Commerzbank: Neuer Chef wird stark sparen
Manfred Knof übernimmt ein Haus, das lange am dichten Filialnetz festhielt
Frankfurt am Main Manfred Knof tritt kein leichtes Erbe an. Bei der Commerzbank steht nach roten Zahlen im Corona-Jahr 2020 eine Verschärfung des Sparkurses auf der Agenda. Aktionäre und Investoren erwarten rasche Entscheidungen von dem Ex-Deutsche-Bank-Manager, der zum 1. Januar den Vorstandsvorsitz bei der Commerzbank übernommen hat. „Es wird wichtig sein, eine ausgewogene Mischung aus Schnelligkeit, Präzision und qualitätsgesicherter Umsetzung bei der neuen Strategie zu finden“, sagte Verdi-Gewerkschaftssekretär Stefan Wittmann. Er setze darauf, dass der neu zusammengesetzte Vorstand den Kurs mit den Arbeitnehmervertretern abstimmen werde und „die Belange der Belegschaft immer fest im Blick hat“.
Der Gewerkschaftsvertreter, der Mitglied im Commerzbank-Aufsichtsrat ist, betont: „Personalabbau ohne vorherige tatsächliche Reduzierung der Tätigkeiten und Anforderungen in quantitativer und qualitativer Hinsicht ist für uns nicht vorstellbar.“Aufsichtsratschef Hans-Jörg Vetter, der selbst erst seit Anfang August im Amt ist, hat bereits eine schonungslose Analyse vorgenommen: Bei dem seit der Finanzkrise 2009 teilverstaatlichten Institut gebe es „in Sachen Effizienz und Profitabilität noch Luft nach oben“, befand er.
Während in der gesamten Branche seit Jahren in großem Stil Filialen geschlossen werden, hielt die Commerzbank lange an ihrem dichten Netz fest. Inzwischen ist beschlossen, dass 200 Geschäftsstellen, die wegen der Corona-Pandemie zeitweise geschlossen waren, nicht wieder geöffnet werden. Damit macht die Commerzbank jede fünfte ihrer Filialen dicht – und das könnte erst der Anfang sein. Erwartet werden angesichts fortschreitender Digitalisierung weitere drastische Einschnitte im Filialnetz.
Beantworten muss das Management auch die Frage, welche Rolle die inzwischen komplett übernommene Online-Tochter Comdirect spielen soll. Im Sommer lagen Pläne auf dem Tisch, wonach von ursprünglich 1000 Commerzbank-Filialen gerade 200 übrig bleiben, in denen Kunden sich beraten lassen können. Die Zahl der zuletzt knapp 40 000 Vollzeitstellen der Commerzbank könnte um bis zu einem Viertel zusammengestrichen werden. Doch der Konzernumbau geriet ins Stocken, weil nach einem überraschenden Doppelrücktritt die Spitzen von Vorstand und Aufsichtsrat neu besetzt werden mussten. Konzernchef Martin Zielke schmiss nach harscher Kritik von Investoren hin und verließ die Bank zum Jahresende 2020, Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann ging bereits Anfang August.
Was die Lage nicht einfacher macht: Der Vorstand wurde auf weiteren Schlüsselpositionen neu besetzt. Das Privatkundengeschäft führt Personalchefin Sabine Schmittroth seit Oktober interimistisch, das Firmenkundengeschäft bekam zum 1. Januar mit Michael Kotzbauer einen neuen Vorstand.
Dass der im Herbst 2019 eingeschlagene Sparkurs verschärft wird, daran ließ das Management zuletzt keinen Zweifel. Von einer „Neuausrichtung der Bank“sprach Finanzchefin Bettina Orlopp Anfang November. „Für weitere Einsparungen haben wir die Voraussetzungen geschaffen.“Kurz nach Weihnachten einigte sich die Commerzbank mit dem Betriebsrat bereits auf den Abbau von 2300 Vollzeitstellen. Zugleich kündigte der Konzern neue Einschnitte an: Man plane „weitere Restrukturierungsmaßnahmen“mit der neuen Strategie.
Zeit zur Umsetzung der Pläne bekommt der Jurist Knof, der einst bei der Allianz die Digitalisierung vorantrieb, bei der Commerzbank reichlich: Der Manager erhielt einen Fünfjahresvertrag. Analysten gehen davon aus, dass die Commerzbank erst 2022 die Gewinnzone erreichen wird.