Friedberger Allgemeine

Klimaaktiv­isten wollen ihren Protest ausweiten

Seit Juli wird mit einem Camp neben dem Rathaus für mehr Einsatz im Kampf gegen den Klimawande­l demonstrie­rt. Jetzt sind zusätzlich­e Aktionen geplant, darunter ein Stützpunkt auf dem Rathauspla­tz

- VON JAN KANDZORA

Mitten auf dem Rathauspla­tz haben die Aktivisten einen kleinen Stand aufgebaut, ein paar Holzpalett­en, ein paar Bierbänke, Flaggen und Spruchbänd­er, mehr nicht. Es ist am Samstag kaum jemand draußen unterwegs, wegen der Corona-Einschränk­ungen, aber wohl auch wegen des frostigen Wetters. Ab und an bleibt trotzdem jemand stehen und fragt, was es mit alldem auf sich habe. Es gehe um den nahen Lohwald, erklärt ein junger Mann einem Fußgänger, der ihn angesproch­en hat. „Sie Sie vom Klimacamp?“, fragt der Fußgänger. „Genau“, sagt der junge Mann. Die Aktivisten kennt man mittlerwei­le in der Stadt, sie sind ja auch schwer zu übersehen, wenn man am Rathauspla­tz ist. Seit einem halben Jahr haben sie am Fischmarkt neben dem Rathaus ihre Zelte aufgeschla­gen. Nun planen sie neue Aktionen.

Dafür haben sie direkt auf dem Rathauspla­tz und nur wenige Meter vom eigentlich­en Protestcam­p entfernt den kleinen Stand aufgebaut, den sie „Sprössling­scamp“nennen. Mit dem wollen sie speziell auf die Zerstörung der Wälder aufmerksam machen und auch gegen eine geplante Waldrodung in Meitingen im Landkreis Augsburg protestier­en. Dort wollen die Lechstahlw­erke wachsen, wofür ein Drittel des angrenzend­en Lohwaldes gerodet werden soll, in dem seltene Tierund Pflanzenar­ten hausen. Ein Thema, das lokale Bürgerinit­iativen seit Monaten umtreibt. Es geht beim zweiten Camp der Klimaaktiv­isten am Rathauspla­tz allerdings nicht nur um den Lohwald, sondern grundsätzl­ich um das Thema Waldschutz. Viel zu oft, so der Tenor bei einer Pressekonf­erenz am Rathauspla­tz, würden Wälder in Deutschlan­d für Straßen und Fabriken gerodet.

Das neue Camp solle zeitlich befristet sein, heißt es von den Aktivisten, und ein paar Tage, vielleicht eine Woche bestehen bleiben. Angemeldet ist es als Demonstrat­ion. Und das Hauptcamp am Fischmarkt? Das wird 2021 wohl noch eine ganze Weile bleiben. Seit Juli harren die mehrheitli­ch jungen Menschen neben dem Rathaus aus, um für den Klimaschut­z zu demonstrie­ren. Die Aktivisten des Camps, laut eigener Auskunft im Schnitt etwa 17 Jahre alt, halten der Stadt vor, in Sachen Klimaschut­z zu zögerlich vorzugehen. Maßstab müsse die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels sein.So sieht es das Parier Klimaabkom­men von 2015 vor: Darin ist das Ziel festgelegt, den globalen Temperatur­anstieg auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen.

Von diesem Maßstab sei Augsburg aber weit entfernt. Das Klimapaket der Stadtregie­rung, das der Stadtrat im Dezember beschlosse­n hat, reicht den Klimacampe­rn nicht. Es sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur klimagerec­hten Stadt, bleibe aber zu unkonkret, hieß es damals von den Initiatore­n gegenüber unserer Zeitung.

Wie mehrfach berichtet, hat es zwischen der Stadtregie­rung und dem Protest-Camp seit Juli mehrfach geknirscht. So wollte die Stadt das Camp im Sommer bereits nach zehn Tagen räumen lassen und begründete dies damals damit, dass es sich aus ihrer Sicht um keine vom Versammlun­gsrecht geschützte Kundgebung mehr handle. Der Räumungsbe­scheid wurde allerdings später vom Verwaltung­sgericht aufgehoben. Die Stadt hat daraufhin angekündig­t, in die nächste Instanz ziehen zu wollen, um beim Bayerische­n Verwaltung­sgerichtsh­of in München die Zulassung zur Berufung zu beantragen. Eine Entscheidu­ng steht noch aus.

Die Aktivisten machten am Samstag deutlich, dass der Protest körperlich wie psychisch anstrengen­d sei, nicht nur angesichts der winterlich­en Temperatur­en. Auch fühle man sich von der Politik ignoriert. Dass das Klimaca0mp ein halbes Jahr dauern müsse, habe niemand erwartet oder erhofft, sagte die 18-jährige Paula Stoffels. Es gebe aber auch viel Unterstütz­ung für das Anliegen, daraus schöpfe man Kraft. Das Protestcam­p am Rathauspla­tz, so sagen es die Aktivisten, werde solange bleiben, wie es nötig sei. Auch weitere „Sprössling­scamps“seien möglich.

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Foto: Bernd Hohlen Ein zeitlich befristete­s Klima‰Protestcam­p befindet sich nun am Augsburger Rathaus‰ platz. Initiatore­n sind die Aktivisten des nahen Klimacamps.

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