbetrag von etwa 123 Millionen Euro von Bund (75 Prozent) und Ländern (25 Prozent). Der Länderanteil wird jenseits des Sockels vom Land Berlin gesichert.
Die Museen besuchten im vergangenen Jahr fast 4,2 Millionen Menschen, davon allein knapp 3,1 Millionen die Häuser der Museumsinsel wie das Pergamonmuseum, die Alte Nationalgalerie oder das Neue Museum mit der Nofretete. Die Staatsbibliothek verzeichnete 887 000 Besuche.
Das Gutachten sieht vor, vier eigenständige Organisationen zu gründen für Staatliche Museen (mit Institut für Musikforschung), Staatsbibliothek, Geheimes Staatsarchiv und das Ibero-Amerikanische Institut. Dafür soll es jeweils eine unabhängige Leitung mit Personalund Budgetverwaltung geben. Erwartet wird dadurch mehr Effizienz und Eigenständigkeit. Die wissenschaftliche Kommission empfiehlt zudem, die föderale Struktur weitgehend aufzulösen. Der Bund soll Staatsbibliothek, Staatsarchiv und Ibero-Amerikanisches Institut tragen. Die Staatlichen Museen sollen Bund und Berlin finanzieren. Die Gesamtzuständigkeit läge weiterhin beim Bund.
Gleichzeitig fordert der Wissenschaftsrat die künftig nicht an der Finanzierung beteiligten Länder „mit allem Nachdruck auf, die frei werdenden Mittel für andere gesamtstaatliche Aufgaben im Kulturbereich zu verwenden“.
Für die 278 Seiten umfassenden Empfehlungen wurden die Leitungsund Finanzstruktur der Stiftung untersucht sowie die Funktionsfähigkeit der Museen, Archive und Bibliotheken analysiert. Einige Pläne des Wissenschaftsrates werden jedoch vielleicht nicht realisiert. „Möglicherweise werden nicht alle Empfehlungen 1:1 umgesetzt werden können“, sagte Grütters in Berlin. Zu Einzelheiten wolle sie sich nicht äußern, bevor das Gutachten nicht vom Wissenschaftsrat verabschiedet worden sei. Für den kommenden Montag hat der Wissenschaftsrat eine Pressekonferenz angekündigt, an der auch Grütters und Stiftungspräsident Hermann Parzinger teilnehmen sollen.