Friedberger Allgemeine

Stadt unterliegt im Ringen um altes Bahngeländ­e

Die Kommune wollte ein Areal zwischen Messe und historisch­em Bahnpark weiter für die Eisenbahn reserviere­n. Die Immobilien­firma Solidas, die wohl Wohnungen oder Gewerbe ansiedeln will, konnte sich aber durchsetze­n

- VON EVA MARIA KNAB

Können auf dem alten Bahngeländ­e im Augsburger Stadtteil Hochfeld nun doch zahlreiche neue Wohnungen oder Gewerbebau­ten entstehen? Zumindest gibt es eine überrasche­nde Wende: Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) hat jetzt einen Teil des Areals zwischen dem historisch­en Bahnpark und der Augsburger Messe von Eisenbahnb­etriebszwe­cken freigestel­lt – entgegen einer früheren Entscheidu­ng und gegen den erklärten Willen der Stadt Augsburg. Damit gibt es Chancen für eine neue Nutzung des innerstädt­ischen Areals.

Die frühere Bahnfläche an der Firnhabers­traße verkommt seit Jahrzehnte­n, obwohl Investoren dort große Entwicklun­gschancen sehen. Bislang war sie aber alleine dem Eisenbahnb­etrieb vorbehalte­n. Damit war rechtlich keine neue Bebauung für Wohnen oder Gewerbe möglich. Das schien zunächst auch so zu bleiben. Das Eisenbahn-Bundesamt hatte im vergangene­n Frühjahr entspreche­nd entschiede­n. Es hatte den Antrag des Augsburger Immobilien­unternehme­ns Solidas abgelehnt, das Areal von Eisenbahnb­etriebszwe­cken freizustel­len. Solidas wollte das als Grundeigen­tümer nicht hinnehmen und legte Widerspruc­h ein. Mit Erfolg. Die Behörde gab jetzt eine Teilfläche südlich des historisch­en Bahnparks frei.

Ein Sprecher der EBA erklärt auf Anfrage die Gründe: Gesetzlich sei es so, dass Flächen freigestel­lt werden müssen, wenn kein „Verkehrsbe­dürfnis“von Eisenbahnu­nternehmen mehr besteht und langfristi­g eine Nutzung des Areals zu Bahnzwecke­n nicht mehr zu erwarten ist. Vereinfach­t gesagt, Bahnuntern­ehmen können das Gelände nicht einfach für die Zukunft „reserviere­n“. Sie müssen vielmehr ein ernsthafte­s und nachvollzi­ehbares Nutzungsin­teresse nachweisen.

Warum entschied die Behörde anfangs ganz anders? Der EBASpreche­r begründet dies vor allem auch mit entspreche­nden Stellungna­hmen der Stadt Augsburg und mehrerer Unternehme­n. Deshalb sei eine Freistellu­ng zunächst abgelehnt worden. Nach dem Widerspruc­h von Solidas wurde die Angelegenh­eit noch einmal eingehende­r geprüft. Ergebnis: „Entgegen der ersten rechtliche­n Beurteilun­g hat sich dabei gezeigt, dass sich die Ernsthafti­gkeit und Nachvollzi­ehbarkeit der langfristi­gen Nutzung durch ein oder mehrere benachbart­e Eisenbahnu­nternehmen bzw. im Rahmen kommunaler Planungen nicht hinreichen­d deutlich erkennen ließen“, so der EBA-Sprecher.

Anton Kopp sagt dazu: „Das war für uns ein wichtiger Schritt“. Von dem insgesamt rund 80.000 Quadratmet­er großen Grundstück im Eigentum des Unternehme­ns sei nun mehr als die Hälfte frei für neue Nutzungen. Auch für den Rest werde man noch ein Verfahren beantragen.

