Klinik-Chef: Kein Corona-Ausbruch
Landratsamt und Klinik weisen Vorwürfe zurück, es habe massive Probleme mit dem Virus am Friedberger Krankenhaus gegeben. Sie bestreiten auch, etwas verheimlicht zu haben
Aichach-Friedberg In der Diskussion um positiv auf Corona getestete Mitarbeiter und Patienten am Krankenhaus Friedberg hat Dr. Hubert Mayer, Geschäftsführer der Kliniken an der Paar, auf Anfrage unserer Redaktion seine Position konkretisiert. Am Mittwoch hatte er sich im Werkauschuss geäußert. Ein Kernpunkt seiner Argumentation lautet: Es habe keinen Ausbruch gegeben. Daher habe keine Veranlassung bestanden, die Öffentlichkeit zu informieren. Mayer betont: „Wir haben nichts zu verheimlichen.“Damit begegnet er Vorwürfen, die Kliniken hätten die Öffentlichkeit unzureichend informiert.
Doch ab wann spricht man von einem Ausbruch? Und wer stellt ihn fest? Mayer sagt: „Die Lufthoheit liegt beim Gesundheitsamt.“Stelle es einen Ausbruch fest, liefen dort alle Informationen zusammen. Das war bereits bei zahlreichen Seniorenheimen und weiteren Einrichtungen der Fall. Unter anderem über den Stand in betroffenen Einrichtungen berichtet das Landratsamt jeden Werktag per Pressemitteilung und auf seiner Internetseite.
Bislang kamen die Kliniken, bis auf 30. Dezember, darin nicht als betroffene Einrichtung vor. Am Donnerstag versandte das Landratsamt eine Pressemitteilung mit den Kliniken zur Corona-Situation in Friedberg. Dort habe es im Dezember „einen wahrnehmbaren Anstieg an Krankheitsfällen, auch an Coronafällen“gegeben. Weiter heißt es: „Dennoch gab es nach übereinstimmender Einschätzung von Staatlichem Gesundheitsamt und Klinikleitung dort kein aktuelles CoronaAusbruchsgeschehen.“Und: „Über positiv getestete Mitarbeiter werden wir auch künftig nur berichten, wenn ein aktuelles Ausbruchsgeschehen vorliegt und in diesem Zusammenhang Reihentestungen durchgeführt werden.“Positiv getestete Patienten in Friedberg würden seit Mittwoch täglich mitgeteilt.
Dazu, wann der Begriff „Ausbruch“verwendet wird, gibt es Definitionen verschiedener Stellen. Die Pressestelle der Regierung von Schwaben schreibt: „Von einem Ausbruchsgeschehen in einem Krankenhaus spricht man, wenn die Übertragung einer Infektion innerhalb eines Krankenhauses erfolgt und sich dort weiterentwickelt.“
Das Robert-Koch-Institut macht die Definition zudem von der Zahl der Infizierten – mindestens zwei – abhängig: „Von einem nosokomialen Ausbruchsgeschehen im Sinne des Infektionsschutzgesetzes spricht man, wenn bei zwei oder mehr Personen nosokomiale Infektionen (im zeitlichen Zusammenhang mit einer stationären oder einer ambulanten medizinischen Maßnahme), bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird, auftreten.“Eine „nosokomiale“Infektion liegt vor, wenn sich Patienten im Rahmen einer Behandlung zum Beispiel im Krankenhaus mit einem Erreger infizieren. Laut Gesundheitsamt geht es bei der Feststellung eines Ausbruchs „vor allem um die Frage, ob sich zwischen den Fällen epidemiologische Zusammenhänge ergeben“. Das werde in Friedberg ermittelt.
Mayer hingegen sieht einen Ausbruch gegeben, wenn in mindestens zwei Fällen zur gleichen Zeit eine nicht nachvollziehbare (!) Infektübertragung stattfand. Das sei in Friedberg nicht passiert. Es habe zwar Infektübertragungen gegeben. „Doch die konnten wir nachvollziehen und alle Maßnahmen ergreifen“– meist Isolationsmaßnahmen. Alle Patienten würden vor der Aufnahme getestet. Eine Gefahr sei vor allem, wenn negativ Getestete später positiv würden, bis dahin aber keine Symptome zeigten. Von den Mitarbeitern schaue er selbst an Wochenenden die Befunde durch, damit sie bei einem positiven Test schnell in Quarantäne geschickt würden.
Wenige Mitarbeiter unter Quarantäne – derzeit in Friedberg drei – stellten keine Gefahr für den Betrieb dar. Träfen an einem Tag schlagartig Dutzende positive Befunde ein, sei die Lage anders. Mayer bleibt dabei: Er sehe aktuell weiter keinen Grund, über positive Ergebnisse von Mitarbeitern zu informieren: „Ich informiere nicht, wenn das keine Konsequenzen für die Patienten, uns und die Patientensicherheit hat.“
Zumal die Meldewege von Gesundheitsämtern aus anderen Städten oder Landkreisen, wo viele Mitarbeiter wohnten, oft länger seien als in Aichach-Friedberg. Seine Sorge: „Die Zahlen implizieren Fehlinterpretationen.“Daher sei es „in meinen Augen unsinnig, täglich zu informieren, wie viele Mitarbeiter positiv getestet sind“. Er verstehe auch nicht, warum das bei Ausbrüchen in Heimen sein müsse. Gesundheitsamtsleiterin Dr. Kirsten Höper hatte das im Werkausschuss mit dem öffentlichen Interesse begründet. Mayer unterstrich, die Kliniken würden umgehend informieren, wenn es etwas Relevantes gebe.
Er verwies erneut auf deren strenges Hygienekonzept. Der oberste Klinik-Hygieniker sei der ehemalige Chefarzt der Kliniken München. Begehungen zu Hygienefragen seien an der Tagesordnung. Eine Begehung des Krankenhauses durch das Gesundheitsamt fand laut Landratsamt bisher nicht statt. Mayer sagt: „Das machen wir mit unseren Teams.“Es wäre „grotesk“, wenn das Gesundheitsamt vor Ort sein müsste. Mit diesem finde „eine ganz offene, kritische Kommunikation“statt.
Landratsamt und Kliniken teilten mit, seit Montag sei die Taskforce des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) eingebunden, um das Hygienekonzept und seine Umsetzung durch Experten von außen überprüfen zu lassen. Das habe das Gesundheitsamt auf Wunsch der Kliniken veranlasst. Wie auf der LGL-Internetseite zu lesen ist, unterstützt die Task-Force neben weiteren Aufgaben bei Bedarf die Gesundheitsämter. „Dies betrifft vor allem schwerwiegende oder landkreisübergreifende Infektionsausbrüche“. Landratsamt und Kliniken versichern: „Das Staatliche Gesundheitsamt hat die Entwicklung im Krankenhaus Friedberg weiter genau im Blick.“