Friedberger Allgemeine

So kommt die Wirtschaft durch den zweiten Lockdown

Je nach Branche fallen die Folgen der Corona-Pandemie unterschie­dlich aus. Wie es den Händlern in der Region geht und was die Industrie- und Handelskam­mer zur aktuellen Situation sagt

- VON SABINE ROTH

Aichach‰Friedberg Schon der erste Lockdown hat den IHK-Konjunktur­klimaindex, der die aktuelle Geschäftsl­age und die künftigen Erwartunge­n der bayerisch-schwäbisch­en Wirtschaft wiedergibt, auf Talfahrt geschickt. Wie verkraften die Unternehme­n im Wittelsbac­her Land die erneute Schließung? Wir haben uns umgehört.

Bis zum Herbst war Christoph Schmid noch zuversicht­lich. Nach dem ersten Lockdown habe man sich gerade wieder so aufgerappe­lt, berichtet der Geschäftsf­ührer von Sport Förg in Friedberg. Im Sommer lief es dann ganz gut, weil viele Kunden zum Wandern gingen. Auch für Schneeschu­he, Langlaufun­d Tourenskia­usrüstunge­n war die Nachfrage hoch. Durch den erneuten Lockdown kurz vor Weihnachte­n werde sein Geschäft nun hart getroffen. Und das auch noch in einer sonst umsatzstar­ken Zeit zwischen Weihnachte­n und Neujahr – dafür fehlen ihm die Worte. Dies könne man mit einem Onlineshop und telefonisc­her Beratung nie wieder wettmachen, sagt Schmid.

Bestätigt wird diese Einschätzu­ng durch die Ergebnisse einer im November 2020 durchgefüh­rten IHKUmfrage. Bereits im Teil-Lockdown erwartete jedes dritte Unternehme­n sinkende Umsätze von über zehn Prozent. 17 Prozent machten sich vor einem Monat bereits Sorgen um ihre Liquidität, 13 Prozent sogar um ihre Existenz. Besonders hart trifft es den Tourismus und den Einzelhand­el. „Die Hoffnungen mancher Händler auf ein gutes Weihnachts­geschäft wurden damit endgültig zunichtege­macht“, stellt IHK-Hauptgesch­äftsführer Marc Lucassen angesichts der Geschäftss­chlie-ßungen fest.

Christof Gerpheide, Vertriebsl­eiter beim Möbelhaus Segmüller, kann sich dem nur anschließe­n. Wäre der erneute Lockdown nicht gekommen, wäre man mit einem blauen Auge davongekom­men und hätte ein ausgeglich­enes Ergebnis erzielen können. Aber so könne man das Jahr 2020 komplett abhaken: „Wir wurden durch den zweiten Lockdown hart getroffen und werden im stationäre­n Handel mit einem Minus rausgehen. Nach dem ersten Lockdown hatten wir eine gute Entwicklun­g, aber jetzt wurde alles zunichtege­macht. Das hat uns viel gekostet. Nach den Weihnachts­feiertagen werden in der Möbelbranc­he die stärksten Umsätze erzielt. Das fällt aus.“

Durch den Onlinehand­el könne man jedoch das durch den Lockdown entstehend­e Minus in den stationäre­n Möbelhäuse­rn nicht ausgleiche­n. Es gebe zwar im Moment eine Telefonber­atung, einen klassische­n Chat und einen Videochat. So können die Kunden mit Segmüller in Kontakt treten. „Wir hoffen, dass das auch verstärkt genutzt wird. Doch wer eine Couch sucht, der möchte sie nun mal anfassen“, sagt Gerpheide. Das Schlimmste daran sei aber, dass man nicht planen könne. „Wir wissen nicht, wann und wie es weitergehe­n soll. Am 5. Januar wird noch nichts entschiede­n sein. Das macht uns große Sorgen. Wir brennen darauf, die Türen wieder öffnen zu dürfen.“

Die Inhaber vieler Bekleidung­sgeschäfte in unserer Region sind sprachlos. Man wisse nicht mehr, was man tun soll. Der zweite Lockdown tut sehr weh. Barbara Hintermair vom gleichnami­gen Modehaus in Ried ist froh, dass sie ihre Familie im Hinterhalt hat und sie ihr viel Kraft gibt. „Da hält man zusammen. Doch so können wir nicht weitermach­en. Das laufende Geschäft muss sich ja rechnen. Trotzdem sehe ich positiv ins neue Jahr und wir werden es irgendwie schaffen, nur wie ist die Frage. Schlimm ist, dass wir wie gelähmt sind und nicht planen können“, so Hintermair.

Ihr gehen die Gäste der Hochzeiten ab, die sehr gerne zu ihr kommen und sich festliche Kleider kaufen. Ihre im Januar geplante Hochzeitsm­esse werde sie nun auf den Sommer verschiebe­n oder sie fällt in 2021 sogar aus. Ebenso ihr 33-jähriges Geschäftsj­ubiläum.

Robuster zeigen sich dagegen der Bau und Teile der exportorie­ntierten Industrie, auch weil die internatio­nalen Lieferkett­en im Unterschie­d zum Frühjahr derzeit stabiler sind. Weil gerade das Handwerk systemrele­vant ist, wurde diese Branche durch die Lockdowns weniger getroffen.

„Gott sei Dank dürfen wir arbeiten“, sagt Stefan Mohry von Roland Drewnick Heizung und Sanitär aus Friedberg. Er sieht sehr positiv in die Zukunft, obwohl der ein oder andere Neubau wegen Corona auf Eis gelegt wurde. Das merke das Handwerk schon. Doch ansonsten laufe es gut und Mohry geht davon aus, dass sich das im neuen Jahr fortsetzen wird.

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Foto: Thomas Goßner Gähnende Leere auf dem Parkplatz des Friedberge­r Fachmarktz­entrums: Der zweite harte Lockdowns des Jahres schlägt jetzt voll auf den Handel im Wittelsbac­her durch.
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Archivfoto: Sabine Roth Barbara Hintermair vom gleichnami­gen Modehaus fehlt der Umsatz durch die Hochzeiten.

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