Jubeln mit Abstand
Wenn die Bundesliga wieder startet, könnten Fans wieder im Stadion dabei sein. Die Rückkehr der Anhänger wäre an Bedingungen geknüpft. Dagegen gibt es auch Widerstand
Frankfurt am Main Die Zeit der Bratpfannen- und Koffer-Trommeln soll bald der Vergangenheit angehören. Schon zu Beginn der neuen Saison in der Fußball-Bundesliga könnten wieder Fans statt Vereinsmitarbeiter in den Stadien für lautstarke Unterstützung sorgen. Die DFL arbeitet mit dem Gesundheitsministerium an Leitlinien für das Ende der Geisterspiele. In Sachsen gibt es bereits Überlegungen, unter bestimmten Bedingungen ab September wieder mehr als 1000 Zuschauer zuzulassen.
Manche Vereine haben bereits konkrete Rückkehr-Konzepte für ihre Fans. RB Leipzig hat seine Überlegungen schon mit dem örtlichen Gesundheitsamt diskutiert. Der FC Augsburg will erst einmal abwarten, bis belastbare Informationen vorliegen.
Aber wie könnte das Stadionerlebnis im Herbst und Winter 2020 aussehen? Fest steht: Mit dem gewohnten Stadionbesuch würde ein vorsichtiger Neustart mit Zuschauern für viele Fans noch wenig zu tun haben. Sie müssen sich auf Einschränkungen und besondere Maßnahmen einstellen, die sich im Detail von Verein zu Verein unterscheiden können.
Anders als beim Hygienekonzept für die Spiele ohne Zuschauer will die Deutsche Fußball Liga den Vereinen keine exakten einheitlichen Vorgaben machen. Die DFL liefert eher eine Basis, auf deren Grundlage die Klubs in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden individuell passende Konzepte erstellen können. Das erscheint sinnvoll, schließlich sind die Bedingungen von Spielort zu Spielort extrem unterschiedlich.
Das beginnt schon mit der Anreise. Während es rund um einige Stadien am Stadtrand ausreichend Parkplätze gibt und schon vor Corona viele Zuschauer mit dem Auto angereist sind, setzen andere Arenen bei ihrem Verkehrskonzept hauptsächlich auf den öffentlichen Nahverkehr. Der Weg zum Spiel könnte bei der anvisierten Fan-Rückkehr eines der größten Probleme werden.
Für die Anhänger beginnen die Schwierigkeiten aber schon vorher. Da eine Vollauslastung der Stadien zunächst utopisch ist, können zunächst wohl noch nicht einmal alle Dauerkarteninhaber dabei sein. Die Vereine reagieren darauf ganz unterschiedlich. In Augsburg bucht der Verein das Geld für die Dauerkarten erst dann ab, wenn es keine Beschränkungen mehr bei den Zuschauern gibt. Sollten schon in diesem Jahr wieder Fans ins Stadion dürfen, in welcher Art auch immer, haben die treuen FCA-Anhänger ein Vorkaufsrecht auf Einzeltickets.
Bundesweit wird es wohl ohne personalisierte Tickets nicht gehen. In den Fanszenen ist das ein sensibles Thema. Zudem sorgt spezielle Sicherheitstechnik, wie sie in Dortmund schon getestet wurde, für Unmut – auch wenn noch gar nicht klar ist, welche Rolle sie bei einer Rückkehr der Fans in die Stadien spielt. Wärmebildkameras könnten beim Einlass kontaktlos die Körpertemperatur messen, 3D-Sensoren den Abstand in einem Tribünenblock ermitteln. Kein Fußball sei es wert, „seine Freiheit an den Stadiontoren abzugeben und sich den einschränkenden Maßnahmen zu unterwerfen“, heißt es in einer kritischen Stellungnahme von Hannover-96-Fans, die eine
Teilöffnung der Stadien unter den befürchteten Bedingungen ablehnen. Und Sig Zelt vom Bündnis „ProFans“sagte: „Bei vielen Ultras herrschen eine große Skepsis und die Meinung: Wenn wieder Leute in die Stadien dürfen, dann alle.“
So sehen es auch die Augsburger Ultras. Der Großteil steht den ganzen Bemühungen mehr als kritisch gegenüber, es gibt aber auch andere Fans, die einfach nur wieder Fußball in der WWK-Arena sehen wollen.
Auf das Ausleben gewohnten Fanverhaltens müssen zumindest Hardcore-Anhänger erst mal verzichten. Auch wenn Gesangsverbote, wie sie in den Niederlanden geplant sind, in DFL-Kreisen als unrealistisch eingeschätzt werden, ändert sich zunächst doch einiges: Mund-Nasen-Schutz wird wohl Pflicht werden, Stehplätze zuzulassen wird schwierig und ob auch Gästefans in die Stadien dürfen, ist zumindest fraglich – in Leipzig sind sie nicht vorgesehen. Zudem könnte es sein, dass manche Bundesligisten schon wieder vor Zuschauern spielen dürfen, die Behörden in anderen Bundesländern das aber noch für zu gefährlich halten.