Auch Hündin Schimal litt unter der Pandemie
Für den Tierschutzverein war das Corona-Jahr schwierig, obwohl es weniger entlaufene Hunde und Katzen gab. Ein Vierbeiner im Tierheim musste besonders lange warten – und auch der abgesagte Plärrer spielte eine Rolle
Hündin Schimal hat ein trauriges Schicksal. Ihre Besitzer wohnten in der Stadt. Sie kamen mit Schimal und zwei weiteren Hütehunden der türkischen Rasse Kangal nicht zurecht. Nachbarn fürchteten sich vor den großen Tieren. Deshalb kamen die drei vor eineinhalb Jahren ins Augsburger Tierheim. Schimal musste dort ungewöhnlich lange warten, bis sie an einen neuen Platz vermittelt werden konnte. Das sei eine Folge der Corona-Pandemie, sagt der Vorsitzende des Tierschutzvereins, Heinz Paula. Und es ist nicht die einzige.
Zwar sei es in Zeiten der Pandemie nicht grundsätzlich schwieriger, für Tiere im Heim einen neuen Platz zu finden, berichtet Sabina Gassner, die Geschäftsführerin des Tierschutzvereins. In der Regel dauere es zwischen 20 und 25 Tagen, bis Hunde, Katzen oder Kaninchen vermittelt werden können. Doch gerade bei großen Hunden, die nicht so leicht unterzubringen sind, machen sich die Folgen der CoronaKrise bemerkbar. Sie müssen viel länger auf eine passende Familie warten. Denn die Kontakte mit potenziellen Interessenten sind im abgelaufenen Jahr stark zurückgegangen. Der Tierschutzverein musste zahlreiche Veranstaltungen absagen. Besucher durften nur nach Anmeldung ins Tierheim kommen. „Deshalb war es für uns auch ungleich schwieriger, Pflegeplätze für kranke Tiere zu finden“, sagt Gassner.
Insgesamt wurden in diesem Jahr fast 1900 Tiere im Heim an der Holzbachstraße aufgenommen. Über 1720 haben es wieder verlassen und kamen in neue Hände. Auffallend war Gassner zufolge, dass deutlich weniger Hunde und Katzen als Fundtiere abgegeben wurden. Möglicherweise seien weniger Tiere weggelaufen, weil ihre Besitzer wegen der Pandemie viel mehr zu Hause waren, sagt sie. Normalerweise gehen sonst auch viele Hunde auf dem Plärrer verloren. Das sei in diesem Jahr nicht der Fall gewesen, weil die Volksfeste nicht wie üblich stattfinden konnten.
Ganz besonders bedauert Heinz Paula, dass die Bildungs- und Naturschutzarbeit des Vereins durch die Pandemie ausgebremst wurde. „Gut Morhard hat am bittersten unter der Krise zu leiden“, sagt er. Auf dem vereinseigenen Gut in Königsbrunn laufen normalerweise viele Aktivitäten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene – angefangen bei Schulungen für den Hundeführerschein bis hin zum Tierbeobachten in der Fledermausstation. In diesem Jahr war das nicht der Fall. Insbesondere Kinder würden das Angebot vermissen.
„Es war kein einfaches Jahr, aber es gab auch tolle Erlebnisse“, zieht Paula Bilanz. Die Tierschützer hätten so viele Angebote von ehrenamtlichen Helfern bekommen, wie noch nie. Auch die Spendenfreude von Privatleuten und Organisationen sei sehr groß gewesen. Diese Erfahrungen will der Vereinsvorsitzende aus der Krise mitnehmen und die bestehenden Netzwerke noch stärker ausbauen.
Projekte, die Unterstützung brauchen können, gibt es im kommenden Jahr mehrere. Beim Tierschutzverein hofft man 2021 auf eine Baugenehmigung der Stadt fürs neue Katzenhaus in der Holzbachstraße. Für die Altlastenprobleme auf dem Gelände sei inzwischen eine Lösung gefunden, sagt Paula. Nötig sei aber auch noch die Zustimmung des Wasserwirtschaftsamtes im Zusammenhang mit dem Projekt „Wertach vital“.
Optimistisch gibt sich Paula auch bei einem anderen Vorhaben. Es geht um das Tierheim Lechleite im Friedberger Stadtteil Derching. Der Augsburger Tierschutzverein würde es gerne übernehmen. Das Tierheim an der AIC25 hat für viele Schlagzeilen gesorgt. Es war 2019 vom Veterinäramt Aichach-Friedberg geschlossen worden, nachdem die damalige Leiterin rechtskräftig wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz verurteilt worden war. Es folgten Querelen im Trägerverein, dem Verein gegen Tierversuche und Tierquälerei. Dieser wurde mittlerweile von seinem Notvorstand aufgelöst. Eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt ergab außerdem, dass der Verein mehrere Jahre lang gewerblich mit Hunden gehandelt hatte. Daraufhin wurde ihm die Gemeinnützigkeit aberkannt. Die Folge waren hohe Steuernachzahlungen, zum Beispiel für Spenden und Erbschaften. Das Amtsgericht Augsburg hat inzwischen ein Insolvenzverfahren eröffnet.
Paula sagt, „wir hoffen, dass wir das Areal 2021 übernehmen können und das Tierheim wieder in Betrieb gehen kann“. Der Tierschutzverein Augsburg und Umgebung hätte in diesem Fall noch einen weiteren Standort, der neue Optionen eröffnen würde.
Neue Hoffnung gibt es auch für Schimal, dielange im Tierheim leben musste. Eine Familie aus Winterbach im Landkreis Günzburg holte die fünfjährige Hündin zu sich. Gassner sagt, Schimal habe ein nettes Wesen, aber eben auch die typischen Eigenschaften eines Hütehundes. Kangals seien keine Sofa- oder Leinentiere, nicht geeignet für das Stadtleben oder zum Gassigehen. Nun hat sie ein neues Zuhause mit viel Platz auf dem Land gefunden.