Ansturm im Einzelhandel
Vor den Schließungen am Mittwoch laufen die Friedberger Geschäfte heiß. Die Einzelhändler finden kreative Wege, um auch mit geschlossenen Läden Umsatz zu machen
Vor den Schließungen am Mittwoch laufen die Friedberger Geschäfte heiß. Es gibt Wege, um auch mit geschlossenen Läden Umsatz zu machen.
Friedberg Ab Mittwoch schließen in Friedberg viele Einzelhandelsgeschäfte. Der verschärfte Lockdown konzentriert so den vorweihnachtlichen Andrang auf den Ladenverkauf wie unter einem Brennglas. Lokale Händler berichten vom Ansturm auf ihre Läden und über Mittel und Wege, um auch mit geschlossenen Läden weiter Umsatz zu machen. Kunden erzählen, wie sie Gedrängel in den Geschäften und langes Anstehen an der Kasse vermeiden konnten.
Der Andrang auf das Fachmarktzentrum in Friedberg war am Montag gewaltig. Vor einigen Geschäften wie dem Modegeschäft Schuh Schmid standen Kunden teilweise Schlange, auf den Straßen der Parkplätze stauten sich die Autos. Die Kissinger Kindergärtnerinnen Corinna Büchler und Iris Utz entgingen dem Shopping-Wahn hingegen durch eine Online-Vorbestellung beim Spielzeugfachhandel Smyths Toys. „Unseren Einkauf mussten wir nur abholen. Um nicht ewig anstehen zu müssen, haben wir im Internet reserviert“, erzählen die beiden. Für ihre Kindergarten-Kinder haben die beiden Frauen eine Spielzeug-Werkbank gekauft.
Karin Weindl, die in der Friedberger Innenstadt das Handarbeitsgeschäft „PatchWork“betreibt, berichtet von ihrer vom anstrengenden Weihnachtsgeschäft ungebrochenen Freude am Verkauf. „Das liegt vor allem am Verständnis und der Freundlichkeit unserer Kunden“, so Weindl. Obwohl die Nachfrage in der Friedberger Innenstadt derzeit immens ist, schränkt Weindl die maximale Kundenzahl in ihrem Geschäft drastisch ein: In dem Fachhandel in der Bauernbräustraße wären eigentlich 14 Kunden zur selben Zeit zulässig, jedoch würden stets nur höchstens vier Kunden gleichzeitig in den Laden gelassen, so die Ladenbesitzerin. „Dabei geht es uns auch um den Mitarbeiterschutz“, so Weindl.
Zudem hat die Inhaberin die Geschäftszeiten verlängert und die Mittagspause gestrichen, um das florierende Geschäft mit Wolle und Nähmaschinen zu entzerren. Außerdem setzt Weindl verstärkt auf Vertriebskanäle im Internet, um auch nach der Schließung ihres Geschäfts weiter Umsatz zu machen.
Die Vorweihnachtszeit sorgt bei PatchWork auch für eine größere Geschlechterdiversität der Kundschaft. „Mehr Männer kommen auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken für ihre Frau in unseren Laden“, so Weindl. Die Frauen hingegen würden sich vor dem verschärften Lockdown noch mit Handarbeitsartikeln eindecken, um zu Hause etwas zu tun zu haben. „Besonders gut verkaufen sich heuer Nähmaschinen“, berichtet Weindl. Auch dies sei vermutlich auf den Umstand zurückzuführen, dass die Menschen wegen Corona viel Freizeit zu Hause verbringen müssten.
Alexandra Behr, Mitinhaberin des Friedberger Buchhandels „Lesenswert!“gibt an, am Montag von der Kundschaft „überrannt worden“zu sein. Sie sei aber froh, so Behr, dass die Menschen im Wittelsbacher Land ihre Bücher mit Vorliebe regional einkauften und in ihrem Laden das Geschäft nun so gut laufe.
In der Buchhandlung hat man bereits im ersten Lockdown im Frühjahr einen Lieferservice eingerichder weiterhin in Betrieb ist: Kunden können ihre Bestellungen per E-Mail, Internet oder Telefon aufgeben, und Mitarbeiter liefern die angeforderten Bücher auf dem Rad oder mit dem Auto bis vor die Haustür. „Damit haben wir natürlich im Verkauf den dreifachen Aufwand“, erklärt Behr, „aber wir hoffen, so einen guten Teil des sonstigen Umsatzes aus dem Weihnachtsgeschäft erwirtschaften zu können.“
Die coronabedingten Lockdowns hätten auch für eine verstärkte Nachfrage nach Büchern gesorgt, berichtet Behr. „Die Menschen haben mehr Zeit zum Lesen, das Buch bekommt in der Pandemie ein neues Gewicht“, so die Händlerin. Das Buch sei für viele auch ein kultureller Ersatz für die Masse an abgesagten Veranstaltungen. „Wir wussten schon vor Corona um die Langlebigkeit des Buchs“, so Behr, „aber die Krise hat uns in der Annahme bestärkt, dass das Buch nicht totzukriegen ist.“
Beim Schreibwarengeschäft Gerblinger in der Ludwigstraße war der Andrang am Montag so groß, „wie nicht einmal an den besten Tagen vor dem Schulstart“, so Alexandra Hafner, Marketingmitarbeiterin bei Gerblinger. Auch durch einen neuen Online-Shop www.genial-geniessen.com, der gerade rechtzeitig zur Weihnachtszeit fertig geworden sei, versuche man Kunden entgegenzukommen, die regional kaufen wollen. Das Angebot werde gut angenommen, berichtet Hafner. So gut, dass Mitarbeiter aus anderen Abteilungen beim Verpacken der Versandware eingespannt werden müssten.
Mathias Gruner, Goldschmied und Inhaber eines Juweliergeschäfts in der Innenstadt, ist hingegen skeptisch, ob der größere Andrang vor dem Lockdown den Rest des Jahres, in dem sein Geschäft geschlossen sein wird, kompensieren kann. „Das Hauptgeschäft an Weihnachten fällt dieses Jahr ins Wasser“, so Gruner. Der 22., 23. und 24. Dezember seien für das Juweliergeschäft sonst die besten Tage im Jahr. Auch sei heuer das Geschäft mit Trauringen eingetet, brochen, da Hochzeiten nicht wie sonst stattfinden konnten und wichtige Messen bis in das nächste Frühjahr hinein abgesagt worden seien. „Deshalb freuen wir uns natürlich sehr über den Andrang bis Mittwoch“, so Gruner.
Manuel Weindl steht als Innenstadtkoordinator der Friedberger Werbegemeinschaft Aktiv-Rings Friedberg in ständigem Austausch mit dem lokalen Einzelhandel. Laut ihm sind große Teile der Friedberger Geschäftsbesitzer mit dem Vorweihnachtsgeschäft sehr zufrieden. Gleichzeitig gebe es aber auch manche Branchen, die von der Coronapandemie und dem Lockdown übermäßig stark betroffen sind.
„Bei Sportgeschäften, der Gastronomie, Reisegeschäften und der Veranstaltungsbranche ist daher punktuelle Unterstützung notwendig“, meint Weindl. Außerdem herrsche trotz des aktuell brummenden Geschäfts eine große Verunsicherung in Anbetracht der Ungewissheit über die Dauer des verschärften Lockdowns.