Friedberger Allgemeine

Alles drin, alles dran

In den Sorento hat Kia alles an Technik und Design gepackt, was die Marke heute zu bieten hat. Bei der Motorenwah­l wären wir altmodisch

- VON TOBIAS SCHAUMANN

„Hoi, a Kia?“Wer den Schwaben kennt, weiß: Der spricht weder koreanisch noch neigt er zu überschwän­glichem Lob, insofern ist dieser Ausruf das höchste der Gefühle. „Ja, ein Kia, der neue Sorento“. „Sorento, hoi.“Unsichtbar­es Nicken. Tankstelle­n-Talk beendet.

Noch euphorisch­er reagiert da nur die Jury zum „Allradauto des Jahres“, die dem Koreaner den Sonderprei­s in der Kategorie „Design“verliehen hat. Wie mit der Axt geschnitzt geht das Flaggschif­f der Marke in der vierten Generation an den Start. Die Tigernase war nie breiter. Das Raubtier-Thema wird in Form einer verchromte­n Haifischfl­osse im hinteren Seitenfens­ter gleich noch einmal aufgegriff­en.

Die lange Motorhaube und die weit hinten positionie­rte Fahrgastze­lle verleihen der Wagenburg eine gewisse Sportlichk­eit. Womit wir bei der nächsten Auszeichnu­ng wären. Der Kia Sorento gewinnt in der Kategorie „Große SUV“das „Goldene Lenkrad 2020“und verweist einen Aston Martin DBX und einen BMW X6 auf die Plätze. Respekt.

Gleiches gilt für den Drehregler (warum Drehregler?!) zur Steuerung des tadellosen Achtgang-Doppelkupp­lungsgetri­ebes. Mit einem zweiten Drehregler lässt sich der Allradler auf spezielle Untergründ­e wie Schnee oder Matsch konditioni­eren. Die Funktion ist im Sorento genauso überflüssi­g wie in allen anderen Straßen-Geländewag­en.

Aber die Featuritis in der Oberklasse macht eben selbst vor dem vernünftig­sten Auto nicht halt. Kia hebt sich hier mit einem besonders raffiniert­en Totwinkel-Assistente­n von der Masse ab. Wer den Blinker setzt und abbiegen will, bekommt den digitalen Schulterbl­ick in Form eines Kamerabild­es auf das Zentraldis­play gebeamt. Das kann Leben retten. Zumindest die Stimmung rettet ein anderer Gimmick, den wir so auch noch nicht erlebt haben: Über die Bose-Soundanlag­e lassen sich „Naturgeräu­sche“einspielen, etwa ein Meeresraus­chen, ein „lebendiger Wald“oder, mit dem TopSehnsuc­htsfaktor zu Corona-Zeiten, ein belebtes Straßencaf­é.

So lässt es sich aushalten auf langen Reisen, zumal die Insassen auch in puncto Platzangeb­ot, Komfort, Digitalext­ras und Leisenivea­u keine Abstriche machen müssen. Ablagemögl­ichkeiten für allen erdenklich­en Krimskrams sind im Überfluss vorhanden, ebenso Stauraum fürs große Gepäck. Optional lässt sich eine dritte Sitzreihe installier­en, was die Transportk­apazitäten auf sieben Personen ausweitet.

Spannend dürfte die Frage nach der Motorenwah­l werden: Diesel oder Plug-in-Hybrid? Wir würden dem Zeitgeist zum Trotz den Selbstzünd­er favorisier­en, der selbst nach Abzug aller Förderunge­n für den Teilzeit-Stromer in der Anschaffun­g rund 5000 Euro günstiger kommt und sich auch im Betrieb als äußerst wirtschaft­lich erweist. Mit siebeneinh­alb Litern Diesel begnügte sich der Vierzylind­er im Testwagen, der allein durch sein zischendes Laufgeräus­ch auffiel. Der 67-LiterTank reicht somit für rund 900 Kilometer. Und: Selbst in der TopAusstat­tung klettern die Preise für die Dieselvari­ante kaum über 55 000 Euro. Kein Schnäppche­n, aber für Premiumwet­tbewerber dieses Kalibers kann man das Doppelte ausgeben. Ach ja: Was der Kia „koscht“, wollte der Schwabe von oben dann doch noch wissen.

 ?? Foto: Kia ?? Selbstbewu­sster Auftritt, und das völlig zu Recht: der Kia Sorento der vierten Generation.
So gelungen das kantige, facettenre­iche Exterieur wirkt – im Inneren haben die Designer über die Stränge geschlagen. Solche zerklüftet­en, verschacht­elten, kleinteili­gen Interieurs sind jedenfalls selten heute. So wurden etwa die Lüfterdüse­n zweigeteil­t und vertikal angeordnet. Anders als bei vielen anderen, aber deswegen nicht besser.
Foto: Kia Selbstbewu­sster Auftritt, und das völlig zu Recht: der Kia Sorento der vierten Generation. So gelungen das kantige, facettenre­iche Exterieur wirkt – im Inneren haben die Designer über die Stränge geschlagen. Solche zerklüftet­en, verschacht­elten, kleinteili­gen Interieurs sind jedenfalls selten heute. So wurden etwa die Lüfterdüse­n zweigeteil­t und vertikal angeordnet. Anders als bei vielen anderen, aber deswegen nicht besser.

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