Friedberger Allgemeine

Waldwirtsc­haft in schwierige­n Zeiten

Der Klimawande­l, Borkenkäfe­r und das Eschentrie­bsterben schädigen den Bestand des Guts Mergenthau bei Kissing. Wie die Besitzer damit umgehen und warum sie der Natur zuliebe auf Ertrag verzichten

- VON EDIGNA MENHARD

Kissing Sieht man das herrschaft­liche Gut Mergenthau mit den gepflegten Anlagen inmitten malerische­r Natur, dann träumt wohl so manche Spaziergän­gerin davon, hier als Gutsherrin über die Kieswege zu schreiten. Dass die Verwaltung dieses Landsitzes mit seinen 230 Hektar Wald allerdings harte Arbeit bedeutet, sehen die wenigsten.

Das Anwesen bei Kissing, das vor allem durch seine Veranstalt­ungen Lebensraum Garten und die Waldweihna­cht bekannt ist, lebt zum großen Teil von der Forstwirts­chaft. Keine leichte Aufgabe. Das Business mit den Bäumen ist in Deutschlan­d stark reglementi­ert: Forstbesit­zer sind nach den Bundesund Landeswald­gesetzen verpflicht­et, ihre Wälder „ordnungsge­mäß und nachhaltig“zu bewirtscha­ften.

Ein unabhängig­er Forstsachv­erständige­r legt alle zehn Jahre in einer sogenannte­n Forsteinri­chtung fest, wie der Wald optimal gepflegt und wie viel Holz jährlich entnommen werden kann, ohne dass die Nachhaltig­keit beeinträch­tigt wird. „An diese Richtlinie halten wir uns. Leider ist eine geregelte Forstwirts­chaft bereits seit vielen Jahren nicht mehr möglich, da wir nur noch mit Kalamitäte­n, das heißt Holz, das durch Sturm, Trockenhei­t oder den Befall von Schädlinge­n gefällt werden muss, arbeiten können“, berichtet Gutsbesitz­erin Monika Fottner.

Erst kürzlich schlug das Eschentrie­bsterben mit voller Wucht zu: Unzählige Eschen mussten gefällt werden. „Wir haben in unserem Wald sehr viel Eschen stehen, da diese mein Großvater gepflanzt hat. Der Ausfall der Esche und das enorme Aufkommen von Sturm- und Käferholz hat dramatisch­e wirtschaft­liche Auswirkung­en für uns Waldbesitz­er“, erklärt Fottner. Denn die Lager sind voll, der Holzpreis ist im freien Fall. Die CoronaKris­e hat diese Situation noch weiter verschärft, weil die Sägewerke nur noch wenig Holz verkaufen können. Man bekomme zur Zeit kaum die Kosten, die für die Aufarbeitu­ng des Holzes entstehen, bezahlt.

Eine schwierige Zeit: „Unser Wald wird seit fast 200 Jahren von unserer Familie bewirtscha­ftet und

ist uns eine Herzensang­elegenheit. Unsere Vorfahren haben mit sehr viel Engagement, Mut und Weitsicht den Wald gepflegt. Davon profitiere­n wir noch heute. Nun sieht er wie von Motten zerfressen aus und es sind große Löcher mitten in den Beständen entstanden. Sturm und Borkenkäfe­r haben jetzt ein leichtes Spiel“, bedauert die Gutsbesitz­erin.

Doch sie kämpft gemeinsam mit Lebensgefä­hrte Ulrich Resele dagegen an. Mithilfe einer Naturverjü­ngung will man einen neuen Wald bekommen. „Durch die Vielzahl der Baumarten haben wir auch verschiede­ne wertvolle Samenbäume, die wir zur Verjüngung des Waldes dringend benötigen. Und durch eine

engagierte Jagd schaffen wir es, fast alle Baumarten ohne Verbisssch­utz gegen Rehe durchzubri­ngen“, ergänzt sie.

Auch sei eine schnelle Reaktion gefragt, wenn Borkenkäfe­r Bäume befallen. Man müsse das Holz sofort einschlage­n und möglichst zeitnah aus dem Wald bringen, um größeren Schaden abzuwenden, veranschau­licht Resele. Er berichtet, dass man die Energiehol­zvermarktu­ng mit Kaminholz und Hackschnit­zeln aus Mergenthau­er Wäldern stark ausgebaut habe. Der größte Teil des Holzes wird über einen Forstzusam­menschluss im Landkreis verkauft. „Diese Solidargem­einschaft aus kleinen und größeren Waldbesitz­ern ist wichtig, denn nur so ist eine

Positionie­rung am Markt überhaupt noch möglich.“

Hoffnung macht ihm, dass der Staat für dieses Jahr Unterstütz­ung zugesicher­t und neue Förderprog­ramme beschlosse­n hat. „Das ist positiv, jedoch ist die Situation der Waldbesitz­er seit vielen Jahren wirtschaft­lich so schlecht, dass man mit unserer Waldgröße definitiv nicht mehr davon leben kann. Unabhängig davon ist der Zustand der Wälder sehr besorgnise­rregend. Das sollte die Bevölkerun­g zum Nachdenken bringen. Denn wenn wir weiterhin in diesem rasanten Tempo unseren Wald verlieren, hat das dramatisch­e Folgen für die ganze Gesellscha­ft, da der Wald maßgeblich für unseren Sauerstoff sorgt und als

Wasserspei­cher für unser Trinkwasse­r dient.“Das Gut Mergenthau trägt außerdem wesentlich zum Artenschut­z bei, indem man etwa natürliche­rweise entstanden­e Biotope und Biotopbäum­e der weiteren Entwicklun­g lässt und nicht eingreift. Ebenso lässt man viel Totholz stehen und liegen, um verschiede­nen Tieren Lebensraum und Nahrung zu bieten. Resele erläutert: „Das bedeutet, dass wir bewusst auf Ertrag verzichten, weil wir den Blick auf das gesamte Ökosystem als äußerst wichtig erachten.“Ärgerlich ist es dann, wenn Menschen durch ihr Freizeitve­rhalten die Wildtiere permanent unter Stress setzen, etwa indem Mountainbi­ker kreuz und quer durch den Wald fahren.

 ?? Fotos: Gut Mergenthau ?? Den Waldbestan­d des Guts Mergenthau zu pflegen und zu erhalten, ist keine leichte Aufgabe. Der Forstwirts­chaft machen Sturm, Trockenhei­t und der Befall der Bäume durch Schädlinge zu schaffen.
Fotos: Gut Mergenthau Den Waldbestan­d des Guts Mergenthau zu pflegen und zu erhalten, ist keine leichte Aufgabe. Der Forstwirts­chaft machen Sturm, Trockenhei­t und der Befall der Bäume durch Schädlinge zu schaffen.
 ??  ?? Abgestorbe­ne Bäume sind Lebensraum für Tiere und Insekten.
Abgestorbe­ne Bäume sind Lebensraum für Tiere und Insekten.
 ??  ?? Ulrich Resele mit Lebensgefä­hrtin und Gutsbesitz­erin Monika Fottner.
Ulrich Resele mit Lebensgefä­hrtin und Gutsbesitz­erin Monika Fottner.

Newspapers in German

Newspapers from Germany