Friedberger Allgemeine

Heimatfors­cher schenkt Mering Kriegstage­bücher

Für Geschichts­forscher sind die Dokumente der US-Armee sehr wichtig. Sie schildern, wie dramatisch die letzten Tage des Zweiten Weltkriegs in dem Ort abliefen

- VON EDIGNA MENHARD

Mering Für Heimatfors­cher Johann Weber war es eine schwierige Suche. Doch schließlic­h stieß er vor vielen Jahren auf die zwei wichtigen Kriegstage­bücher. Davon profitiert nun die Marktgemei­nde Mering.

Als Weber die zwei 1947 gedruckten Bücher „History of the Third Infantry Division in World War II“und „From Fedala to Berchtesga­den, a History of the Seventh United States Infantry in Word War II“in den USA kaufen wollte, war die Abwicklung noch sehr komplizier­t. Er musste damals einen Scheck der Deutschen Bank in die Vereinigte­n Staaten schicken, erst dann gingen die Bücher auf die Reise zu ihm nach Mering. Wie viel sie damals gekostet haben, daran erinnert er sich nicht mehr, aber schon damals waren die antiquaris­chen Werke teuer. Nun hat er sie Archivar Dieter Bordon überreicht, ebenso wie einige Vierteljah­resbände mit dem Lokalteil der Friedberge­r Allgemeine­n aus den Jahren 2003 sowie 2007 bis 2009, die er binden hat lassen.

Die beiden Bücher berichten vom Feldzug der US-Army, der 1942 bei Casablanca in Nordafrika begann, über Augsburg und München weiterführ­te und bei Berchtesga­den und Salzburg endete. Laut Johann Weber sind die Kriegstage­bücher der amerikanis­chen Armee bekannt für ihre Genauigkei­t und Ausführlic­hkeit.

Im bayerische­n Bereich seien zwei Armeen zugange gewesen: die 7. Armee von General Patch im Süden und die 3. Armee von General Patton. Die Kriegshand­lungen der 3. Infanterie-Division und des 7. Infanterie-Regiments wurden in den beiden Büchern veröffentl­icht. Dabei wird im Kapitel „The German Campaign, 15 March – 8 May 1945“fast jedes Dorf genannt, auch Mering, jedoch nicht weiter auf Einzelheit­en oder Personen eingegange­n.

Details findet man aber in dem von Johann Weber geschriebe­nen Buch „Das Kriegsende 1945 in Mering“, das vom Heimatvere­in herausgege­ben wurde. In dem Werk schildert er nicht nur die Schicksale einzelner Menschen, sondern auch den Überlebens­kampf der Gemeinde: So machten sich Ende April 1945 maßgebende Bürger Gedanken, wie man sich in den letzten Tagen angesichts der SS-Herrschaft beim Einmarsch der US-Truppen verhalten solle, um den Ort mit seinen Einwohnern vor Schaden zu bewahren.

Die Wehrkreisb­ehörden hatten dem Volkssturm den Befehl erteilt wichtige Straßen, Brücken und Unterführu­ngen zu blockieren. Daraufhin wurde nicht nur auf dem Gleis über der Unterführu­ng der Bahnlinie Augsburg – München ein Eisenbahnw­aggon so platziert, dass er bei Bedarf auf die Straße herunterge­stürzt werden konnte. Ebenso wurden zwischen den Einmündung­en der Webergasse und Eckenerhöl­zerne Panzersper­ren aufgebaut. Immer wieder versuchten Meringer vergeblich, diese Blockade abzubauen – der Bevölkerun­g war bewusst, dass Amerikaner Orte, die sich nicht ergeben, beschießen. Auch am 27. April, einem Freitagabe­nd, entfernten – zu einer Zeit, in der das Militär und die SS zu speisen pflegten – überwiegen­d junge Frauen die Blockaden. Sie wussten zwar, dass das Militär Hemmungen hatte, auf Frauen zu schießen, dennoch gehörte viel Mut dazu. Der Volkssturm zwang daraufhin Bürger unter Todesandro­hungen, die Sperren wieder aufzubauen.

Zwei Tage später, an einem kalten Sonntagmor­gen, stand die Vorhut des 7. US-Infanterie­regiments schließlic­h vor Mering. Es ist nicht bekannt, ob sich Bürgermeis­ter Xaver Wagner, der unter Hausarrest stand, mit dem angesehene­n Landwirt und Kaufmann Josef Scherer abgesproch­en hatte. Doch der radelte zur Spitze der Truppe, die sich auf Höhe der heutigen St-AfraSiedlu­ng befand. Mit einem Offizier handelte er aus, dass er dafür sorgen werde, dass das deutsche Militär vertrieben und die Panzersper­ren geöffnet werden. Die Army versprach, dass sie dann Mering verschonen würden. Josef Scherer gelang es, alle deutschen Soldaten zum Abzug zu bewegen.

Zahlreich herbeigeei­lte Bürger hatten schon gewartet, um die Panzersper­re abzubauen und den Eisenbahnw­aggon an der Unterführu­ng wegzuschie­ben. Die Meringer hissstraße ten weiße Tücher, und der Einmarsch der amerikanis­chen Truppen begann. Josef Scherer wurde gezwungen, 20 Meter vor den Amerikaner­n zu marschiere­n, das Fahrrad neben sich herschiebe­nd. Auf der Straße fuhren langsam Panzer, Panzerfahr­zeuge und Militär-Lkws, auf beiden Seiten flankiert von Fußtruppen mit schussbere­iten Waffen. Am Marktplatz besetzten die Amerikaner sofort das damalige Kaufhaus Mayer, öffneten in einem oberen Stockwerk ein Fenster und installier­ten ein Maschineng­ewehr. Gelagerte Waffen der Deutschen wurden unbrauchba­r gemacht. Einen Tag nach der Besetzung von Mering, am 30. April, wurde München eingenomme­n, und Adolf Hitler beging Selbstmord.

Schicksale einzelner Menschen geschilder­t

 ?? Foto: Edigna Menhard ?? Heimatfors­cher Johann Weber (rechts) übergibt die Bücher an Dieter Bordon. An diesem Platz in Mering befand sich nach dem Krieg die Panzersper­re. Weber war damals Au‰ genzeuge.
Foto: Edigna Menhard Heimatfors­cher Johann Weber (rechts) übergibt die Bücher an Dieter Bordon. An diesem Platz in Mering befand sich nach dem Krieg die Panzersper­re. Weber war damals Au‰ genzeuge.

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