Ideenschmied Grzabka geht in (Un)Ruhestand
Mit 65 schließt der Friedberger seine Werbeagentur. Seine Kreativität will er aber weiter einsetzen. Seine neueste Idee: Er will sich für ein Feuerwerksverbot an Silvester stark machen
Friedberg Inhaber einer Werbeagentur, Künstler, Gestalter, Bücherfreund, Kunstförderer und Kämpfer für mehr Toleranz – Wolfram Grzabka aus Friedberg zu beschreiben, grenzt fast ans Unmögliche. Er will auch keinesfalls in eine Schublade gesteckt werden, denn „gerade die andauernde Suche nach dem eigenen Standpunkt ist für mich Ausdruck von Lebendigkeit“, erklärt der 65-Jährige.
Zentrum seiner Kreativität und seiner vielen bunten Welten ist ein gemütliches Altstadthaus am Friedberger Berg mit der Hausnummer 7. „Hier werde ich mich nach 30 Jahren aus dem Agenturgeschäft zurückziehen und mich als Ideenschmied ausschließlich meinen vielseitigen kulturellen, sozialen und politischen Projekten widmen“, sagt Grzabka, der viele Jahre mit seiner Agentur Grzabka Creative sehr erfolgreich war.
Sein neuestes Projekt: das Verbot von privaten Feuerwerken an Silvester, wie es dieses Mal aufgrund von Corona erstmals deutschlandweit galt. Inspiriert hat Grzabka unter anderem eine Petition der Deutschen Umwelthilfe auf der Internetplattform change.org. Demzufolge lasse sich das Verbot durch eine Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes durchsetzen. Seine Initiative „No Fireworks“hat mehrere Ziele, darunter geringere Emission von Schadstoffen (unter anderem Feinstaub), Müllvermeidung, Umweltschutz, Ressourcenschutz, Gesundheitsschutz und Tierschutz. „Private Feuerwerke gefährden unsere Zukunft“, meint er. Es liege an jedem, sein eigenes Verhalten zu ändern, aber zum Beispiel auch zu versuchen, auf Politiker einzuwirken.
Die Initiative ist ein weiterer Schritt auf einem kreativen Lebensweg. Der Startschuss für Grzabkas Selbstständigkeit fiel 1990 in Friedberg. Zuvor hatte er nach einer kaufmännischen Ausbildung und freien Mitarbeit bei der Augsburger Allgemeinen in einer Redaktion in Starnberg volontiert, in der er sich zum Redaktionsleiter hocharbeitete. Wegen eines Jobangebots kehrte er nach Augsburg zurück und wurde Referent für Öffentlichkeitsarbeit beim Stadtjugendring. Seit 15 Jahren ist er in Friedberg zu Hause, wo er mit seiner Frau Gabriela Palm das Leben in der „beschaulichen Kleinstadt“genießt.
Zum 25-jährigen Bestehen seiner Agentur schenkte er der Stadt einen Bücherschrank. Bücherkisten und ein offenes Bücherzimmer in dem Haus am Friedberger Berg folgten. Schon als kleiner Junge frönte Wolfram Grzabka dieser Leidenschaft unter der Bettdecke mit einer Taschenlampe. „Mein erstes Buch war ‘Moby Dick’“, erinnert sich der Bücherwurm. Viel später blühte dann die Leidenschaft für zeitgenössische Kunst auf. Grzabka: „Mir hat es aber nicht genügt, Ausstellungen zu besuchen und mich mit zeitgenössischer Kunst auseinanderzusetzen, ich musste als Künstler selber aktiv werden.“
Mehrere Jahre organisierte er die „Literatouren“in Friedberg: Ein Schauspieler trug an fünf Orten aus fünf dazu passenden Werken der Weltliteratur vor. Auch die Aktion „Meine Geschichte“, in der Flüchtlinge ihre Geschichten erzählten und dem Schicksal damit ein Gesicht gaben, lag ihm am Herzen: „Kennenlernen, um Grenzen abzubauen, tut not. Heute mehr denn je.“
Im September hat er die Galerie am Berg eröffnet. In kleinem Rahmen präsentiert er in seinem Haus Werke zeitgenössischer Kunst, aktuell von Markus Lüpertz. Vorerst letztes Geschenk an Friedberg, bevor er jetzt nach 30 Jahren die Pforten seiner Werbeagentur schloss, war „Freitags frei“, mit dem er 2021 jeden Freitag den freien Eintritt in das Museum im Wittelsbacher Schloss sponsert.
Als Nächstes plant Grzabka ein Projekt in Friedberg, mit dem er möglichst vielen Menschen die zeitgenössische Kunst und deren wichtigste Vertreter näherbringen möchte. Und in seiner kleinen Galerie am Friedberger Berg hat er schon die nächste Ausstellung geplant. „Die Kunstwelt feiert in diesem Jahr den 100. Geburtstag von Joseph Beuys, da feiere ich gerne ein wenig mit.“