Ein beeriges Geschäftsmodell
Auf dem Obsthof Mahl kann man Früchte selber pflücken, einkaufen und im idyllischen Hofcafé entspannen. Nur wenige wissen, dass Beeren aus Haunsried auch weit weg Abnehmer haben / Serie (Teil 8)
Haunswies So idyllisch inmitten der Natur sitzt man selten in einem Café und kann in Ruhe eine von Mutter Rosi gebackene Erdbeertorte und eine Tasse Cappuccino genießen. Und das alles mit Blick auf die Felder rund um Adelzhausen. All das verspricht einen wunderschönen Tag auf dem Land. Und man hofft, dass die Zeit stehen bleibt. Es ist aber mehr als eine Auszeit auf dem Hof in der Einöde Haunsried, der von Laimering oder Adelzhausen aus schnell mit dem Auto oder Rad zu erreichen ist. Schon von Weitem sieht man die Obstfelder der Familie Mahl, zum Teil sind sie mit einem durchsichtigen Tunnel überdacht.
Die meisten Leute pflücken ihr Obst selbst und kaufen im Hofladen ein. Danach entspannen sie im Café unter dem großen Baum und freuen sich, wenn ihre Kinder sich austoben können. Es gibt nämlich ganzjährig einen Spielplatz und viele Fahrzeuge und Tretbulldogs stehen bereit. Gerade am Sonntag ist hier richtig was los. 60 bis 80 Sitzplätze zählt das Café mit dem passenden Namen MAHLzeit. Ein Teil ist überdacht, sodass man auch bei Regen nicht nach Hause muss, sondern im Trockenen auf den urigen Holzgarnituren verweilen kann.
Die Historie des Obsthofs ist lang. Seit 1411 befindet er sich in Familienbesitz. Früher wurden dort Schweine gehalten. Der Vater von Klaus Mahl, der seit 2012 den Hof leitet, machte daraus Wurst und Fleisch. „1981 haben wir dann die Erdbeeren gepflanzt, damals bin ich gerade auf die Welt gekommen“, sagt Klaus Mahl. Die Beeren wur
direkt vermarktet und die Leute begannen selbst zu pflücken. „Vor 22 Jahren haben wir den Hofladen ins Leben gerufen und mit der Vermarktung des Schweinefleischs begonnen“, erinnert sich der 39-Jährige. Erst als der gelernte Landwirtschaftsmeister den Betrieb vor acht Jahren übernommen hat, wurden nur noch Obst und Saft vermarktet. Seitdem gibt es auch keine Schweine mehr. Es war aber eine schwierige Zeit für die Familie Mahl. Immer wieder überlegten sie, mit dem Hofladen aufzuhören.
Erst 2017 kam der Durchbruch. Das MAHLcafé wurde eröffnet. Verwöhnt wird man dort von Mai bis Oktober täglich ab 9 Uhr mit hausgemachten Kuchen und Torten, die meisten von Seniorchefin Rosi Mahl. Nach Voranmeldung wird auch ein reichhaltiges gesundes
Frühstück angeboten. Auf den großen Obstplantagen rund um den Hof kann man Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren, Heidelbeeren, Brombeeren, Äpfel und Birnen pflücken. Die Erdbeeren haben von Mitte April bis Ende Oktober Saison, Himbeeren von Mai bis Oktober, die Äpfel dann von Mitte August bis Ende Oktober. Man kann übrigens auch bei Regen pflücken. Die meisten Plantagen haben ein Dach als Schutz über den Beeren.
Wer den Hofladen betritt, darf sich erst einmal an den Früchten und Torten in der Auslage sattsehen. Da läuft einem schon das Wasser im Mund zusammen. Die Früchte gibt es hier auch schon gepflückt. Daneben stehen andere Leckereien wie hausgemachte Fruchtaufstriche, Säfte aus der eigenen Mosterei, Liköre, Nudeln, Eierlikör und Freiden landeier, Kartoffeln, Honig, Öle und vieles mehr. Es gibt außerdem eine eigene Mosterei. Dort kann man aus Äpfel oder Birnen Saft machen. Viele Schulklassen freuen sich schon das ganze Jahr darauf. Zusätzlich wird ein weiteres, nicht alltägliches Erlebnis angeboten: Das Ernten von saftigen Tomaten und frischen Gurken.
Klaus Mahl hätte nicht gedacht, dass es so viele junge Familien zu ihm aufs Land zieht. Dank Corona liegt das Selberpflücken heuer im Trend. „Bei uns kann man fünf verschiedene Früchte innerhalb von 200 Metern pflücken. Man merkt auch, dass die Kunden wieder mehr bevorraten. Und sie machen ihre Marmelade und Eingemachtes selber. Viele arbeiten mehr im eigenen Garten und kommen seit Corona mehr zur Ruhe“, stellt Mahl fest.
Während des Gesprächs steht sein Telefon kaum still. Denn was viele nicht wissen: Der dreifache Familienvater managt einen Großbetrieb. Denn die Früchte des Obsthofs gehen an große Supermärkte. Da bedarf es einer komplexen Logistik und einer intelligenten Verpackung der Ware. Seine Frau Monika und viele weitere Mitarbeiter helfen ihm in der Verwaltung und der Produktion. Die Zahlen sprechen Bände. So werden jeden Tag 30000 Schälchen mit Beeren ausgeliefert, erzählt Mahl. Seit er den Betrieb übernommen und strategisch klug ausgebaut hat, läuft er auf Hochtouren. Das sollte man sich bei einem Ausflug einfach mal ansehen.
In unserer Serie stellen wir Hofläden aus Aichach-Friedberg vor, nächste Woche den Sieberhof in Sainbach bei Inchenhofen.