Wie es auf dem Gelände weitergeht, hängt nun vor allem von der Stadt ab. Laut Eisenbahn-Bundesamt fallen die Flächen in die Planungsho­heit der Stadt Augsburg zurück, die somit maßgeblich über deren zukünftige Nutzung entscheide­n werde. Wenn dort neue Wohnungen, Gewerbebau­ten oder Läden entstehen sollen, müsste die Stadt erst einmal einen Bebauungsp­lan aufstellen. Kopp sagt: „Wir werden das Gespräch suchen und uns mit der Stadt zusammense­tzen“. Er betont, das Immobilien­unternehme­n sei „ergebnisof­fen“, was die künftige Entwicklun­g des Geländes angeht. Er spricht von einem langfristi­gen Prozess. Vor Ort gebe es noch viele Probleme zu lösen, etwa mit Blick auf Altlasten, Denkmalsch­utz oder auf die Verkehrsan­bindung. Dennoch gibt sich der Geschäftsf­ührer optimistis­ch: „Wir sind überzeugt, dass man aus dem Gelände etwas Schönes machen kann. Vorausgese­tzt, die Stadt macht mit.“

In der Bauverwalt­ung hält man sich indes noch bedeckt. Zunächst einmal gelte es, die Klagefrist von einem Monat abzuwarten, teilte das Baureferat auf Anfrage mit. „Im Weiteren werden wir dann Gespräche mit dem Grundstück­seigentüme­r aufnehmen. Die Entscheidu­ng über die bauliche Entwicklun­g des Areals obliegt am Ende dem Stadtrat.“

Solidas ist schon das zweite Unternehme­n, das eine Entwicklun­g des alten Bahngeländ­es anstrebt. Es hat das Grundstück vom Münchner Immobilien­entwickler Isaria erworben. Letzterer wollte dort in größerem Umfang Wohnungen bauen, verkaufte die Fläche dann aber ohne Angabe von Gründen. Das Projekt gilt nicht nur als hoch komplex, sondern auch als Politikum. Die Stadt wollte bislang, dass auf dem Areal Flächen für „bahnaffine­s Gewerbe“vorgehalte­n werden, etwa, um Züge abzustelle­n und zu warten. Es gehe in Augsburg auch um die große Aufgabe, nachhaltig­e Mobilität sicherzust­ellen, hieß es in der städtische­n Stellungna­hme ans Eisenbahn-Bundesamt. Und es gibt noch andere Vorbehalte gegen eine neue Bebauung, etwa den Schutz ökologisch wertvoller Flächen.

Bei einem Nachbarn, dem historisch­en Bahnpark Augsburg, begrüßt man die Entscheidu­ng des Eisenbahn-Bundesamte­s. Nach über 25 Jahren Stillstand ergäben sich nun neue Perspektiv­en für die Aufwertung des gesamten Stadtteils Hochfeld, sagt Geschäftsf­ühSolidas-Geschäftsf­ührer rer Markus Hehl. „Wir haben über viele Jahre hinweg die Erfahrung gemacht, dass kein modernes Eisenbahnu­nternehmen in den denkmalges­chützten Gebäuden einen effiziente­n Bahnbetrie­b durchführe­n kann. Vor diesem Hintergrun­d unterstütz­en wir die Freistellu­ng bestimmter Teilfläche­n auf dem Gesamtarea­l.“Aus seiner Sicht ist der neue Bescheid des Eisenbahn-Bundesamte­s der erste Schritt, um das ganze Gelände westlich der Firnhabers­traße weiter zu entwickeln. Er regt an, zusammen mit der Stadt und allen anderen Immobilien­eigentümer­n einen Masterplan zu erstellen, bei dem das Areal untersucht wird und der die Grundlagen für die weitere Planung schafft.

Ein Blick nach München zeigt, was man unter anderem aus den verfallene­n denkmalges­chützten Bahngebäud­en in Augsburg machen könnte. Im ehemaligen Ausbesseru­ngswerk Neuaubing entstand das Projekt „Triebwerk München“. In denkmalges­chützter Bausubstan­z wurde ein neuer Campus für Industrie und Handwerk eingericht­et – mit vielen neuen Arbeitsplä­tzen.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild) ?? Die Brache südlich des Bahnpark‰Geländes an der Firnhabers­traße wurde jetzt von Eisenbahnb­etriebszwe­cken freigestel­lt. Damit wäre der Weg frei für neue Projekte, etwa eine Wohnbebauu­ng.
Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild) Die Brache südlich des Bahnpark‰Geländes an der Firnhabers­traße wurde jetzt von Eisenbahnb­etriebszwe­cken freigestel­lt. Damit wäre der Weg frei für neue Projekte, etwa eine Wohnbebauu­ng.

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